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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0425

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424

VI Vertiefungen

Umgekehrt konnten englische Truppen folglich nicht auf diese Art delegi-
timiert werden, da sie im Konflikt um die französische Krone zweifellos als
legitime ,Feinde' betrachtet wurden. Als langjährige Kriegsgegner eigneten
sie sich jedoch wiederum als Vergleichsobjekt: Um 1380 seien die Bewohner
vor plündernden Compagmes geflohen, weil diese sich „wie Engländer" ver-
halten hätten, abgesehen von Morden und Brandstiftungen.^ Gerade der
Hinweis auf das Morden und Brennen weist auf die im Krieg als legitim an-
gesehenen Mittel hin, den Gegner zu schädigen.^? Michel Pintoin schrieb
zwar, die Compagmes hätten ,nur' geplündert - der Vergleich mit den Englän-
dern jedoch machte einerseits die Drastik ihrer Verwüstungen und anderer-
seits ihre Illegitimität deutlich.
Weniger auf spezifische Verhaltensweisen, sondern auf eine grundsätz-
liche kulturelle Ausgrenzung zielt der Vergleich mit Barbaren oder Saraze-
nen. Der genaue Gehalt dessen, was dabei als ,barbarisch' oder ,sarazenisch'
galt, ist aus den Vergleichen nur ungenau zu bestimmen und auch den Zeit-
genossen stand vermutlich kein klares Set von Verhaltensweisen vor Augen.
Das ,Barbarische' wurde mit der Vorstellung einer ungebremsten Wildheit
(seu/üa) assoziiert, die man nun im Krieg auch durch französische und engli-
sche Krieger umgesetzt sah Der Verweis auf die nicht näher definierten
,Barbaren' diente als Folie, um die Zerstörungen undisziplinierter, französi-
scher (selten auch englischer^) Krieger mit dem Verhalten von Gruppen
gleichzusetzen, die man auf einer moralisch und kulturell niedrigen Stufe
ver ortete.
Auf derselben Ebene wirkten auch Vergleiche mit Sarazenen: Selbst wenn
sie nicht genauer ausgeführt wurden, zeigte doch allein die Feststellung, be-
stimmte Krieger verhielten sich „schlimmer als Sarazenen" durch die Aus-
wahl des Vergleichsobjekts an, wie sehr das entsprechende Verhalten in den
Augen der Autoren aus dem Rahmen des eigentlich Üblichen fiel und dem
eigenen Anspruch auf Zivilisiertheit zuwiderhefA" Dieser Anspruch dürfte
sowohl mit christlichen Werten als auch mit ritterlich-adligen Traditionen
verbunden gewesen sein. So warf man christlichen Kriegern vor, Kleriker
schlechter zu behandeln als die Sarazenen und qualifizierte bestimmte Taten

256 EMgerewf ud:d a ^ade Angiomm, eMW uere dsdem simües essenf, domiddd's dMMfaxaf ae wcendEs
exceph's. Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 18 (ad a. 1380).
257 Der König etwa bezichtigte zum Jahr 1417 die Bourguignons wie die Engländer im Land zu
wüten - inklusive Brandstiftung, siehe Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 197: Font io Mies /es
erMaMÜez d MmmaMdez par^M, par sang d aMireweMi t?Me poMrroieMi^äire ies anders eMMewis d'An-
giderre d encores pis.
258 Et iwtdotpdo MfcMS, Metpddas t?Mas uesana &ar&arorMm sedda agere aidorrMissd EdiMW d iaMdadie
excerddMm m;7;7are müdes ae arM;ger;'A%"oge?!e ider sc w:dMO discordanfes repMfa&a?d. Chronique
du Religieux, Bd. 6, S. 396. Omwes predidos MOM immerdo odera?d, ;'mpade?der Arenfes tp'od law dür
&ar&adcam exsMperando seuidam, pairiam adfaeeMiem opprimeraMi. Ebd., Bd. 6, S. 442.
259 JAMgddJ rapmis d iMeeMdds iwri^ariea immaMdaie deuasfasse?d. Chronique du Religieux, Bd. 1,
S. 62 (ad a. 1380).
260 Siehe z. B.: Et dd-OM M'oMd owc^Mcs parier t?Me ies SarrasiMsp'sseMi pis (?Me/de?d ee:n* de i'osi ew
iadde uide par ie maMuais eowsed JpoMrJ iors dad e?doMr ie iww roi. Journal d'un Bourgeois, S. 77
(§100). Siehe auch ebd., S. 46 (§28); Froissart, Chroniques (liv. III & IV), S. 235 (111,18).
 
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