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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0209

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208

IVI Problematisierungen

zum politischen Programm. Sogar der Versuch Christines de Pisan, dem Bür-
gerkrieg einen Sinn abzuringen, führte sie letztlich zum Topos der unüber-
windbaren Stärke Frankreichs zurück: Der Bürgerkrieg, so Christine mit Re-
kurs auf Cicero, wurde von Gott gesandt, um die Arroganz und den Hoch-
mut der Großen zu bestrafen - wer aber sei dazu in der Lage, außer den Fran-
zosen selbst?^? Der Bürgerkrieg als selbstzerstörerischer Akt war nur nötig,
weil Gott kein effektiveres Mittel hatte, um die Franzosen derart hart zu stra-
fen.
Dass Bürgerkriege generell als zerstörerisch angesehen wurden, zeigt sich
auch in französischen Berichten über die Wirren und Unruhen in England.
Die Probleme Richards II. mit den Fürsten und seine Absetzung im Jahr 1399
wurden noch als (illegitime) Verschwörung beschrieben, die innere Zerris-
senheit Englands aber wurde mit der Schlacht von Shrewsbury 1403 offenbar,
in der Heinrich IV. die Opposition der Percys besiegte.^ Die innerenglischen
Wirren wurden zwar als grausam und zerstörerisch dargesteht, gleichzeitig
aber dem kriegssüchtigen und verschlagenen Wesen der Engländer selbst
zugeschrieben: Sobald die Engländer aufhörten, einen äußeren Krieg zu füh-
ren, würden sie die Waffen gegen sich selbst wenden, so BasinA'o Die Kriegs-
lüsternheit, die hier als vermeintlich charakteristische Eigenschaft der Eng-
länder vorgesteht wird, war ein verbreitetes, flexibel einsetzbares Klischee
(vgl. dazu S. 172-176). Jean Juvenal bezog es 1440 in einer Rede an den König
auch auf Frankreich selbst: Der Krieg gegen England, so seine Argumentati-
on, würde die französischen Fürsten davon abhalten, gegeneinander Krieg zu
führen. Ein Friede mit England würde daher in Frankreich zu inneren Unru-
hen führen, die deutlich gefährlicher als ein äußerer Krieg seiend^ Auch Phi-
lippe de Commynes sah die französischen und englischen Wirren auf glei-
cher, allerdings übergeordneter Ebene: Immer wenn prosperierende Reiche
Dankbarkeit vermissen ließen, sende Gott ihnen von ganz unerwarteter Seite
einen Feind. Bürgerkriege erscheinen bei Commynes (wie auch bei Christine
de Pisan) generell als göttliche Strafe für mangelnde Demutd"

4°7 PI seez in ^ne dÜ Endes de ieiz eoniene/ons? /I nom Dien fsiej, d dii t?ne ie uendn fsiej des gnerres
eiuüies/n prenueremeni ordonnee per ia Prouidenee Diuine <y*in de dnnu'üer /es grans, ei t?ne eenix (?ni
per Irop iongne prosperiie se orgnüüseni, ponr ee t?M'd n'esi nni pins^ori t?ne enix (?ni /es pnisseni op-
presser tp;e enire enix wie/swies, dz se oppressen! ei fowipn'wien!. Christine de Pisan, Livre de la paix,
S. 119 (111,3).
408 Froissart, Chroniques (liv. III & IV), S. 793 (IV,71), 818f. (IV,76); Chronique du Religieux, Bd. 1,
S. 494-498; Bd. 2, S. 702-742, bes. 718. Zur Absetzung Richards und ihrer Vorgeschichte:
Rexroth, Um 1399; Rexroth, Tyrannen; Bennett, Richard II., S. 109-202; Saul, Richard II, S. 405-
434. Zur Schlacht von Shrewsbury: Nee Angüa proprds angnsiia uiseeridns sedieionidns earedai.
Chronique du Religieux, Bd. 3, S. 110-112.
409 Basin, Charles VII, Bd. 2, S. 60-64, siehe auch ebd., S. 164-176 und 248-258.
4M Lg gnerre t?ne uons auez oeenppe uoz prinoes ei uoz darons ledernen! t?ne a paine HMro/eni dz ioisir de
enix diuiser. Se auez paix anx Lngiois dz se dddseroni, ei uoz sndgeiz anssi, ear dz i/ soni assez enedns;
per ^noi/ uendroni ei sonrdroni gnerres eiudez ei pariienderes, ies^nedes seroni plus dangerenses ei pe-
rdienses ^ne ia gnerre t?ne auez eonire uoz ennewis. Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 1, S. 395 (Lo^nar
in iridniaeione).
444 Ainsi ee n'esi pas a Paris ne en Trance ^ne on s'eniredai ponr /es Mens ei donnenrs de ee monde, ei
doi/ueni dien oraindre /es pr/nees on eenix (?ni regnen! anx grans seignenries de iaisser engendrer nne
 
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