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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0380

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21 Körper und Körperlichkeit

379

Pintom mag als Geistlicher gegenüber der Bedeutung von Blut für den
Klerus besonders sensibel gewesen sein, die Vorstellung der Befleckung
durch Blut fand jedoch auch über seinen Text hinaus Verbreitung. Als Etienne
Marcel am 22. Februar 1358 die zwei Marschälle vor den Augen des Dauphins
Karl (V.) töten ließ, wurde dessen Gewand ebenfalls mit Blut befleckt, wie der
Kanoniker Jean le Bel und auf diesem aufbauend auch Jean Froissart berich-
ten.^ Der Kontakt mit Blut war also für geistliche und weltliche Personen
gleichermaßen problematisch und dürfte insofern ein sprachlich zwar subti-
les, gedanklich aber umso drastischeres Bild der Gewalt gewesen sein, dass
konsequenterweise in der königsnahen O/roMdjMd des regnes keine Erwähnung
fand: Weder der Text noch die Miniatur einer illuminierten Handschrift der
Chronik erwähnen oder zeigen, dass der Dauphin 1358 in Kontakt mit Blut
kam. Die Projektion dieses Bildes auf den künftigen König erschien der offizi-
ellen Chronik vermutlich als zu negativ.^ Auch im offiziellen Erinnerungs-
wissen des RehgieMX Michel Pintoin wurde nur das Zimmer des Dauphins als
durch Blut verunreinigt dargesteht, nicht der zukünftige KörtigA

Körper- und Blutmetaphern
Die Nennung von Blut ist also hoch symbolisch zu verstehen, was sich auch
im Gebrauch von Metaphern spiegelt. Jean Juvenal münzte 1453 die ankla-
genden Worte des biblischen Propheten Jesaja auf den französischen Adel
und warnte, Gott werde dessen Bitten um Gnade nicht erhören, denn er habe
Blut an den Händen - Jean Juvenal fügte erklärend hinzu: „Das heißt, von
allen Taten, die mit Blut verbunden sind."^' Die Metapher der blutigen Hände
war hier noch eng an das Kriegshandwerk gebunden. Mit einem breiteren
Blick auf alle Verwendungen von ,BluT (sang) fällt in der Tat auf, das die
Nennung von ,BluT nur in diesem Kontext negativ konnotiert istA Entspre-
chend war bei vielen Autoren die Formel „ohne Blutvergießen"^ äußerst

88 Dem* de son eonsed/nren/ emprez de /Mi/, /an/ i/ne s% rode en/nl ensung/nn/ee, cf pur Hfen/nre i/
ens/ d cs/e öii', s; on ne densi m/s dors /ü presse. Jean le Bel, Chronique, Bd. 2, S. 252; darauf
aufbauend: Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 5, S. 96 (1,410). Die Chronique dite de Jean de Ve-
nette, S. 156, z. B. weist dagegen nur auf die blutigen Körper der Geöteten hin.
89 Chronique des regnes, Bd. 1, S. 149. Miniatur: Paris, BnF, ms fr. 2813, fol. 409', Abbildung ebd.,
Bd. 4, Abb. XVI; sowie Raynaud, Langage, S. 165
90 Vgl. die von Pintoin überlieferte Rede Pierre d'Orgemonts an die Pariser 1382: Frune/e ffMfcdn-
ÜMS, fÜMMW! neipdfMrMW! Hnfd/MürMW! HC refenfdlW! pgndens dl/SforMS Ml rege Jodünne reglMMfe
fernerem regi'em nodddmi ernore /flieferen/. Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 246 (ad a. 1382).
Eben dieser Pierre d'Orgemont war vermutlich der Autor der Cdrond/Hf des regnes, vgl. Au-
trand, Orgemont; Vielliard, Orgemont; Bulst, Jacquerie, S. 804; Delachenal, Introduction, S. XII.
91 Die dd per /e donede dn propdefe, Vons me eues^n! mo/es/ndons, ef i/Münf fons esfendres uoz mm'ns je
os/erei/ mes i/enx de fons, e/ i/Mnn/ fons mMÜ/pdres uoz oro/sons je ne fons exeMsserei/ po/n/, uos me/ns
son/ p/e/nnes de sene, f'esf-e-d/re de /on/es enures /endens e sene, uos pr/nees ne son/ po/n/ /oi/HMÜ.
Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 1, S. 251 (Andde eed), vgl. Jes l,14f.
92 Die wohl verbreitetste positive Verwendung ist die der pr/nees de sang, also derjenigen Fürsten
von königlichem Geblüt - hier steht das Blut als positiver, bzw. rangerhöhender Verweis auf
die Abstammung aus der königlichen Familie; siehe Lewis, Sang royal.
98 Sie nrddws sine dorneno sengn/ne SMd/MgeO's. Chronique du Religieux, Bd. 6, S. 162 (ad a. 1417).
Ponr ff der p/ns grnrd e/ns/on de sang dMmin'n. Journal de Fauquembergue, Bd. 1, S. 360 (ad a.
 
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