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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905

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Fünftes Heft (Mai 1905)
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Friedländer, Max J.: [Rezension von: Handzeichnungen alter Meister der vlämischen Schule, XIV., XV. und XVI. Jahrhundert, Serie 1]
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Sachs, Curt: [Rezension von: Fritz Knapp, Andrea del Sarto und die Zeichnung des Cinquecento]
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Lichtenberg, Reinhold von: [Rezension von: August Schmarsow, Der Kuppelraum von Santa Costanza in Rom und der Lichtgaden altchristlicher Basiliken]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0121

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Mai-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

113

die Veröffentlichung, trotzdem sie gar zu unwissen-
schaftlich auf tritt, Nutzen stiften.
Friedländer
Italienische Kunst.
Fritz Knapp, Andrea del Sarto und die
Zeichnung des Cinquecento. Halle a. S. 1905.
Wilhelm Knapp. 15 S., 8°. Mk. —,80.
Knapp, dessen verdienstvolle Monographieen
über Piero del Cosimo und Fra Bartolommeo uns
viele wichtige Aufschlüsse und manche feine Be-
obachtungen über die Florentiner Malerei um die
Jahrhundertswende gegeben haben, spricht sich in
dieser Antrittsvorlesung kurz über den vielleicht
interessantesten Zweig des damaligen Kunst-
schaffens aus, die Handzeichnung. Während der
Quattrocentist in seinen Zeichnungen meistens
Einzelheiten, vor allem Bewegungsmotive fixierte,
geht Leonardo dazu über, die Bewegungslinien
verschiedener Figuren zusammenzufassen und zu
einem Ganzen zu einigen. Leonardo spricht sich
also mit Vorliebe in Kompositionskizzen aus. Ihm
folgen Fra Bartolomeo und Raffael. Auch nach
der plastischen Seite hin ist Leonardo für die
Zeichnung bahnbrechend. Maler-Bildhauer wie ei'
und Lorenzo di Credi brauchten an Stelle der
flüchtigen Formenandeutung sorgfältige Modell-
studien. Für den neuen Zweck waren neue Mittel
erforderlich, und so bildete sich die Tuschzeichnung
heraus, die zum Herausarbeiten der Form in hohem
Masse geeignet ist; an ihre Stelle trat später, vor
allem bei Fra Bartolomeo, die weiss gehöhte Kreide-
zeichnung. Michelangelos Aktstudien bilden dann
den Höhepunkt der plastischen Zeichnung; in
ihnen „erscheint der Widerspruch, der Kampf der
starken, bewegten Kontur mit der plastischen
Fülle der Innenmodellierung als die eigentliche
künstlerische Absicht, als eine Art Symbol des
aus seinen Fesseln herausdrängenden Tempe-
raments.“
Andrea del Sarto nun setzt beiden Arten, der
linearen und der plastischen, die malerische Zeich-
nung entgegen. Aus der Neuheit seiner Art re-
sultiert die Notwendigkeit, zunächst Einzelstudien
vor der Natur zu machen, und daher finden wir
bei Andrea kaum ein Ganzes skizziert; in Teil-
studien kämpft er gegen die Alleinherrschaft von
Form und. Linie. Es ist charakteristisch, dass er
in späteren Jahren formen- und linienreiche An-
sichten vermeidet, dass er ein Gesicht lieber von
vorn zeichnet, dass er bei der Hand die breite
Fläche zeigt, die Finger aber versteckt, dass er

breite Rückenakte bevorzugt. Hatte Michelangelo
die Innenmodellierung in Gegensatz zur bewegten
Umrisslinie gesetzt, so braucht Andrea die Um-
gebung, den farbigen Grund als Kontrastmittel.
In früheren Jahren grundierte er gern dunkel, wie
er es bei Leonardo sah, später, feinfühliger ge-
worden, zog er es vor, auf hellerem Grunde zu
modellieren. Auch das Gewand muss bei ihm
Form- und Linienreize ablegen und sich als farbige
Fläche dem malerischen Ganzen unterordnen.
So steht Andrea del Sarto im Anfang des
Cinqecento als erster und grösster Maler von
Florenz da. Curt Sachs
O.
Altchristliche Kunst.
August Schmarsow. Der Kuppelraum von
Santa Costanza in Rom und der Lichtgaden
altchristlicher Basiliken. Mit drei Lichtdruck-
tafeln. Leipzig 1904. 30 Seiten.
Zu den interessantesten Forschungsgebieten
für den Kunsthistoriker gehören die Uebergangs-
zeiten zwischen zwei grossen Epochen der Kunst.
Lange Zeit waren aber gerade diese Gebiete von
den Gelehrten vernachlässigt, was vielleicht in der
Einteilung der Kunstperioden nach Stilen seinen
Grund hatte. Doch war diese Trennung nach
Stilen in Wirklichkeit niemals eine scharfe; ein
allmählicher Wandel der geistigen Anschauung und
der technischen Mittel führt von einem zu dem
anderen über. Seit einiger Zeit beginnt nun die
Wissenschaft endlich sich auch mit diesen Zeiten
des künstlerischen Ueberganges eingehender zu
beschäftigen; als Beispiele hierfür dienen: Wickhoff
„Wiener Genesis“, Riegl „spätrömische Kunst-
industrie“ und auch das vorliegende Werk über
Santa Costanza.
S. Costanza bei St. Agnese ist wie diese eine
Gründung der Konstantina, Tochter Konstantins,
ursprünglich als Baptisterium gedacht, wahrschein-
lich aber schon zu Lebzeiten ihrer Begründerin zu
ihrer Grabkapelle bestimmt, worauf der Zusammen-
hang der Weinlese - Szenen an den Mosaiks des
Umganges und der grossen Marmorkandelaber hin-
weisen. — In Bezug auf die Datierung des übrigen
Mosaikschmuckes gehen die Meinungen aus ein-
ander. Crowe und Cavalcaselle schreiben ohne
Unterscheidung von Bauzeiten alles dem vierten
Jahrhundert zu; de Rossi dagegen möchte einzelne
Teile wohl auch noch als im vierten Jahrhundert
(360) entstanden, aber als nachträgliche Zutat be-
trachten.
Der Verfasser sucht die Mosaiks ihrer Be-
deutung nach für die Tauf- und Grab-Kapelle zu
 
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