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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0115

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114

1111 Voraussetzungen

licher Kriegszüge deuten in diese Richtung.^ Entgegen potentiell einheits-
stiftenden Bezugspunkten wie dem Königtum führten Sicherheit und Geld
allerdings in verschiedenen Gruppen zu unterschiedlichen Einstellungen zu
Gewalt.

Ambivalenzen
Angesichts der Vielfältigkeit der Gruppen und der Interessen ist es schon rein
theoretisch problematisch, die Zugänge der Bevölkerung zur Gewalt zu be-
schreiben. Die Quellen setzen aber zusätzliche Schranken, da sie in ihren Be-
schreibungen höchstens die städtische von der ländlichen Bevölkerung tren-
nen, diese ansonsten aber meist als homogene Gruppen behandeln. Nur in
einigen Ansätzen sind tatsächlich unterschiedliche Meinungen in Bezug auf
Gewalt zu erkennen.
Der alltäglichen Kriminalität begegnete man relativ einheitlich mit Ableh-
nung oder Angst. Diskutiert wird in den Quellen jedoch weniger die Gewalt-
tat an sich, sondern vielmehr der Aspekt der Rechtsprechung, etwa wenn An-
gehörige verschiedener Jurisdiktionen in gewalttätige Auseinandersetzungen
verstrickt wurdenA Tatsächliche Bestrafung wurde dagegen von Seiten der
Bevölkerung vor allem mit Blick auf sogenannte ,Verräter' eingefordert. Diese
topische Zuschreibung bezog sich zumeist auf hohe königliche Amtsträger
oder Höflinge, denen man vorwarf, den König falsch beraten zu haben. Die
Person des Königs selbst galt als sakrosankt, so dass die Missstände im Land
nicht ihm, sondern seinen Beratern angelastet wurden.^
Die Forderung nach exemplarischer Bestrafung dieser ,Verräter' taucht in
städtischen Revolten und Aufständen immer wieder auf.''" 1418 allerdings
erreichte die Wut der Pariser ein bis dahin unbekanntes Ausmaß: Nachdem
die Bourguignons im Mai 1418 Paris eingenommen hatten, wurden massen-
haft Armagnacs inhaftiert. In aufgeheizter Atmosphäre forderten die Pariser
nun immer wieder deren Bestrafung wegen „schlechter Regierung" (mdMPdts
Schließlich handelten sie selbst: Im Juni brachen sie mehrere

4? Gauvard, Grace especial, S. 21 lf.; Guenee, Meurtre, S. 87f.; Chiffoleau, Processions.
48 Im Dezember 1367 gerieten z. B. in Paris Nachtwächter und Studenten so heftig aneinander,
dass ein Student geötet wurde. Die Universität als eigenständige rechtliche Körperschaft for-
derte Wiedergutmachung; Chronique dite de Jean de Venette, S. 324f. Zu Studierendengemein-
schaften und Gewalt siehe Cassagnes-Brouquet, Violence.
4"' Zur Stellung des französischen Königs seit dem Hochmittelalter: Ehlers, Geschichte Frank-
reichs, S. 164-166; Small, Late medieval France, S. 7-25; Krynen, Ideal, S. 207-228 und 241-258.
Zum Topos der schlechten Berater': Mauntel, Legitimität, S. 107; Offenstadt, Faire la paix,
S. 137; Neveux, Revoltes, S. 119f.
80 Siehe dazu S. 234-237 dieser Arbeit.
84 CejoMr, eMfiroM dix deMres de MMi/f, s'esieua graut nomdre des gens dM meMM peMpie de Paris armez,
WMrwMroieMf, si comme OM disoif, de ee t?Me OM Cdasfeiief, et aiiieMrs a Paris, auoif piMiseMrs prisonniers,
ies^Meiz iiz disoiewf auoir esfejäuorisans au^eM co?de d'Armaignac et auoir esfe eoMipadies et eoMseMfaMS
dM mauuais goMuerMeweMf tpu auoif esfe en ee roi/auwe et de ia desoiaeiow d'iceÜMi, J...J ies^ueiz OM ne
pMMissoif point, et t?Me ies aMCMMS, par ^WMf OM aMfreweMf, auoiewf esfe deiiurez, ies aufres esiargis, et
ies aMfres dewoMroieMf prisoMMiers saus ew^a^A JMsfiee feiie ^M'ii apparfeMoif. Journal de Fauquem-
 
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