Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0255
DOI Heft:
Elftes/Zwölftes Heft (November/Dezember 1905)
DOI Artikel:Schmitz, Hermann: [Rezension von: Carl Josephson, Die Kirche Mariae zur Höhe in Soest i. W. und ihre mittelalterlichen Malereien]
DOI Artikel:Weese, Artur: [Rezension von: Felix Mader, Loy Hering]
DOI Artikel:Hampe, Theodor: [Rezension von: Alfred Peltzer, Antoni der Meister vom Ottheinrichsbau zu Heidelberg]
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0255
Nov./Dez.-Heft. Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.
FelixAIader. Loy Hering. München. Verlag
der Gesellschaft für christliche Kunst 1905.
Mk 6,50.
Immer mehr Meister tauchen aus den Lokal-
schulen des 15/16. Jahrhunderts als tüchtige Künstler
auf und nehmen ihren Platz in der Geschichte der
Plastik ein. Einzeluntersuchungen in dem Denkmäler-
bestand abgelegener oder wenig beachteter’ Kirchen
und Kreuzgänge sind oft von glücklichem Erfolge
gekrönt. Sie liefern Beiträge, aus denen der
Gang der Gesamtentwicklung der Bildnerei auf-
geklärt wird. Zu diesen Arbeiten gehört die Unter-
suchung Maders über Loy Hering. Meister Loy
war vor allem durch die tüchtige wenn auch etwas
glatte und korrekte Standfigur im Denkmal des
Bischofs Georg von Limpurg im Dom zu Bamberg
1518/21 bekannt. DasEpitaph für Margarete von Eltz
in Boppard 1519 war auch inschriftlich gesichert-
Gegen die Zuweisung der Denkmalstafel für
Bischof Konrad von Th Lingen (j- 1540) im Würz-
burger Dom an Loy Hering liessen sich kaum
gerechtfertigte Bedenken auf stellen, da sie urkundlich
aus Eichstätt geliefert wurde.
Nun macht es Mader ausserordentlich wahr-
scheinlich, dass das Fuggergrab in St. Anna zu
Augsburg (1509 — 12) von Loy Hering nach den
schönen Zeichnungen Dürers gearbeitet wurde und
vor allem das aussergewöhnlich edle und freie
Denkmal des hl. Willibald im Dom zu Eichstätt
(1514) auch von ihm stamme. Für die Fugger-
reliefs käme nur noch Hans Daucher in Frage,
aber auch nur als ausführender Steinmetz, da für
sie, wie so manches andere Werk H’s die „Visie-
rungen“ nachgewiesen sind. Aehnlich wie Daucher
scheint auch der Eichstätter' Meister sehr oft, wenn
nicht immer nach Zeichnungen anerkannter Maler
und Holzschnittzeichner in Stein und zwar in
Solnhofner Stein gearbeitet zu haben. Das hinderte
ihn nicht plastisch zu denken und plastisch zu
schaffen. Die Statue des hl. Willibald gehört zum
Besten der deutschen Plastik. Loy Hering’s präg-
nanteste Werke sind bis 1520 entstanden. Auch er
ist ein Beweis, wie intensiv die innere Arbeit gerade
während der beiden ersten Jahrzehnte in deutschen
Werkstätten betrieben wurde. Damals ist fast jedes
ernste Werk entscheidend für die selbständige Ent-
wicklung des Holz- und Steinstils aus dem Formen-
pleonasmus des 15. Jahrhunderts. Buhe, Einfach-
heit und plastische Einheit sind die Ziele, denen
die Steinmetzen und Bildschnitzer’ nahe kamen,
ohne auch nur einen Blick auf italienische Kunst
zu werfen. Lediglich für dekorative, architekto-
nische und ornamentale Zwecke wurden bei den
Wälschen Anleihen gemacht. Freilich sind die
Meister über das im Anfang des Jahrhunderts
247
Erreichte nicht weit hinausgekommen, selbst wenn
sie bis fast 1550 wie L. H. tätig waren. In
seinen statuarischen Werken, die seine bedeu-
tendsten sind, zeigt er, mit fast allen andern
hervorragenden Plastikern, seine Zugehörigkeit
zum künstlerischen Formenkreis des 15. Jahr-
hunderts, für den er einen höchsten Ausdruck findet.
