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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905

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Sechstes Heft (Juni 1905)
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Hahr, August: [Rezension von: Axel L. Romdahl, Pieter Brueghel der ältere und sein Kunstschaffen]
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Simon, Karl: [Rezension von: Jarno Jessen, William Hogarth - Renoit, William Hogarth]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0139

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Juni-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

181

aucli neulich als Doktordissertatiou an der Uni-
versität in Upsala verteidigt worden.
Es ist ja natürlich, dass eine Arbeit wie diese,
die so erschöpfend wie möglich zu sein sucht, sich
wesentlich aufVorgänger stützen muss. Und so haben
wir denn auch in dieser Publikation eine geschickte
Zusammenfassung unserer bisherigenKenntnisse über
Brueghel vor uns, in die der Verfasser seine eigenen
Erfahrungen und Beobachtungen eingefügt hat.
Diese sind es, die der, wie mir scheint, etwas
breiten Schilderung mit ihren vielen, langen und
zum Teil für den Leser ganz unnötigen Bilderbe-
schreibungen ihren wissenschaftlichen Wert ver-
leihen. Von dem Neuen sei erwähnt die Chrono-
logisierung der bekannten Gemälde des Meisters.
Obwohl es als die natürlichste Sache der Welt
erscheint, soll bis dato keine bestimmte Distinktion
zwischen Brueghels älteren und jüngeren Werken
gemacht worden sein. Jene mit zahlreichen kleinen
Figuren übersäten Gemälde, in denen deutlich ein
Einfluss von seinen Stichen sich verrät, gehören
in den Beginn seiner Malerlaufbahn, während
Bilder von einer so vollwertigen Komposition wie
die „Bauernhochzeit“ und die „Kirmes“ in Wien
und „Die Bünden“ in Neapel am Ende seiner
Schaffenszeit stehen. Man muss sagen, dass dieses
ganz selbstverständliche Dinge sind. Keiner soll
es indessen bisher ausgesprochen haben, was zum
Teil in einer falschen Bewertung eines bestimmten
Gemäldes seinen Grund hat. Dieses Bild findet sich
in der Lichtenstein’sehen Galerie in Wien und stellt
„Landsknechte, ein Bauernpaar überfallend“ dar.
Man hat es als das Original zu dem Bilde mit
dem gleichen Motiv (von dem jüngeren Brueghel
1630 ausgeführt) in der Sammlung der Hochschule
zu Stockholm betrachtet. Dr. Romdahl sucht
jedoch zu zeigen, dass die Signierung auf dem
Gemälde in Wien „P. Brueghel 1566“ falsch ist,
und dass das Bild wahrscheinlich von dem Sohne
Jan Brueghel herrührt*).
Das Original zu diesen beiden Bildern kann
unmöglich unter die primitiven Werke des Malers
aus d. J. 1559 und den allerersten Jahren des
folgenden Jahrzehnts einrangiert werden. (Die
Jahreszahl 1559 ist die am frühesten anzutreffende.)
Und damit ist jede Schwierigkeit für die oben-
erwähnte Chronologisierung behoben.
Auch ist des Verfassers im ganzen gerechte
Schätzung von Brueghels Landschaftskompositionen
*) H. Hymans hatte die Jahreszahl als 1558
gelesen und das Bild als Brueghels frühestes Ge-
mälde bezeichnet. Schon längst vor Romdahl hat
doch Olof Gron berg’ in seinem bekannten Werke
„Les collections privees dans la Suede“ das Ge-
mälde als eine Kopie bezeichnet.

in Stichen und Gemälden hervorzuheben. Ueber-
haupt erscheint das Kapitel über „Pieter Brueghel
als Landschafter“ als das selbständigste der Arbeit.
Hier hat R. u. a. die Meritenliste des alten Meisters
durch eine Reihe radierter Dorflandschaften ver-
mehrt, die, nach den mitgeteilten Abbildungen zu
urteilen, von entzückender Wirkung sind. Für
mein Teil stelle ich sie fast höher als seine Alpen-
landschaften, denen der Verfasser eine vielleicht
allzu übertriebene Wertschätzung zollt.
Romdahl will aus Brueghel einen Säulen-
heiligen machen. Konsequent geht durch seine
ganze Arbeit ein Streben, die Einflüsse, die er em-
pfangen haben kann, auf das Mindestmögliche zu
reduzieren, und ein Versuch, einen Hintergrund zu
geben, gegen den seine Konturen sich noch klarer
abzeichnen könnten, findet sich nicht. Gleichwohl
wird seine Darstellung sicherlich von der künftigen
Brueghelforschung beachtet werden. Als ein letztes
Wort in dieser wichtigen Frage kann sie trotz
ihrer Verdienste nicht betrachtet werden.
August Hahr
Englische Kunst.
Jarno Jessen: William Hogarth. Berlin,
Bard, Marquard & Co. 8°. 1 Photogr. u.
9 Vollb. 2. Aufl. 69 SS. M. 1,25.
Renoit: William Hogarth. London 1905. 8°.
Man kann Bedenken gegen die Muthersche
Sammlung von Monographien haben, weil sie wie
Caviarschnittchen den Appetit anregen, ohne ihn
zu befriedigen. Ihre Existenzberechtigung einmal
zugestanden, wird man auch das Bändchen über
Hogarth gern lesen. In neun kleinen Abschnitten
wird nach Möglichkeit seine Gestalt in ihrer Viel-
seitigkeit erschöpfend darzustellen versucht und
mit Recht seine spezifisch künstlerische, malerische
Befähigung hervorgehoben, die erst seit wenigen
Jahrzehnten feststeht. Mit Staunen entdeckte man
in ihm einen Geistesverwandten moderner Kunst,
nachdem man so lange nur ein zeichnendes Seiten-
stück zu Richardson und den englischen Humo-
risten in ihm gesehen hatte. Die Darstellung ist
leichflüssig und liest sich gut. (Das öfters wieder-
kehrende „Weibchen“ scheint mir gerade im Zu-
sammenhänge mit Hogarth nicht am Platze).
Wer sich genauer orientieren will, sei auf
das Buch von Renoit hingewiesen, das recht gut
ist, infolge der Anordnung freilich manchmal er-
müdet. Zunächst wird ein kurzer biographischer
Abschnitt mit der Chronologie von Hogarth s
Hauptwerken gegeben. Im zweiten Kapitel findet
 
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