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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905

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Achtes Heft (August 1905)
DOI Artikel:
Brising, Harald: [Rezension von: E. v. Berlepsch-Valendas, Skandinavische Museen. Eine Reisestudie]
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Popp, Hermann: [Rezension von: A. Eleutheropulos, Das Schöne. Aesthetik auf das allgemein menschliche und das Künstlerbewusstsein gegründet]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0187

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August-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

179

Sammlungen.
E. v. Berlepsch-Valendas, Skandinavische
Museen. Eine Reisestudie. R. Oldenbourg,
München und Berlin, 1905.
Es ist dem Verfasser gelungen, in wenigen
Zeilen einen orientierenden Ueberblick der skandi-
navischen Museen zu geben. Es handelt sich nicht
um die grossen Kunstkasernen, die wir mit anderen
Völkern gemeinsam haben, auch nicht um wissen-
schaftliche Spezialsammlungen verschiedener Art;
was den Verf. besonders interessiert, sind die für
Skandinavien charakteristischen kulturhistorisch-
ethnographischen V olksmuseen.
Es ist vielleicht viel zu liebenswürdig, wenn
der Verf. sagt, dass sie in anderen Ländern kein
Gegenstück haben, und man braucht nicht ver-
gessen, was z. B. im Hotel de Cluny oder in Nürn-
berg auf diesem Gebiete geleistet wird. Dagegen
ist es sehr wohl möglich, dass man im Punkte der
zweckmässigen Anordnung des Materials wirklich
im Norden ein Stück weiter wie anderswo ge-
kommen ist.
Was die skandinavischen Museen besonders
vorteilhaft auszeichnet, ist das künstlerische Ele-
ment in der Aufstellung. Man hat eingesehen, dass
das systematische Einrangieren in Laden und
Schränke keine lebendigen Kenntnisse von einer
vergangenen Zeit geben kann. Deshalb hat man
sich mehr wie anderswo auf kulturhistorische In-
terieurs spezialisiert. Man kann sich leicht von der
glücklichen Wirkung überzeugen, wenn man z. B.
in Stockholm das Nordische Museum und Skansen
besucht. Diese beiden grossartigen Schöpfungen
des verstorbenen Artur Hazelius sind in dieser Hin-
sicht wirkliche Musterbeispiele. Auch hat der
Verf. ihnen mit Recht einen grossen Teil seines
Buches gewidmet.
Es kann natürlich keine Rede von einer voll-
ständigen Aufzählung aller sehenswerten Gegen-
stände sein. Der Verf. hat nur einzelne hervorge-
hoben, von denen er auch eine Anzahl vortreff-
licher Abbildungen gibt. Es ist immer sein Be-
streben, aufzuweisen, wieviel der moderne Mensch
an Geschmack und Kultur von dieser scheinbar
primitiven Kunstrichtung lernen könnte So z. B.
hat er eine gerechte Bewunderung für die dekora-
tive Malerei in Dalarne (sog. Dalmälningar) und
spricht seinen Wunsch aus, dass eine Sammlung
Reproduktionen zusammengebracht werden könnte.
Dies ist jetzt geschehen durch das Erscheinen
eines kleinen Fleftes, das im schwedischen Buch-
handel zu beziehen ist; es tritt zwar ohne wissen-
schaftliche Ansprüche auf, gibt aber doch eine

ziemlich gute Vorstellung von dieser echten volks-
tümlichen Kunst.
Nachdem der Verf. die Museen in Lund und
Jönköping erwähnt, führt er uns nach Norwegen
und lässt uns die grossartige Anlage zu Bygdö bei
Christiania sehen. Hier befindet sich u. a. die
merkwürdige Stabkirche von Gol, welche 1886 auf
Veranlassung König Oskars hierher versetzt wurde
und jetzt als wertvolle Repräsentant des mittel-
alterlichen Kirchenbaues in Norwegen dasteht. Es
ist eine der interessantesten Erscheinungen in der
ganzen Architektur.
Von Bygdö fahren wir nach Lillehammar,
Kopenhagen, Flensburg und Lyngby, das letztere
ein wirklich bewundernswertes Bautenmuseum. Der
Verf. hat uns überzeugt, dass eine künstlerische
Reise in Skandinavien wirklich lohnend gemacht
werden könnte.
H. Brising-Stockholm
Aesthetik.
A. Eleutheropulos. Das Schöne. Aesthetik
auf das allgemein menschliche und das
Künstlerbewusstsein gegründet. 8° 272 S.
Berlin 1905. C. A. Schwetschke & Sohn.
5,40 M.
Seit anderthalb Jahrhunderten bemüht sich die
Aesthetik um die Ergründung des Schönen. Lotze’s
Geschichte der Aesthetik in Deutschland gibt davon
ein ebenso ermüdendes wie entmutigendes Zeugnis,
und noch immer bestehen Dalbergs Worte zu Recht:
Viele fürtreffliehe Schriftsteller haben in verschie-
denen Teilen der Aesthetik Meisterwerke geliefert;
aber in den Grundbegriffen dieser Wissenschaft
scheint noch immer einige Verworrenheit zu liegen.“
Nirgends mehr wie in den ästhetischen Wert-Be-
griffen. Da ist vor allem das ewige Streitobjekt
das „Schöne.“ Bald erklärte man es aus meta-
physischen Sätzen oder aus der Vernunft überhaupt,
bald sah man es im Objekt, bald im Subjekt, bald
in geometrischen Figuren, in Mass- oder Form-
verhältnissen, im Gefühl oder in Assoziationen, bald
versuchte man ihm auf empirischem, bald auf expe-
rimentellem, auf naturwissenschaftlichem, ja selbst
auf linguistischem Wege beizukommen. Dabei war
man sich aber noch nicht einmal über die Stellung
der- Aesthetik im System der Wissenschaften klar.
Seit Baumgarten war man bestrebt, ihr den richtigen
Platz innerhalb der philosophischen Disziplinen
anzuweisen, durch Kant entstand dann die Meinung,
sie sei eine psychologische Disziplin, und neuerdings
bezeichnete man sie als „angewandte Psychologie“.
 
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