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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0144

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11 Formen kriegerischer Gewalt

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nierten Dingen."^ Jenseits der strategischen Notwendigkeit von militärischer
Ordnung war mit deren Umsetzung zugleich ein Grad an physischer Perfek-
tion erreicht, der als ,schön' angesehen wurdet Schönheit und Ordnung gin-
gen hier eine enge Bindung ein und die Aufstellung eines Heeres wurde zum
Ausweis seiner militärischen Qualität. Daher konnte die überlegene Aufstel-
lung eines gegnerischen Heeres wiederum als legitimer Grund für den sofor-
tigen Abzug der eigenen Truppen dienen.^ Es galt für einen Heerführer als
weise, die Überlegenheit der gegnerischen ,Ordnung' zu erkennen und eine
Schlacht aus unvorteilhafter Stellung heraus zu vermeiden.
Doch der Hinweis auf ,Ordnung' kann in historiographischen Texten über
die Feststellung militärischer Überlegenheit hinausgehen. Wenn sich etwa
Belagerte in Kriegsformation vor den Mauern einer Stadt zeigten, signalisier-
ten sie damit nicht nur ihre Kampfbereitschaft, sondern demonstrierten durch
die Fähigkeit der Organisation auch ihr militärisches Geschick.^ Es ist daher
als Ausdruck des Wohlwollens zu werten, dass der Autor der C/iromtjMe des
tjMaür premiers Vaiois sogar den Aufständischen der /aetjMene (und besonders
ihrem Anführer Guillaume Cale^) zubilligte, dem Adel in der Schlacht bei
Clermont (Dep. Oise) geordnet entgegen getreten zu sein - die CdrompMe nor-
mende sprach sogar in Bezug auf die /actjnes von einer &ede ordonnance.^ Der-
artige Ordnungszuschreibungen sind auf narrativer Ebene als Sympathiebe-
kundung zu lesen, umso mehr als bei Aufständischen üblicherweise eher die
Desorganisation und Führerlosigkeit hervorgehoben wurde.^
Die Schönheit der Ordnung hat zweifelsohne auch eine ständische und
hierarchische Komponente. So beschrieb Thomas Basin 1474 geradezu ge-
nüsslich den schlechten Zustand des vor Neuss versammelten Reichsheeres,
in dem er mehr trunksüchtige Bauern als Krieger zu erkennen meinte 3^
Monstrelet dagegen betonte 1417, das burgundische Heer sei „sehr angenehm
anzusehen, weil es eine große Zahl an Leuten gab, die sehr gut ausgerüstet

22 Hude p:dd?rMW m dddö! propodioMC coMsisük stmsMS ddcddMr m rdws dddfc porpodioMdis.
Thomas von Aquin, Summa theologiae, Ia, qu. 5, a. 4. Zur dreigliedrigen Herleitung der
p:dd?rÜMdo siehe ebd., Ia, qu. 39, a. 8. Dazu Pöltner, Schönheit, S. 175-190.
22 Vgl. Die Geschichte der Schönheit, S. 72-74 und 88f. Godefroy definiert „bei" als „qui eveille le
sentiment de l'admiration en manifestant quelque perfection physique ou morale." Diction-
naire (Godefroy), Bd. 8, S. 313.
24 Chronique des quatre premiers Valois, S. 93-95.
22 Das Auftreten in Kriegsordnung hat selbstverständlich viele Motive und Ziele, etwa die Ein-
schüchterung des Gegners, vgl. Chronique des quatre premiers Valois, S. 115; Chronique du
Religieux, Bd. 1, S. 112, 368,494f.; Bd. 3, S. 742; Bd. 4, S. 56,186, 562, 666; Bd. 5, S. 238, 244f., 294,
338; Bd. 6, S. 256.
26 Chronique des quatre premiers Valois, S. 71. Zu Guillaume Cale siehe auch Kap. V.3.2.
22 Chronique des quatre premiers Valois, S. 73f.; Chronique normande, S. 129.
28 Chronique de Richard Lescot, S. 126; The Anonimalle Chronicle, S. 42; Jean le Bel, Chronique,
Bd. 2, S. 256. Vgl. dazu Mauntel, Legitimität, S. 96f.
29 Scd CSfO CSSd MMWCrMS WHgMMS, CUd fHWCM WMiÜfMdo COdcdH CX Hgds (4 & odosis WC-
dMm'ds duddMW Gcrmamc, tpd g:dc d uc?dd dedih, CHMpo?MS d dMpgMHrd, podMS mdidc cas-
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ÜMd; crHMf. Basin, Louis XI, Bd. 2, S. 206.
 
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