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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0353

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352

VI Vertiefungen

buchstäblich schlagkräftigen Krieger auszeichnet, von den Folgen dieser Tap-
ferkeit klar getrennt. Das Ergebnis des Kampfes, fast 300 Tote, blieb in der
Schilderung Froissarts eine nüchterne, rein numerische Angabe.
Obwohl historiographische Texte mit Gewalttaten gespickt sind, werden
diese also in den meisten Fällen unspezifisch und allgemein beschrieben. In
der Schlacht von Crecy wurden die französischen Krieger „auf dem Feld getö-
tet, unter ihnen eine große Zahl guter Ritter und Knappen"^, ein zum Pferd
des Königs geflüchteter englischer Ritter wurde 1441 „von der Schneide des
Schwerts vernichtet"^, ein Bote 1409 „an einer Ulme erhängt."^ Aus der oft
formelhaften Beschreibung folgert Prietzel überzeugend, dass es den Chronis-
ten weniger auf die Hintergründe eines einzelnen Kampfes oder das Töten
und Sterben der Beteiligten ankam, sondern auf die Modalität des Kampfes.^
Kämpfe waren für die Chronisten vor allem der Hintergrund, vor dem eh-
renhaftes Verhalten und ritterliche Tapferkeit dar gestellt werden konnte: So
schilderte die des püübT premzers Vzdozs wie sich der Herzog von
Lancaster und Jean de Vinemeur 1370 gegenseitig versicherten, wie ehrenvoll
es sei, gegeneinander zu kämpfen - gerade wegen ihres Rangunterschieds
war dies ein Sinnbild für ehrenhaftes Verhalten unter Rittern.^
Die seltenen, detaillierten Beschreibungen des Tötens lassen sich als be-
wusst konstruierte Exempla deuten, die sowohl eine negative als auch eine
positive Wertugn transportieren konnten. Ausführliche Beschreibungen des
Tötens und Sterbens sind zumeist eindeutig negativ konnotiert, da die Hand-
lungen gegen kollektiv geteilte Werte oder Normen verstießen. Hinrichtun-
gen von Boten und Gefangenen sowie das Töten von Rittern galten als uneh-
renhaft, weil dies dem ritterlichen Verhaltenscodex widersprach. Verstöße
gegen diesen wurden insbesondere bei Jean Froissart als negative Exempel
hervorgehoben. Positiv konnotiert erscheint das Töten dagegen nur sehr sel-
ten. Derartige Darstellungen werden zumeist durch die zuvor deutlich ge-
machte Inferiorität der Opfer vorbereitet, deren Tod aus ritterlicher Perspek-
tive nicht weiter von Belang war: Dies kann z. B. eine ständische-soziale oder
eine religiöse Asymmetrie zwischen Tötenden und Getöteten sein. Aus den-
selben Gründen erschien den Rittern wiederum das Vorgehen städtischer
Truppen im Kampf als „grausam", da diese ihre Gegner ohne jedes Ansehen
des Standes töteten.^

ei e^hMdre iawaiMi FacidMei, ei waiMi domme Maure ei mori. (ad a. 1364), vgl. Prietzel, Tod, S. 73;
Oschema, Si fut moult grande perte, S. 108f.
23 Ti^dreMi ia occis sus ie place, ei graMi/MisoM de doMS edeuaders ei escMiers daies i/aus. Froissart, Chro-
niques (liv. I & II), S. 584 (1,282).
24 CiadiorMW acies deuoraiei. Basin, Charles VII, Bd. 1, S. 274.
23 Ad :dwMM! tpawdawi SMspeMSMS. Chronique du Religieux, Bd. 4, S. 250. Fui peMdu a MM ardre. Juve-
nal des Ursins, Histoire, S. 452.
26 Prietzel, Tod, S. 70-72.
22 Chronique des quatre premiers Valois, S. 209f.
28 Siehe z. B. bei Froissart, Chroniques (liv. I & II), S. 928 (11,90), vgl. dazu auch S. 109, Anm. 25.
 
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