Die italiensche Plastik, von der er mit eigenen
Augen wohl manches gute Stück gesehen hatte,
ist ihm kaum Beraterin, niemals Vorbild und
Anregung (Georgsaltar im Nat.-Museum München).
Mader findet oft Gelegenheit, Herings Stellung
genau zu umgrenzen und bewahrt seine Dar-
stellung vor übertriebenen Lobpreisungen. Die
zahlreichen Attributionen an L. Hering aus dem
Denkmälervorrat Eichstätts, Augsburgs und vieler
anderen kleineren Orten werden wohl wie die
gesamte biographische Schilderung überall an-
erkennende Zustimmung finden.
A. Weese
Alfred Peltzer, Antoni der Meister vom Ott-
heinrichsbau zu Heidelberg. Heidelberg 1905.
Carl Winters Universitätsbuchhandlung.
25 S. Mk. — ,80.
In dem vorliegenden Schriftchen sucht der
Verfasser zu beweisen, dass jener rätselhafte „An-
thonj Bildthawer“, welcher in der für die Frage
nach dem Meister des Ottheinrichsbaues so be-
deutungsvollen Vertragsurkunde vom 7. März 1558
erscheint, mit dem italienischen Baumeister, dem
„kunstreichen Walhen“ Signor Antoni, der in der
Kunstgeschichte Nürnbergs eine Rolle spielt, in-
dessen erst neuerdings durch die von mir veröffent-
lichten „Ratsverlässe“ deutlichere Gestalt gewonnen
hat, identisch und als der Schöpfer, als der intellek-
tuelle Urheber des hervorragendsten Bauwerks der
Renaissance in Deutschland anzusehen sei. Als
Form des Zunamens, die in den Quellen zwischen
Fasoni, Fazuni, Fasiani, Vasani und Vascani
wechselt, schlägt er die Schreibung „Vasoni“ vor,
die mir jedoch weder den italienischen Lautgesetzen
völlig zu entsprechen, noch den Anhaltspunkten,
welche die überlieferten Schreibungen darbieten,
gerecht zu werden scheint. Gerade die Veränder-
lichkeit der Zischlauts in der Mitte des Wortes
deutet offenbar auf eine Lautverbindung hin, die
der deutsche Schreiber wiederzugeben sich ver-
gebens bemühte, etwa auf den italienischen dsch-
Laut.
Von diesem Signor Antoni also erzählt Peltzer
wesentlich auf Grund der Ratsverlässe, wie er 1538
nach Nürnberg gekommen und daselbst von dem
Rat der Stadt alsbald mit dem Bau der Bastei am
FelixAIader. Loy Hering. München. Verlag
der Gesellschaft für christliche Kunst 1905.
Mk 6,50.
Immer mehr Meister tauchen aus den Lokal-
schulen des 15/16. Jahrhunderts als tüchtige Künstler
auf und nehmen ihren Platz in der Geschichte der
Plastik ein. Einzeluntersuchungen in dem Denkmäler-
bestand abgelegener oder wenig beachteter’ Kirchen
und Kreuzgänge sind oft von glücklichem Erfolge
gekrönt. Sie liefern Beiträge, aus denen der
Gang der Gesamtentwicklung der Bildnerei auf-
geklärt wird. Zu diesen Arbeiten gehört die Unter-
suchung Maders über Loy Hering. Meister Loy
war vor allem durch die tüchtige wenn auch etwas
glatte und korrekte Standfigur im Denkmal des
Bischofs Georg von Limpurg im Dom zu Bamberg
1518/21 bekannt. DasEpitaph für Margarete von Eltz
in Boppard 1519 war auch inschriftlich gesichert-
Gegen die Zuweisung der Denkmalstafel für
Bischof Konrad von Th Lingen (j- 1540) im Würz-
burger Dom an Loy Hering liessen sich kaum
gerechtfertigte Bedenken auf stellen, da sie urkundlich
aus Eichstätt geliefert wurde.
