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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905

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Drittes Heft (März 1905)
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Singer, Hans Wolfgang: [Rezension von: H. G. Ströhl, L. Kaemmerer, Ahnenreihen aus dem Stammbaum des Portugiesischen Königshauses]
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Creutz, Max: [Rezension von: Rudolf v. Larisch, Ueber Leserlichkeit von ornamentalen Schriften]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0076

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68

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

März-Heft.

mal-Kenntnis, wirft einen Blick auf die Blüten der
niederländischen Miniatorenkunst zwischen 1450
und 1525 und gibt besonders viele interessante Be-
merkungen zu dem Breviarium Grimani. Eine
Stelle in der „Chronica“ und einiges in den Briefen
des Damiao de Goes bezieht er unmittelbar auf die
vorliegende Folge, mit dem Ergebnis, dass er sie
in der Hauptsache als das Werk des Simon Bening
von Brügge erkennt, der auf Grund von Zeichnun-
gen des Antonio d’Ollanda arbeitete. Wie gewöhn-
lich bei derlei Arbeiten, ist die historisch-icono-
graphische Bedeutung eine ganz geringe: nicht
einmal der Kopf des kaum verstorbenen Kaisers
Maximilian ist mit Bildnistreue wiedergegeben.
Dagegen ist die Folge, künstlerisch genommen,
von grosser Wichtigkeit. Daher muss man der
Verlagsbuchhandlung für die Veröffentlichung gros-
sen Dank wissen, obwohl man nicht verschweigen
darf, dass sie schlecht beraten war, als sie diese
Miniaturen in Lichtdruck wiedergab. Derartige
farbige Werke, die fleckig geworden sind, sollte
man nie mittels Lichtdruckes reproduzieren wollen,
der nicht recht korrekturfähig ist, selbst bei so-
genannten orthochromen Aufnahmen fehlerhaft
bleibt und gerade Flecke, sowie andere Alters-
spuren unverhältnismässig stark hervorhebt.
Hans W. Singer
Rudolf v. Larisch. Ueber Leserlichkeit von
ornamentalen Schriften. Wien, Anton Schroll
& Co., 1904. 8°. 48 S. Preis brosch. 2 M.
Der Verfasser, dem wir durch seine ausgezeich-
neten Publikationen und durch seine Lehrtätigkeit
an der Kunstgewerbeschule des österr. Museums
für Kunst und Industrie in Wien viel für die künst-
lerische Belebung der Schreibschrift und Druckschrift
verdanken, behandelt in der vorliegenden Broschüre
in geistvoller und anregender Weise die Leserlich-
keit der Schrift.
Leserlichkeit ist ein relativer Begriff. Dem
einen erscheint eine neue Schrift ganz unleserlich,
während sie der andere mit der grössten Leichtig-
keit „herunterliest“. Gerade der Gebildete erweist
sich häufig besonders schwerfällig im Erfassen neuer
Buchstabenbilder. Durch sein vieles und schnelles
Lesen, bei dem er ganze Wortbilder auf einen Blick
zu erfassen bemüht ist, übersieht er in fortwähren-
der Wiederholung der ganz gewohnten Formen das
Charakteristische des einzelnen Schriftbildes, er ist
stumpf sichtig geworden.
Ferner ist der Begriff der Leserlichkeit der
Zeit unterworfen. Eine neue oder auch nur in etwas
veränderte Form eines Buchstabens ist ungewohnt,
sie stösst auf den dem Menschen innewohnenden
Widerwillen gegen eine Neuerung. Man muss

sich an das Neue, auch wenn es besser und schöner
ist als das Alte, erst gewöhnen, und das in hohem
Masse bei den Schriftformen, weil die Schrift in
unserem Leben eine so bedeutende Rolle spielt, und
wir meinen, die Schriftformen seien etwas Fest-
stehendes. Dabei erleben wir aber, dass eine neue
Buchstabenform, die noch eben als unleserlich arg
befehdet war und allerorten Anstoss erregte, uns
nach kurzem, sobald sich unser Auge an die neue
Form gewöhnt hat, so vertraut ist, dass die ältere
Form, die durch sie verdrängt wurde, uns nun auch
ganz veraltet vorkommt. Eine kurze Spanne Zeit
hat für uns den Begriff der Leserlichkeit, ohne dass
wir es selber merkten, verändert (siehe die neuen
Druckschriften von Eckmann und Behrens). Es
ist sehr anregend zu lesen, wie Larisch diese Ge-
danken mit anschaulichen Beispielen aus seiner
Praxis klar entwickelt.
Und dann kommt er, wieder ganz überzeugend,
auf die Unleserlichkeit und Schädlichkeit derjenigen
Schrift zu sprechen, die den Widersachern der neuen
Schriften das gewohnte Ideal an Leserlichkeit be-
deutet, — der „deutschen“ Fraktur. Er hält die
heutige Fraktur, die wir täglich in den Zeitungen
und Romanen und in den Schulbüchern finden,
schon vom Standpunkt der Augenhygiene aus für
untauglich zum täglichen Gebrauch. Sie bedarf
wegen ihrer schwer zu unterscheidenden Merkmale
für die kleinen und grossen Buchstaben (wer kann
die Fraktur-Buchstaben, die er doch g-enau kennt,
frei aus dem Gedächtnis aufzeichnen ?) dringend
der vereinfachenden Reform. In seiner Schluss-
forderung, die die alleinige Verwendung der inter-
nationalen Verkehrsschrift, der Antiqua, vertritt,
geht Larisch m. E. zu weit.
Die Broschüre ist in einer neuen, ausserordent-
lich schönen, klaren Antiqua-Type von kräftigem
Duktus, die Larisch selbst entworfen hat, gedruckt
und in ihrer ganzen Ausstattung ein typographisches
Meisterwerk. Jean Loubier
Die Kunst auf dem Lande: Aufsätze von
H. Thiel, P. Jessen, Ernst Kühn, Hans
Lutsch, Robert Mielke, K. F. L. Schmidt,
Oscar Schwindr azheim, Paul Schultze-
Naumburg. Ein Wegweiser für die Pflege
des Schönen und des Heimatsinnes im deut-
schen Dorfe, herausgegeben von Heinrich
Sohnrey. 10 farbige Beilagen und 174 Abb.
235 Seiten. 4°. Leipzig, Velhagen und Kla-
sing. 1905. M. 7.—.
Im Nachworte zitiert der Herausgeber aus
einem im Figaro erschienenen Reiseberichte Pierre
Lotis einige für Berlin charakteristische Worte, die
besser am Anfänge dieses Buches ständen, dessen
 
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