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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0259

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258

IVI Problematisierungen

befleckten sein Gewand aber mit Biut, das von ihren Waffen tropfte.^ Die
wenigen Tropfen auf der Robe des Abtes dürften ein subtiles Bild des Schre-
ckens gewesen sein. Blut galt als unrein und diese Unreinheit konnte sich auf
Personen übertragen, die damit in Berührung kamenDaher hatten Kleriker
seit dem Vierten Laterankonzil (1215) grundsätzlich jeden Kontakt mit Blut zu
meiden.^ Der Abt von Saint-Denis wurde demnach durch das tropfende Blut
der getöteten Gefangen buchstäblich befleckt und kontaminiert.
Zwar wurde der Abt von St. Denis jenseits der Befleckung geschont, Pin-
toin zufolge aber richteten die Pariser dann im pcüf CMtdet, dem städtischen
Gefängnis, buchstäblich ein Blutbad an: Nach dem Massaker an den dort
Inhaftierten seien die Pariser am ganzen Körper mit Blut bespritzt gwesen
und hätten bis zu den Knöcheln im Blut ihrer Opfer gestanden (vgl. dazu
S. 375-378). Noch drastischer aber verurteilt Pintoin das Massaker durch ei-
nen interkulturellen und -religiösen Vergleich, wie er auch in anderen Auf-
standsschilderungen zu finden ist: Das Massaker sei eine Grausamkeit gewe-
sen, „die sogar die Sarazenen erschreckt hätte", die Aufständischen selbst
aber völlig unbeeindruckt ließ 3^ Durch diese Gegenüberstellung wurde die
moralische Verwerflichkeit der Taten betont: Der Mangel an Mitleid, das
Vorgehen gegen Wehrlose, Frauen und Kinder sowie die Verweigerung jegli-
cher christlicher Bräuche grenzte die Aufständischen gesellschaftlich aus und
ließ sie selbst zum ,barbarischem Anderen' werden.^
Die Darstellung des Bourgeois de Paris, die der (königstreuen, anti-
burgundischen) Schilderung Pintoins exemplarisch gegenübergestellt werden
kann, beginnt mit ganz anderen Voraussetzungen: Der Hass geht hier von
den Armagnacs aus, die zudem weder die Sicherheit des Pariser Umlands
garantieren, noch die Teuerung in der Stadt verhindern konnten und somit
,schlecht regierten'. Mehr noch: Sie hätten geplant, alle ihre Gegner auf offe-

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dEmsscd dd/ws ropd/h's. Ebd., Bd. 6, S. 246.
2i2 Bildhauer, Blood, S. 66-70. Die Hostie dagegen kann als Essenz des Körpers Christi gesehen
werden. In bildlichen Umsetzungen wird oft dargestellt, wie Christus in einer ,mystischen Kel-
ter' Hostien erzeugt, die als seine Verkörperung später Blutwunder hervorbringen können.
Siehe dazu Wiesemann, Hostienfrevel, bes. S. 48f. Zum Motiv des ,Christus in der Kelter' sowie
weiterer Literatur siehe Royt, Mystikerkruzifixe, bes. S. llOf.
214 Can. 18 verbot Klerikern die Beteiligung an Todesurteilen, die Kriegsführung wie auch die
Chirurgie und zielte damit auf die Vermeidung jeglicher Berührung mit Blut: Konzilien des
Mittelalters, S. 244 (can. 18). Vgl. dazu Duggan, Armsbearing, S. 122 und 134
2i2 Q:d d oxcocMorMMf m:Jfo fompods spado, gddm d sine Eorroro, per fofMm
corpMS Hspors; sangM/no so d MÜra ad ond/ds ptdMm crMoro wado/ädos; (?Mod sawo d SHrraco-
M/cH endd/ds EorrM/ssd. Chronique du Rehgieux, Bd. 6, S. 246-248.
216 Vorgehen gegen Wehrlose: Nowdo ros/sfoMfo J...J. oospMsfn!h'm ÜMcdguorMMf, Moc WMÜordMS d
paruMÜs d/^MorMW poporcorMMf tpo'n ds sdi&'wi ponow /n/ExorüE. Chronique du Religieux, Bd. 6,
S. 248. Als eindrückliches Beispiel hierfür siehe auch die Schilderung Jean Juvenals, die Pariser
hätten eine Schwangere getötet, in deren Bauch sich schon das Kind sichtbar bewegt habe:
Juvenal des Ursins, Histoire, S. 542. Siehe auch [Chronique dite des Cordeliers], S. 263. Verwei-
gerung christlicher Bräuche: Chronique du Religieux, Bd. 6, S. 248-250. Siehe auch Juvenal des
Ursins, Histoire, S. 542 sowie in dieser Arbeit S. 254, Anm. 193.
 
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