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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0129

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128

1111 Voraussetzungen

ten keinen Selbstzweck, sondern dienten übergeordneten politischen Zielen:
Staatsraison ging vor SchtachtenehreA
Selbst die Entscheidung über Krieg und Frieden sollte aus der Sicht vieler
Autoren eine pragmatisch-nüchterne sein A Sogar Jean Froissart lobte 1355,
dass König Johann II. (wenn er nicht gerade wütend sei) von großer Verstän-
digkeit sei und daher auf Drängen seiner Ratgeber mit Karl von Navarra
Frieden geschlossen habe - obwohl dieser den königlichen ConncfaMe getötet
hatte 4" Ein Krieg gegen Karl aber wäre kaum zu gewinnen gewesen, weswe-
gen der Frieden als einzige Alternative blieb. Man wusste also um den utilita-
ristischen und damit brüchigen Charakter des Friedensschlusses: „So wurde
der Zwist für dieses Mal beigeiegt"^ orakelte die des pt/Are premiers
Vdlots mit Blick auf die Zukunft dunkel. Mit hehren Idealen und eisernen
Prinzipien war hier kein Staat zu machen.
Entsprechend scheinen sich viele Autoren in ihrer Ausrichtung eher an ra-
tionalem Pragmatismus als an theologischer oder theoretischer Konsequenz
orientiert zu haben. Jean Juvenal widmete sich intensiv der Frage nach Krieg
und Frieden und diskutierte sie 1439/40 anlässlich der englisch-französischen
Friedensverhandlungen in der an den König gerichteten Rede Totjuar in fn&M-
fttAoneA Jean führte jeweils vier Argumente für und gegen den Krieg an. Für
den Krieg spreche, (1) dass der König mächtig sei und diese Macht durch die
Rückeroberung von (noch unter englischer Kontrolle stehenden) Territorien
zeigen müsse. Dieser Kampf sei eine gerechte Sache und man dürfe daher auf
die Hilfe Gottes hoffend (2) Die Engländer seien zudem bereits geschwächt
und (3) die französischen Erfolge der letzten Zeit seien ein Zeichen GottesA
(4) Der mögliche Friede schließlich wäre mit dem Verlust der Normandie an
England zu teuer erkauftA Für den Frieden dagegen spreche, dass (1) die
Übel des Krieges dann endlich ein Ende hätten^ und man (2) die Stärke der
Engländer nicht unterschätzen dürfe: Frankreich verfüge zwar über mehr
Männer, aber ob unter ihnen so viele gute Krieger wie bei den Engländern
seien, sei ungewiss.^ (3) Den eigenen Kriegern fehle zudem der Wille zum
Krieg, Geld, Disziplin und - erneut -^bree, Willenskraft. Auch seien die fran-
zösischen Adligen untereinander zerstritten.^ (4) Die Bedingungen des Frie-

38 Lassabatere, Theorie, S. 44f.
3'' Zu zeitgenössichen poetischen Thematisierungen von Krieg und Frieden siehe McGrady,
Guerre.
40 E; rois de Erawcc, cstott & graut coMccpttoM dors de sow ai'r, regarda t?Me ses eoMsa:ds /e coMsdloit
/oi/aMweMt; se se r^ena de sow waMtatcMt et tatssa Fonnes gens ensoMMder et coMue?dr de l:d et doM roi/
de Nauarre. Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 4, S. 137 (1,346).
41 Et ad;s; poMr cesteJbis/MtJäiete/d! de eeste dtseorde. Chronique des quatre premiers Valois, S. 29.
42 Der Herausgeber Lewis ordnet die Schrift der für 1440 geplanten Ständeversammlung in
Bourges zu: Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 1, S. 295, Fußnote 1. Zum folgenden siehe ebenfalls
die Auflistung der Argumente bei Naegle, Qui desiderat pacem, S. 308-310.
43 Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 1, S. 387f. (Lothar tu fn'HdaUonc).
44 Ebd., S. 390-393 (Eo^Mar tu frihdadoMc).
43 Ebd., S. 393-395 (Eo^Mar tu frihdadoMc).
4o Ebd., S. 397-401 (Eo^Mar tu frihdadoMc).
47 Ebd., S. 401AB3 (Eo^Mar tu frihdadoMc).
48 Ebd., S. 403AT2 (Eo^Mar tu frihdadoMc).
 
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