Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0347

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
346

IVI Problematisierungen

recht, während ein Ritter sich einen legitimen Anspruch auf Beute zusprechen
konnte; der Tod eines Adligen wurde aus Sicht der schreibenden Elite der
Chronisten gemeinhin als bekümmernswerter dargestellt, als der eines Stadt-
bewohners.
Aus den rechtlichen und moralischen Vorstellungen heraus entfalten sich
Motive der Gewaltausübung, die über verschiedene Gewaltphänomene hin-
weg Gemeinsamkeiten zeigen. Die Durchsetzung und Bewahrung der Ge-
rechtigkeit war dabei eine Kernidee, mit der ein Großteil der Gewalttaten
begründet wurde. Dies mag auf den ersten Blick banal erschienen, dennoch
soll die grundlegende Wertorientierung mittelalterlicher Gewaltpraktiken
betont werden. Was uns heute irrational und grausam erscheinen mag, orien-
tierte sich zumeist an einer übergeordneten Gerechtigkeitsidee. Dies gilt für
blutige, langandauernde Hinrichtungen ebenso wie für Mordanschläge im
nächtlichen Paris, für Angriffe auf die Bevölkerung des Kriegsgegners ebenso
wie für kollektiv verübte Massaker an politischen Gegnern. Auch in auf Ab-
schreckung abzielenden Praktiken fand die Gerechtigkeitsidee ihre Umset-
zung: Hier sind erneut die öffentlich vollzogenen Hinrichtungen (sowohl auf
Befehl der Obrigkeit als auch in Aufständen) sowie auch gezielten radikalen
Zerstörungen von Städten im Krieg zu nennen. Diesen Handlungen entspre-
chend, die in ihrer erhofften Wirkung häufig auf Exemplarizität angelegt
waren, haben auch die Schilderungen der Chronisten vielfach exemplarischen
Charakter: Sie verdeutlichen den moralischen Gehalt des Zeitgeschehens
durch symbolisch und metaphorisch aufgeladene Darstellungen.
 
Annotationen