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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0127

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126

1111 Voraussetzungen

nicht mehr zusammen beraten, sondern jeweils die einzelnen Begierden über
das Wohl des Reiches gestellt.^ Die Bruchlinie verlief folglich zwischen All-
gemeinwohl und Partikularinteressen, wodurch das normale Zusammenle-
ben der Gesellschaft gestört wurde. Die Gewalt wurde nicht eigens themati-
siert, sondern als Ausdruck gesamtgesellschaftlicher Probleme gesehenA
Modern gesprochen könnte man folgern, dass die Intellektuellen sich um
Ursachenanalyse statt um Symptombekämpfung bemühten.
Abstrakter wurde dieselbe Problematik anhand der Gerechtigkeit (/Msfzce)
erörtert. Sie galt nicht nur als eine Tugend unter anderen, sondern als Grund-
bedingung jeder guten Herrschaft:^ Nicolas de Clamanges galt sie als Schlüs-
sel für den Fortbestand eines Königreiches,^ Guillaume de Tignonville als
zentrale Eigenschaft eines guten Herrschers^ und Jean Juvenal stellte ihr als
negativen Gegenbegriff die uzolcncc gegenüber.^ Der Begriff der jMshcc wurde
dabei weder theoretisch erörtert noch inhaltlich diskutiert; auch scheint er
nicht die Forderung nach effizienter Rechtsprechung gemeint zu haben, wie
sie im städtischen oder obrigkeitlichen Umfeld häufig thematisiert wurde.
Stattdessen ging es den Autoren um Gerechtigkeit als abstrakte, überweltliche
Größe, der durch die Obrigkeit irdische Geltung verschafft werden musstet'
Die Gegenüberstellung von uzolcncc und jMshcc, die Klage, dass der jMshcc

25 F/ dopM/s re /omps ooninioModroM/ /es OMuios o/ /rZ/Mi/HoZoMS OM/ro /es soigMOMrs de soM sang, poMr re i?M0
r/MsrMM d'oM/x ooM/oMdoZ/ d nuoir /e p/MS grau/ goMuorMomoM/ de soM roi/HMMio, uoi/HMS nssoz c/dromoM/
(pH/ es/o// nssoz ooM/oM/ deydre e/ nooordor re i/MO per ZooM/x /M/ es/o// roi/M/s; Zosi/Mo/z se /roMuo/oM/
uors /M/ /es MMgs uprds /es HM/ros, e/ d oiM/o/Zo OM Z'iiZisoMoo Z'MM do Z'HM/ro, /e /MdM/so/eM/ djd/ro ZoMr siM-
gM/Zdro uoM/oM/d e/ p/nZs/r, SHMS nuo/r dgurd, /OMS OMSoni/do per MMe woswo doZZZidnioZoM, HM ZdoM pM/d/^Me
de SOM roi/HMMio e/ dow/MHo/oM. Monstrelet, Chronique, Bd. 1, S. 9. Siehe auch seine Klage über die
Uneinigkeit der Fürsten, die geradezu einen Krieg provoziere, Bd. 2, S. 307; ähnlich auch die
Klage der personifizierten Fronre bei Chartier, Quadrilogue, S. 16f.
26 Hier sei erneut auf die Ansicht verwiesen, Frankreich könne den Krieg gegen England prob-
lemlos bewältigen, wenn innere Einheit herrsche, siehe S. 97, Anm. 40. Vanderjagt, Qui sa ver-
tu anoblist, S. 45-65, betont die Bedeutung des Gedankens des ZdrM pM/d/r für Burgund.
22 Laut Counet, Justice, war die /Ms/ico im Mittelalter die wichtigste der Kardinaltugenden und in
Bezug auf Herrschaft von vorrangiger Bedeutung. Siehe auch Schneidmüller, Gerechtigkeit
(ich danke Bernd Schneidmüller (Heidelberg) für die Möglichkeit, Einsicht in das Manuskript
zu nehmen); Giordanengo, Justice; Dilcher, Verhältnis.
28 S/OM/ HM/OMl por iMS/Z/MM! rOgMH OOMSOrMHM/Mr & /MM/o/o/H MMMOM/, Hd?M0 üd /lorodos ÜHMSOMM/ ZogZ/ZlMOS.'
Z/H per Z/Z/MS HEsoM/MW por/ro so/oM/ & d/sso/M/, Hd H/ZoMOSi/MO /rHMs/drrrZ. Nicolas de Clamanges,
Opera omnia, Bd. 1, S. 53 (Do ZapsM o/ ropuni/ZoMO /Ms/Z/Zno, Kap. 13).
29 F/ dZ/; ZdM roi/ i/MZJdZ//Ms/Zoo o/ droZ/ roMgMO, goMuorMO soM poMp/o; o/ co/Mi i/M/Jd// /M/Ms/Zoo o/ u/o/oMoo
tpder/ MM HMZ/ro roMgMO poMr /M/. Eder, Tignonvillana inedita, S. 923; F/ d/s/; ZdM roi/ rogMHM/ OM droZ/
0/ OM /MS/ZOO OS/ roi/ do SOM pOMp/o. F/ l/MHM/ MM roi/ rOgMO OM /M/l/MZ/O 0/ OM u/o/OMOO, OOMl/MOM 1/MO SOS SM/i-
g/z /o //OMMOM/ H roi/, /OM/o(JbZz UrHl/MlOM/ s'OMO/ZMO /OMr UOM/OM/O H MM HM/rO. Ebd., S. 958; ZdM /lOM gOM-
UOrMOMr doZ/ /OM/r SOM pOMp/o OOM1M10 SOS purOMS OM SOS HM11/S 0/ MOM Ml/o OOMIMIO SOM /rosor OM SOM ZiorZ-
/Hgo o/ so doZ/ do/Z/or OM oo ipi 'i/ H do soM poMp/o droZ/Mr/orowoM/ o/ MOM w/o OM oo i/M'ZZ H pur u/o/oMoo. F/
d/s/; NM/z Mo doZ/ HMo/r ZioM/o doA^A/Ms/Zoo. F/ dis/; So Zo roi/ M'os//Ms/o, ZZ M'os/ w/o Zoi/nZ, HM/s uio/oM/
rHM/ssoMr. Ebd., S. 971.
20 Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 1, S. 311 (Fot/Miir /M /rZ/Mi/HoZoMo), Textzitat auf S. 28.
Gauvard, Introduction, bes. S. 8-10; vgl. auch Schneidmüller, Gerechtigkeit; Gauvard, Violence
et ordre public, S. 92-94. Zur Genese der Idee, dass der König für die Schaffung von Gerech-
tigkeit verantwortlich sei, siehe Schmoeckel, Rex. Für die Konzeption von Eustache Deschamps
siehe Lassabatere, Theorie, S. 35f.
 
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