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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0337

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336

IVI Problematisierungen

nicht ungewöhnlich, so dass sich Olivier 1343 unter dem Schutz eines Waf-
fenstillstands an den französischen Hof begab, um an einem Turnier teilzu-
nehmen. Philipp VI. jedoch ließ ihn festnehmen und ihn als Hochverräter
verurteilend^ Während die königsnahen Grandes dfromtjuas betonen, dass
Olivier seinen Verrat gestanden habe/"? bezweifelte Jean le Bel ganz offen,
dass ein so edler, tapferer und reicher Ritter Verrat begangen haben könnte.""
Jean Froissart überliefert, wie sehr die bretonischen Familien über den Tod
des als ,Verräter' Hingerichteten erzürnt waren, und fügte an, aus diesen
Vorfällen seien noch viele weitere Übel gefolgt.^ So schwor die Witwe Olivi-
ers Rache und schlug sich endgültig auf die Seite Englands und Karls von
Blois.
Aus der Rückschau betrachtet wurde Philipp VI. kein gutes Zeugnis aus-
gestellt: Der des tjuabr premiers Valozs, galt er als „ungestümer
Mann.""'-' Jean le Bel ging in seiner Würdigung, oder vielmehr Abrechnung
mit Philipp noch weiter: In einer Gegenüberstellung mit dem „edlen König
Edward" III. von England ließ er kein gutes Haar am französischen König
und warf ihm unter anderem vor, einige Herren Frankreichs auf üble Art
getötet und ihre Angehörigen enterbt zu habend^ Was Jean le Bel hier als de-
zidiert unehrenhafte und ständisch unangemessene Verhaltensweise brand-
markte, schien Mitte des 14. Jahrhunderts zumindest Königen und ihren Bera-
tern eine durchaus denkbare Strategie, derer sich auch König Johann II.
bediente. 1350 ließ er den Grafen von Eu und Guines, Raoul II. von Brienne,
nach dessen Rückkehr aus englischer Gefangenschaft verhaften. Es gab zwar
Gerüchte um einen Seitenwechsel beziehungsweise um eine Affäre Raouls
mit der Königin, aber die Gründe seiner Verhaftung blieben weitgehend un-
klar/^ so dass seine Festnahme unter den Fürsten große Unruhe auslöste, wie
Froissart betont: Mit Verweis auf die edle Herkunft des Grafen bat man den
König, einen Grund für dessen Inhaftierung zu nennen.'"'' Der König aber

106 Das Urteil ist ediert bei Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 3, S. Ixf., Fußnote 3, Verweis bei Cutt-
ler. Law, S. 146f.
107 Les grandes chroniques de France, Bd. 9, S. 241f. Ähnlich, aber knapper in der Chronique
normande, S. 60.
los Je MC s^ai/ pas sc urm/ esfolf, walz je crolroi/c CMuls ^Mc MMg sl Molde cf uglllHMf cdcuallcr comme 11 esfolf
cf wcswcwcMf sl rlcdc CMSf uolM, MC pcM MC coMSCMflr fndn'soM. Jean le Bel, Chronique, Bd. 2,
S. 21. Zur Vorgeschichte, ebd., S. 24f.
109 Froissart, Chroniques (liv. I & II), S. 453 (1,202).
no Le roi/ Pln'llppc esfolf Men /Msfljdowis. Chronique des quatre premiers Valois, S. 15. Die Beschrei-
bung bezieht sich auf das Vorgehen Philipps VI. in der Schlacht von Crecy, mag aber auch als
Nachklang auf die Hinrichtung Oliviers gemünzt sein, die unmittelbar davor geschildert wur-
de. Zum Adjektiv dasflj siehe auch S. 85, Anm. 13 und S. 246, Anm. 140.
in Telz coMseiiiiers a crc:d 1c roi/ Plnüppe, MOM pas les sclgMCMrs cf IwoMS & soM pm/s, alMS CM a HMCMMS
per soMspecdoM & fradlsoM Jd^i olÜHiMCWCMf worlr cf fcMrs dolrs dcsdcrlfc. Jean le Bel, Chronique,
Bd. 2, S. 65f., hier 66.
n7 Zu möglichen Gründen siehe Cazelles, Societe [1958], S. 247-252. Jean le Bel, Chronique, Bd. 2,
S. 200, verweist auf Gerüchte um eine Affäre zwischen Raoul und der Köngin Jutta von Lu-
xemburg (+1349). Generell zu Raoul II. de Brienne: Deviosse, Jean le Bon, S. 169-177.
110 Li sigMCMr cf iwoM de PraMcc doM ÜMHge le coMMCsfadic cf HMlfre, Ä'mnf dMremeMf esmeruiiiief (?MHMf ü
sccMrcMf ccs MOMuelles, car ü feMoieMf 1c coMfe poMr ioi/ai cf preMdomme SHMS MMlle ias^Mcfc. Sl sc fmiscMf
deuers 1c roi/, CM prdiMf woMif iiMMidicMicMf ^Mc 11 IcMr uoisisf dlrc poiir i/Moi MC d i/Mci oiMsc 11 auoif cm-
 
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