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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905

DOI Heft:
Elftes/Zwölftes Heft (November/Dezember 1905)
DOI Artikel:
Swarzenski, Georg: [Rezension von: Das Schongauer Museum in Kolmar]
DOI Artikel:
Scherer, Christian: [Rezension von: Gustav E. Pazaurek (Hg.), Nordböhmisches Gewerbe-Museum. Keramik]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0271

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Nov./Dez.-Heft. Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

263

Sammlungen und Ausstellungen.
Das Schongauer Museum in Koimar. (Das
Kunstgewerbe in Elsass-Lothringen.
6. Jahrgang. 2. und 3. Heft.) Strassburg i. E.
L. Beust, 1905. Mk. 3,—.
Deutschland besitzt noch kein Werk, wie das
von Gonse, welches eine allgemeine Orientierung
über die wichtigsten Bestände der französischen
Provinzialmuseen gibt. Deshalb ist es sehr dankens-
wert, dass die bekannte elsässische Kunstzeitschrift
das vorliegende Doppelheft einer Sammlung ge-
widmet hat, die zu den interessantesten der kleineren
deutschen Museen gehört. Dabei ist die durch den
Isenheimer Altar berühmte Bildersammlung des
Museums in die Betrachtung nicht aufgenommen,
sondern es war die Absicht des Verfassers, die
weniger beachteten Werke der Plastik und des
Kunstgewerbes, die dieses Museum besitzt, weiteren
Kreisen bekannt zu machen. Die Sammlung trägt,
abgesehen von einigen Schenkungen, lokalen
Charakter. Aber bei der Bedeutung der Stadt
haben die Colmarer Arbeiten aus manchen Epochen
eine mehr als lokale Bedeutung. Mehrere sehr
interessante Stücke sind zum erstenmale ab gebildet.
Der Text ist anspruchslos und verständig.
Unter den Abbildungen sind besonders zu er-
wähnen die romanischen Fragmente aus Alspach,
St. Marx, Sulzmatt, aus dem 16. Jahrhundert die
hervorragenden Reliefmedaillons, eine weibliche
Porträtstatuetteund die Passionsreliefs von 1522, die
durch ihre Beziehung zu Italien interessant sind
(zugehörige Stücke in Berlin). Aus der gotischen
Epoche sind die Skulpturen geringwertig, aber einige
kunstgewerbliche und dekorative Arbeiten zu
beachten. Von sonstigenkunstgewerblichen Arbeiten
seien die Tür des ehemaligen Stadtarchivs und zwei
Bisquitgruppen von Niederwiller (angeblich von
Lemire) her vor gehoben.
Georg Swarzenski
Nordböhmisches Gewerbe-Museum. Keramik.
30 Farben- und Lichtdrucktafeln, 1 Mar-
kenverzeichnis und 100 Textabbildungen
Im Auftrage des Kuratoriums herausge-
geben von Gustav E. Pazaurek. Reichen-
berg 1905. Selbstverlag des Nordböh-
mischen Gewerbemuseums.
Diese neueste Publikation des überaus fleissigen
und verdienstvollen Leiters des nordböhmischen
Gewerbemuseums zu Reichenberg darf nach Form
und Inhalt von vornherein allseitigen Interesses
sicher sein. Bringt sie doch nicht nur dem Kunst-
forscher wie dem in der Praxis stehenden Kunst-
gewerbler, sondern auch jedem kunstfreundlichen

Laien sowie vor allem jedem Liebhaber und Sammler
keramischer Kunsterzeugnisse eine Fülle von An-
regung und Belehrung, für die alle aufrichtig
dankbar sein werden.
Auf 30 Farben- und Lichtdrucktafeln, die —
und das gilt besonders von den farbigen Tafeln,
denen Zeichnungen des Museumsassistenten
Lederle zu Grunde liegen — allen Anforderungen
moderner Reproduktionstechnik entsprechen, und
in 100 vortrefflichen Textabbildungen ist eine
Auswahl hervorragender Musterstücke aus der an
vielen schönen und interessanten Gegenständen
reichen keramischen Sammlung des Nordböhmischen
Gewerbemuseums zur Darstellung gebracht, die, den
Lesern der „Mitteilungen“ des Museums z. T. schon
bekannt, ein wertvolles Anschauungs-und Studien-
material repräsentieren. Dazu kommt ein stattliches
Textheft, in dem die abgebildeten Gegenstände
innerhalb ihrer Materialgruppen und im Zusammen-
hang mit deren geschichtlicher Entwicklung kurz
besprochen und erläutert werden.
Bei solchen, einem bestimmten Sammlungs-
gebiet gewidmeten Museumspublikationen lassen
sich meines Erachtens zwei Wege einschlagen,
indem man entweder die Form des Kataloges
wählt, der die sämtlichen Stücke in bestimmter
Reihenfolge aufführt und wissenschaftlich genau
beschreibt, oder indem man nur die besten und
charakteristischsten Stücke heraushebt und diese,
unter Verzicht auf eine ausführliche Beschreibung,
gewissermassen nur als, die Worte des Textes
näher erläuternde Beispiele betrachtet. Diese
letzte Methode, die selbstverständlich nie den
eigentlichen Katalog ersetzen kann, dürfte stets da
vorzuziehen sein, wo eine Publikation sich an ein
grösseres, nicht streng fachmännisch oder wissen-
schaftlich geschultes Publikum wendet und zu-
gleich praktischen Zwecken, d. h. zur Befruchtung
zeitgenössischer Kunst und Produktion dienen soll.
Beides ist aber bei dem hier vorliegenden Werke
augenscheinlich der Fall, und aus diesem Grunde
wurde mit vollem Recht jener zweite Weg ge-
wählt.
Trotzdem . ist der wissenschaftliche Grund-
charakter streng gewahrt. Denn im ganzen Ver-
lauf der in grossen Zügen gegebenen geschicht-
lichen Darstellung erkennen wir nicht nur an dem
sichern Urteil und der bis ins Kleinste gehenden
Kenntnis des weit zerstreuten Materials und seiner
Literatur, sondern auch in der Art, wie wichtigere
Fragen, wie z. B. die schwierige Hirsvogelhypo-
these u. a., in teilweise längeren Exkursen be-
handelt und Wie hierbei sowie in zahlreichen An-
merkungen mancherlei wertvolle Ergänzungen
unseres bisherigen Wissens geliefert werden, den
 
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