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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0352

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11 Töten und Sterben

351

„Schöne Waffentaten" und ihre anonymen Opfer
Thierry de Robersart, Herr von Ecaillon (Dep. Nord), gelang 1358/59 nach
Froissart „eine schöne Waffentat" Einige französische Krieger hätten gegen
navarresische „Plünderer" (ptHcttrs) gekämpft und ihn in Bedrängnis um Hilfe
angerufen. Thierry sei sofort aufgebrochen, mit seinen noch frischen Leuten
in den Kampf geritten und habe mit seinem Schwert so schwere Hiebe ausge-
teilt, dass sich ihnen niemand aussetzen wollte. Die „Plünderer" wurden be-
siegt. Mehr als 150 von ihnen seien tot auf dem Schlachtfeld geblieben und
die Fliehenden sogar noch verfolgt worden. „Ich glaube," so Froissart, „dass
von den 300 die sie waren, nicht mehr als 15 entkamen und nicht getötet oder
gefangen genommen wurden."^ Der Fokus der Schilderung liegt klar auf der
ritterlichen Solidarität, die durch Thierry verkörpert wurde: Schnell und
schlagkräftig griff er in den Kampf ein und rettete damit die französischen
Krieger, wodurch er seine Ritterlichkeit (coMTdoisie) bewiesen habe.^ Die hohe
Zahl an getöteten Gegnern wurde dabei zum Ausweis seines Ertolgs3° Zum
Sinnbild konnten die getöteten Gegner aber nur werden, weil sie zuvor ein-
deutig als „Plünderer" benannt worden waren. Damit wurden ihre Intentio-
nen als illegitim und sie selbst als den Rittern sowohl ständisch als auch mo-
ralisch unterlegen dargestellt. Während Adlige sich untereinander schonten,
galt es als opportun (wenn nicht sogar als heldenhaft) gegen Plünderer ohne
jede Gnade vorzugehen. Mehr noch: Ihr Tod gereichte adligen Kriegern zum
Ruhm.
Richtet man jenseits der Bewertung den Fokus auf die sprachliche Schilde-
rung rund um die „Waffentaten" Thierrys de Robersart, fällt vor allem die
Anonymität des Tötens auf A Die Hiebe Thierrys werden zwar als kräftig
beschrieben, ihre Ziele aber bleiben gänzlich kontur- und namenlos: „Er
schlug zwei oder drei nieder."^ So wird das, was Thierry als tapferen und

Zum folgenden: Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 5, S. 137-141 (1,430-431), hier 137: FA re temps
(...) HftMt d moMsetgMeMr te cdHMOMMe & Rodersart MMe Fette/oMrMee SMS res pttteMrs. Zu Thierry de
Robersart siehe Bonenfant, Philippe le Bon, S. 339-342. Er wechselte 1365 in englische Dienste
und starb im Dezember 1387. Zu den „schönen Waffentaten" siehe Prietzel, Tod, S. 70-78.
is Fi deseoM/t td res ptttars, et eM i/ e:d mors SMS te ptaee ptMS de reut et etM^MHMte; et cit tpd peMreMt esraper,
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trots eens (?M'it estoteMt, MOM piMS de tpdMze, t?Me toMt Me/disseMt wort et prts. Froissart, Chroniques
(SHF), Bd. 5, S. 141 (1,431).
i9 FT ne ieMr und OM^Mes seroMrs st d potMt t?Me ettz doM CdHMOMMe/tst. Ebd., Bd. 5, S. 140 (1,430). Ceste
eoMrtotste/tst messtres tt CdHMOMMes de RoFersart HM stgMeMr de PtMOM, doMt d d sreMt grHMt gret, et re
/H FteM rrisoMS. Ebd, S. 141 (1,431).
Dazu Prietzel, Tod, S. 62f.; Prietzel, Kriegführung, S. 118-129. Gegenüber der namentlichen
Nennung von toten und gefangenen Adligen in Schlachten, bei der es um den Rang der jewei-
ligen Person geht, bleibt die große Menge der getöteten „Plünderer" hier anonym. Ebenso bei
der Schilderung der Schlacht von Cassel (1328) durch Froissart, Chroniques (liv. I & II), S. 148f.
(1,42), der das Schlachtfeld als mit 15 000 toten Flamen über sät beschreibt, die auf drei Bergen
gehäuft Übereinanderlagen.
Siehe dazu Prietzel, Tod, S. 70-74; Oschema, Si fut moult grande perte, S. 108-113
ii En aFatt de promteres ueMMes, Me spd, deMX OM trots. (...) Et teMoit MMe espee d deMX mmAs doMt ii doM-
Moit tes dortoMS st grens et st dMrs tp;e MMtz Me tes osott HtteMdre. Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 5,
S. 141 (1,431). Siehe eine weitere, völllig anonymisierte und auch sprachlich passivisch gehal-
tene Schilderung ebd., Bd. 6, S. 167 (1,439): Ed eMt doMMe tHMMtMt pesHMt dortoM de ees iwees, et/e^M
 
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