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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905

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Sechstes Heft (Juni 1905)
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Koch, Ferdinand: [Rezension von: Walter Gensel, Velazquez]
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Strzygowski, Josef: [Rezension von: Karl Maria Kaufmann, Handbuch der christlichen Archäologie]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0142

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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

Juni-Heft.

gängern an. Leider aber hat man, was schon
beim Tizian- und noch nachdrücklicher beim
Hubens-Bande mit Recht getadelt wurde, auch
hier wiederum an dem alten Prinzip der chrono-
logischen Anordnung der Bilder festgehalten. Das
systematische Verzeichnis am Ende des Buches
kann keineswegs die Bequemlichkeit einer systema-
tischen Gruppierung der Bilder nach Gegenständen
ersetzen. Gerade bei Velazquez, der ja sein Leben
lang immei’ dieselben Modelle zu malen gezwungen
war, hätte man gern eine aufeinanderfolgende Zu-
sammenstellung der Bildnisse Philipps und der
Personen am Hofe gewünscht. Das hätte jeden-
falls em viel anschaulicheres Bild von der Chronologie
der einzelnen Stücke gewährt.
Die biographische Einleitung hat W. Gensei
geschrieben, und er hat sie, dem Zwecke des
Buches entsprechend, in knapper, bündiger Eorm
geschrieben. Mit wenigen kurzen, aber treffenden
Worten sind die einzelnen Bilder geschildert, ihre
Vorzüge und Mängel nach Gebühr hervorgehoben.
Wo tunlich, sind neuere Künstler, die ja Velazquez
so unendlich viel verdanken, zum Vergleiche her-
beigezogen. Mit Recht hat Gensei bei Besprechung
der Bilder mehr Gewicht auf die Interpretation
des Künstlerischen als des Historischen, das in die
Erläuterungen am Ende des Buches verwiesen ist,
gelegt. Ausgezeichnet ist z. B. in dieser Hinsicht
seine Analyse des Papstbildes in Rom. Hier ist in
wenig Strichen der künstlerische Charakter des
„grossartigsten Männerporträts, das wir besitzen“,
vortrefflich gezeichnet. Deutlich und klar ist auch
der Entwicklungsgang des Meisters geschildert,
der Wandel in Auffassung und Technik anschau-
lich charakterisiert. Aber warum ist Gensei bei der
Kritik der Bilder so auffallend reserviert? Er beruft
sich immer nur auf das Urteil Justis und Beruetes.
Es mag ja bedenklich sein, gegen die Ansicht dieser
Autoritäten ins Eeld zu ziehen. Aber etwas mehr
persönliche Kritik hätte Gensei doch zeigen können.
In dankenswerter Weise sind auch diesmal
dem Werke im Anhänge die Kopien, zweifelhaften
und unechten Gemälde beigefügt worden, sodass
sich auch ein anderer als der Spezialforscher bei
der Güte der Abbildungen ein gewisses Urteil
über den Wert der Werke bilden kann.
Ferdinand Koch.
Altchristliche Kunst.
Karl Maria Kaufmann. Handbuch der
christlichen Archäologie.Paderborn, Ferd.Schö-
ningh 1905. XVIII, 632 S. 8°, mit 239 Abbil-
dungen, M. 11.—.

Kunsthistoriker, die sich um die Anfänge der
christlichen Kunst kümmern, werden wissen, dass
seit einigen Jahren eine Bewegung im Gange ist,
die dem Orient gegen Rom zur Anerkennung
seiner entwicklungsgeschichtlichen Bedeutung ver-
helfen will. Wer freilich die Arbeit von Schmarsow
über S. Costanza und deren Anzeige von Frh.
v. Lichtenberg oben S. 113 f. liest, merkt davon
nichts. Merkwürdigerweise sind die ersten, die
den ehrlichen Mut haben — und die Arbeit nicht
scheuen! — mit der Vogel-Strausspolitik zu brechen,
gerade diejenigen, von denen das am wenigsten
zu erwarten war, die Theologen. Victor Schultze
hat schon vor zehn Jahren Richtung genommen,
das vorliegende Buch des katholischen Priesters
Kaufmann gelangt, je weiter es vorschreitet, um so
entschiedener in das neue Fahrwasser. Sieht man
vom Vorwort ab, so beginnt das Buch ganz im
Rahmen des alten Horizontes der christlichen
Archäologie. Nach dem Inhalte des Kapitels
„Zur Geschichte und Literatur der christlich-
archäologischen Forschung“ wäre man überzeugt,
eine Schöpfung de Rossi-Wilpert’schen Gusses
vor sich zu haben. Die Sachlage ändert sich erst
etwas mit dem vierten Abschnitte, der Topographie
der altchristlichen Denkmäler. Aegypten steht da
nicht zufällig an der Spitze, es ist auch sonst so
ausgiebig behandelt, dass der Kenner sofort merkt,
hier fusst der Verfasser in eigenen gründlichen
Studien. Tatsache ist, dass K. in seiner Archäo-
logie sehr genaue Vorarbeiten für eine Expedition
nach Nordafrika verwertet; er hat die Fahrt dahin
inzwischen bereits angetreten.
Das zweite Buch über altchristliche Architektur
setzt wieder mit der hergebracht römischen Ueber-
lieferung ein. Es beginnt mit den Katakomben,
berücksichtigt die neuen Arbeiten von Führer,
zieht Kyrene und Syrien heran und vergisst an
dieser Stelle nur Palmyra. Das wichtige Kapitel
über die Friedhöfe sub divo verschafft dem Orient
seine Geltung. Sehr merkwürdig gearbeitet ist dann
der zweite Abschnitt über den Sacralbau. K. hält
an dem römischen Ursprünge der Basilika fest; als
specifisch christliche Bauform habe sie, freilich
auf dem Umwege über den Orient, bestimmend auf
die Entwicklung des romanischen Stils eingewirkt.
Falls K. einmal eine zweite Auflage seines Buches
machen sollte, wird er solche Leitsätze wohl fallen
lassen oder streng scheiden zwischen hellenistischer
und orientalischer Basilika. Mein Buch über Klein-
asien dürfte ihm kaum bekannt gewesen sein, als
er das schrieb und z. T. an den alten Theorien
von F. X. Kraus festhielt. Am Schlüsse des ganzen
Abschnittes steht freilich ein Citat nach J. Sauer
über die Bedeutung Kleinasiens, aber Konsequenzen
 
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