Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0075

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
74

1111 Voraussetzungen

etwa der „tapfere Knappe"^ Poton de Xaintrailles, gingen ihrerseits auf Dis-
tanz zu den Ränke- und Machtspielen der Fürsten: „Wir sind keine Ratgeber
am Hob wir sind für die Taten auf dem Schlachtfeld zuständig und wenn wir
unsererseits Schläge austeilen wollen, stecken wir diese aber auch selbst
ein."i3 Kampf und Gewaltausübung erscheinen als gesellschaftliches Allein-
stellungsmerkmal, ja geradezu als Essenz des Rittertums, es war nicht nur
ihre Aufgabe, sondern auch ihr alleiniges Recht!^ Die stolze und selbstbe-
wusste Devise Oliviers de Clisson pour ce po'/Z me plesPs illustriert dieses Ge-
fühl der Eigenständigkeit, Unabhängigkeit und Überlegenheit eindrücklich.^
Praktisch umgesetzt wurde dies auf ganz alltäglicher Ebene. Eine Duellauf-
forderung in einem Streitfall lehnte Hugues de Mortagne 1365 unter anderem
mit dem Hinweis ab, sein Gegner sei nicht adlig und könne ihn folglich gar
nicht zum Duell auffordernA Sein Recht mit Gewalt durchzusetzen, wurde
als Privileg ausschließlich des Adels angesehen.^

.. .und Distinktion im Inneren: Vererbbarkeit vs. Erwerbbarkeit
Als Mittel der gruppeninternen Distinktion standen sich Abstammung (ügna-
ge) und Tapferkeit (proMessc) gegenüber. Einerseits wurde die Bedeutung der
familiären Herkunft betont, die unter Adligen zu einem exklusivem Standes-
bewusstsein führte: So achtete man im Kampf z. B. stets darauf, sich nur von
gleichrangigen Gegnern gefangen nehmen zu lassen. Entsprechend fragte in
der Schilderung der OiromtjMe des premiers Vdlozs ein Ritter seinen Geg-

croi/ MMg /mmmc ^M/^ä/Z /Vxp/oi/ de /a gMcrrc ne doi/ eMfendre HM/rc par/; rar c'cs/ MMC c/?osc tpu sc
ucM/Z foMsjoMrs cxcrci/cr, c/ cc//Mi /'cxcrci/c ne dod auo/r HM/rc CM/cM&mcM/. PoMr^Moi/jc di/ ^M'Z/
dod auod gcMS poMr /a jMs/Zcc c/ dowwes poMr /a gMcrrc, c/ fMcJ dod cs/rc MMC mesme c/?osc. Jean de
Bueil, Jouvencel, Bd. 2, S. 14.
12 Chastellain, Oeuvres, Bd. 1, S. 108.
12 NoMS ne sommes pas dM coMscZ/ de coMr; MOMS sowwes de Z'cxp/oZ/ des edawps, ^M/, ^McraMS /c/Zc^b/s
doMMer /es dor/oMS, MOMS /es i/ rcccuoMS MOMS-wcswcs. Chastellain, Oeuvres, Bd. 1, S. ill.
i4 Monstrelet überliefert ein Gespräch unter Rittern, in dem diese die adlige Fehdeführung als
ureigenes Recht gegenüber königlichen Eindämmungsversuchen verteidigen; Monstrelet,
Chronique, Bd. 2, S. 285. Auch die Aufforderung des Königs, den Attentäter auszuliefern, der
1392 versucht hatte, Olivier de Clisson zu töten, wurde vom Herzog der Bretagne mit dem
Hinweis abgetan, dies sei eine Privatsache zwischen den beiden, in die er sich nicht einmische;
Chronique du Religieux, Bd. 2, S. 10. Vgl. Autrand, Charles VI, S. 281. Zur Verknüpfung der
Vorstellungen des adligen Lebensstils mit Gewaltausübung siehe Contamine, Noblesse, S. 177-
188 und 198-207; sowie (mit weiterer Literatur): Oschema, Si fut moult grande perte, S. 95-97.
Wenn von der Durchsetzungskraft des vormodernen Staates die Rede ist, sind die Fehden und
Privatkriege der Adligen automatisch der Gradmesser dafür, ob sich die Zentralgewalt mit ih-
rem Anspruch eines Gewaltmonopols gegenüber dem ,überkommenen ritterlichen Privileg'
behaupten konnte; vgl. dazu Rösener, Rittertum, S. 50-61; Wadle, Delegitimierung; Kaeuper,
War, S. 226-235.
42 Henneman, Clisson, S. 1, Fußnote 2 (auf S. 235); sowie Moal, Auray, S. 39. Dazu auch Conta-
mine, Noblesse, S. 233-235.
42 Aurell, Chevalier lettre, S. 315; Kaeuper, Chivalry and violence, S. 8.
47 PcrSOMH /M?M7is SCM COMUCM/CMS MMXimC g/Z^MOb bMC//Z gHg/MM! prCSCr/Zw COMÜH pcrSOMH MO/iZ/CM!, M/
cra/ dic/MS P/Mgo, /M/cM/HM^MM! scM "OM erg/ c/ idcirco ab Z//MÜ admi/Zi MOM dcZvZw/. Timbal,
Guerre, S. 272-277, hier 275 (Nr. 78).
42 Kortüm, Kriege, S. 120; Metz, Geschichte der Gewalt, S. 22. Zur Beziehung zwischen Adelskul-
tur und Gewaltausübung im frühneuzeitlichen Frankreich siehe Sandberg, Warrior pursuits.
 
Annotationen