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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0132

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51 Intellektuell-reflektierend

131

Männer im Kriegsdienst"^ neu zu bearbeiten, um diesen die Gepflogenheiten
des Krieges in einfacher Sprache nahezubringen.
Ohne es direkt anzusprechen, legten die Autoren (vor allem der beiden
französischen Werke) den Finger in die Wunde: Während sich der Tracfdfus de
&edo dem Krieg theoretisch-juristisch nährte, zielten die Werke Bouvets und
Christines auf die Praxis der Kriegsführung, die beiden angesichts der bitte-
ren Realität als reformbedürftig galt. Die Werke lassen daher einen stark
normativen Zugang erkennen, der sich um die Systematisierung und Regulie-
rung der Kriegsführung bemühte. Dabei hatten die Autoren nicht den ritterli-
chen Verhaltenscodex im Blick, sondern eher Regeln, die für alle Kriegsteil-
nehmer verbindlich sein sollten und die die potentiellen Opfer in den Mittel-
punkt stellten.^
Die Themen reichten dabei (neben theoretischen und allgemeinrechtlichen
Erörterungen) von der Frage, wer kämpfen sollte beziehungsweise musste,
über Aspekte der Beute und ihrer Aufteilung bis zur Definition schützens-
werter Gruppen. Trotz dieses engen Praxisbezugs scheinen die Autoren sich
jedoch stellenweise in der Theorie zu verlieren: So diskutierte Johannes von
Legnano, ob ein für vogelfrei Erklärter sich legitim gegen einen Angriff auf
ihn wehren dürfet und Honore Bouvet ging der Frage nach, ob ein Esel die-
selben Privilegien genieße wie ein Ochse, der als Arbeitstier von Requirierun-
gen ausgenommen sein sollteA Was auf den ersten Blick wie realitätsfernes
Grübeln im intellektuellen Elfenbeinturm wirken mag, ist gerade der reali-
tätsorientierten Ausrichtung der Werke geschuldet. Sie widmeten sich
exemplarisch alltäglichen Problemen und Streitpunkten der Kriegsführung
auf theoretisch-reßektierender Ebene und fanden auf rationaler Grundlage
prinzipielle Regeln - die Frage der Umsetzung lag jedoch außerhalb ihrer
Reichweite.^?
Das Recht zur Kriegsführung selbst wurde weitgehend an die Prinzipien
eines ItcHum mstum gebunden. Prinzipiell durften nach Johannes von Legnano
der Papst und der Kaiser einen universellen Krieg erklären; da aber der Kai-
ser nicht mehr vorbehaltslos als übergeordnete Macht anerkannt werde, wür-
den auch Völker untereinander Kriege führen A Bouvet gestand auch Fürsten
prinzipiell das Recht auf Kriegsführung zu, sofern die oberste Gerichtsgewalt
in ihre Verantwortung falle. In seiner Zeit aber, so klagte Bouvet, würde jeder
Ritter dieses Recht für sich beanspruchen^^ - die Kriege des Königs aber

63 AdmoMMestee de urai/e a(feedoM et Fon desä dM Men des noMes dommes en Loyice des armes. Laennec,
Christine, Bd. 2, S. 21 (1,1), (siehe auch: Christine de Pisan, Book of Fayttes, S. 5; Christine de
Pisan, Book of deeds, S. 12).
64 Wright, Tree, S. 18-23.
63 Giovanni da Legnano, Tractatus de Bello, S. 139f. (Kap. 78).
66 Bonet, Arbre, S. 209f. (IV,101).
67 Vgl. Keen, Laws, S. 3.
63 Giovanni da Legnano, Tractatus de Bello, S. 91-94 (Kap. 12-14). Siehe dazu auch Bonet, Arbre,
S. 89-94 (IV,3-6).
69 Bonet, Arbre, S. 90f. (IV,4).
 
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