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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0287

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286

IVI Problematisierungen

Zulassung seines vormaligen Privilegs drängte A Mit der Ordonnanz von 1306
ließ Philipp den Zweikampf im Fall von Mord, Verrat oder anderem schwe-
ren Unrecht (uioZcncc) als juristisches Mittel der Wahrheitsfindung wieder zu,
sofern es keine andere Möglichkeit der Aufklärung gabA Allerdings war die
Beschreibung der Umstände, in denen Duelle nun erlaubt waren, mit Begrif-
fen wie uioZcnccs äußerst ungenau, stand dieser Begriff doch für alle Arten von
Unrecht (vgl. dazu S. 26-29) A
Auch das Verfahren des Zweikampfes wurde weiter normiert.^ Gegen-
über früheren Regelungen wurde die religiöse Rahmung aufgewertet und die
Duelle grundsätzlich feierlicher gestaltet - wohl um gegenüber der kirchli-
chen Kritik jeden Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit auszuräumen. Die Ankunft
der Duellanten, ihre Begleiter und die zu schwörenden Eide wurden genau
festgeiegt.''' Die Beteiligten wurden von Herolden angekündigt und präsen-
tierten sich dann dem Publikum.^ Der Richter, normalerweise der König, war
immer anwesend und fungierte als parteiloser Schiedsrichter. Der Kampf
selbst konnte auf verschiedene Arten enden: Mit einer friedlichen Einigung
vor dem Duell, mit dem Schuldbekenntnis eines der Duellanten während des
Kampfes, mit dem Sieg oder sogar Tod eins der Beteiligten.^ Zudem konnte
der König als Richter das Duell jederzeit abbrechen A Die „Weisheit" solche
Kämpfe gerecht zu richten wurde wiederum zu einem Teil der herrscherbe-
zogenen TugendlehreA
Der idealisierte Ausgang eines Zweikampfes bestand darin, dass ein Betei-
ligter seine Unterlegenheit anerkannte, zum Beispiel weil er bewegungsunfä-
hig war. Auf Leben und Tod wurde nur selten gekämpft,^ denn zumeist war

4? Zu den Motiven Philipps siehe auch Chabas, Duel, S. 114-117.
48 Damit setzte sich Philipp offen über alle kirchlichen Verbote hinweg, vgl. Chabas, Duel, S. 123-
127. Zum Verfahren, siehe ebd., S. 128-188; zu Gründen für gerichtliche Zweikämpfe: Neu-
mann, Zweikampf, S. 107-162.
4"' Chabas, Duel, S. 16 und 250f. Zu den mit dem Begriff No/rncrs eher schwammig formulierten
Gründen für ein Duell, ebd., S. 220-234. Siehe auch Telliez, Preuves, S. 114—118, der von einem
Rückgang der Zweikämpfe nach der Ordonnanz ausgeht.
47 Chabas, Duel, S. 16. Zur Häufigkeit von Zweikämpfen: Vale, Aristocratic Violence.
80 Die Ordonnanz ist häufig im Zusammenhang mit Heroldskompendien überliefert, die den
Ablauf genauer regelten, vgl. Ordonnances, Bd. 1, S. 435-441. Siehe dazu Hiltmann, Herolds-
kompendien, S. 300-331; Chabas, Duel, S. 189-194. Zur emotionalen Dimension von Duellen
siehe Oschema, Toucher.
84 Zu den Eiden siehe Bonet, Arbre, S. 228f. (IV,114).
82 Zur Bedeutung der Herolde siehe Hiltmann, Heroldskompendien, sowie die 2012 fertiggestell-
te Dissertation von Bock, Herolde.
82 Chabas, Duel, S. 194—197. Zum Kampffeld und seiner Entwicklung siehe Neumann, Zwei-
kampf, S. 75-83.
84 Bonet, Arbre, S. 230f. (IV,116). Siehe dazu Chabas, Duel, S. 253-257. Johann II. etwa verbot 1352
einen Zweikampf zwischen Heinrich, Herzog von Lancaster, und Otto von Braunschweig-
Grubenhagen: foMiesuo/es /e dd roi/ de France ne soM^fh/ pas tpFdz se comdaF'ssenf; ma/s, dep:ds
tpCdz orenf sa/rewens ei (pdiz/Mreni woniez a edeuai ponr assemdier, /es gieuez es poings, ie Roi/
prisi ia desoigne snr F ei /cs wisi a acori. Chronique des regnes, Bd. 1, S. 37.
88 Bonet, Arbre, S. 243-246 (IV,130); Laennec, Christine, Bd. 2, S. 279-283, (IV,13), (siehe auch:
Christine de Pisan, Book of Fayttes, S. 277-281; Christine de Pisan, Book of deeds, S. 210-213).
88 Tote gab es tatsächlich eher selten: 1340 wurde Grignart de Mannny bei einem Zweikampf von
Guillaume Marchant tödlich verletzt, Froissart, Chroniques (liv. I & II), S. 246f. (1,92). 1361 starb
 
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