Nun macht es Mader ausserordentlich wahr-
scheinlich, dass das Fuggergrab in St. Anna zu
Augsburg (1509 — 12) von Loy Hering nach den
schönen Zeichnungen Dürers gearbeitet wurde und
vor allem das aussergewöhnlich edle und freie
Denkmal des hl. Willibald im Dom zu Eichstätt
(1514) auch von ihm stamme. Für die Fugger-
reliefs käme nur noch Hans Daucher in Frage,
aber auch nur als ausführender Steinmetz, da für
sie, wie so manches andere Werk H’s die „Visie-
rungen“ nachgewiesen sind. Aehnlich wie Daucher
scheint auch der Eichstätter' Meister sehr oft, wenn
nicht immer nach Zeichnungen anerkannter Maler
und Holzschnittzeichner in Stein und zwar in
Solnhofner Stein gearbeitet zu haben. Das hinderte
ihn nicht plastisch zu denken und plastisch zu
schaffen. Die Statue des hl. Willibald gehört zum
Besten der deutschen Plastik. Loy Hering’s präg-
nanteste Werke sind bis 1520 entstanden. Auch er
ist ein Beweis, wie intensiv die innere Arbeit gerade
während der beiden ersten Jahrzehnte in deutschen
Werkstätten betrieben wurde. Damals ist fast jedes
ernste Werk entscheidend für die selbständige Ent-
wicklung des Holz- und Steinstils aus dem Formen-
pleonasmus des 15. Jahrhunderts. Buhe, Einfach-
heit und plastische Einheit sind die Ziele, denen
die Steinmetzen und Bildschnitzer’ nahe kamen,
ohne auch nur einen Blick auf italienische Kunst
zu werfen. Lediglich für dekorative, architekto-
nische und ornamentale Zwecke wurden bei den
Wälschen Anleihen gemacht. Freilich sind die
Meister über das im Anfang des Jahrhunderts
247
Erreichte nicht weit hinausgekommen, selbst wenn
sie bis fast 1550 wie L. H. tätig waren. In
seinen statuarischen Werken, die seine bedeu-
tendsten sind, zeigt er, mit fast allen andern
hervorragenden Plastikern, seine Zugehörigkeit
zum künstlerischen Formenkreis des 15. Jahr-
hunderts, für den er einen höchsten Ausdruck findet.
Die italiensche Plastik, von der er mit eigenen
Augen wohl manches gute Stück gesehen hatte,
ist ihm kaum Beraterin, niemals Vorbild und
Anregung (Georgsaltar im Nat.-Museum München).
Mader findet oft Gelegenheit, Herings Stellung
genau zu umgrenzen und bewahrt seine Dar-
stellung vor übertriebenen Lobpreisungen. Die
zahlreichen Attributionen an L. Hering aus dem
Denkmälervorrat Eichstätts, Augsburgs und vieler
anderen kleineren Orten werden wohl wie die
gesamte biographische Schilderung überall an-
erkennende Zustimmung finden.
A. Weese
Alfred Peltzer, Antoni der Meister vom Ott-
heinrichsbau zu Heidelberg. Heidelberg 1905.
Carl Winters Universitätsbuchhandlung.
25 S. Mk. — ,80.
In dem vorliegenden Schriftchen sucht der
Verfasser zu beweisen, dass jener rätselhafte „An-
thonj Bildthawer“, welcher in der für die Frage
nach dem Meister des Ottheinrichsbaues so be-
deutungsvollen Vertragsurkunde vom 7. März 1558
erscheint, mit dem italienischen Baumeister, dem
„kunstreichen Walhen“ Signor Antoni, der in der
Kunstgeschichte Nürnbergs eine Rolle spielt, in-
dessen erst neuerdings durch die von mir veröffent-
lichten „Ratsverlässe“ deutlichere Gestalt gewonnen
hat, identisch und als der Schöpfer, als der intellek-
tuelle Urheber des hervorragendsten Bauwerks der
Renaissance in Deutschland anzusehen sei. Als
Form des Zunamens, die in den Quellen zwischen
Fasoni, Fazuni, Fasiani, Vasani und Vascani
wechselt, schlägt er die Schreibung „Vasoni“ vor,
die mir jedoch weder den italienischen Lautgesetzen
völlig zu entsprechen, noch den Anhaltspunkten,
welche die überlieferten Schreibungen darbieten,
gerecht zu werden scheint. Gerade die Veränder-
lichkeit der Zischlauts in der Mitte des Wortes
deutet offenbar auf eine Lautverbindung hin, die
der deutsche Schreiber wiederzugeben sich ver-
gebens bemühte, etwa auf den italienischen dsch-
Laut.
Von diesem Signor Antoni also erzählt Peltzer
wesentlich auf Grund der Ratsverlässe, wie er 1538
nach Nürnberg gekommen und daselbst von dem
Rat der Stadt alsbald mit dem Bau der Bastei am