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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905

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Viertes Heft (April 1905)
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Grautoff, Otto: [Rezension von: Karl Scheffler, Konventionen der Kunst]
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Sachs, Curt: [Rezension von: A. Kisa, Der Kunstschatz. Die Geschichte der Kunst in ihren Meisterwerken. Ein Buch der Erhebung und des Genusses]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0100

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das Individuum mit sich selbst, gegenüber dem
ewig Undurchdringlichen schliesst“ erscheinen nicht
neu. „Religion und Baukunst zusammen ergeben
eine Kultur“, sagt Scheffler. Das ist ein alter Satz
und eine ewige Wahrheit, die gerade wir in unserer
Zeit allzuschmerzlich erleben müssen. Der alte
Gott ist tot; wo aber ist ein neuer Gott? Das
religiöse Interregnum hat eine babylonische Ver-
wirrung in der internationalen Sprache der Kunst
hervorgerufen, wie keine frühere Zeit sie gekannt
bat. Wii- alle ringen nach einer Weltanschauung,
nach einem gemeinsamen Bande, das uns zusammen-
schliesst. Das erkennt auch Scheffler und er weiss
seine Sehnsucht und sein Ringen um eine neue
Form transcendentaler Weltanschauung in kluge
und scharfgeschliffene Worte zu prägen. Seine
lebhafte Intelligenz weiss fein den Unterschied
zwischen Subjektivismus und Individudalismus her-
auszukrystallisieren: Der Subjektivismus kennt nur
sich selbst — der Individualismus meint nur die
Sache. Die kleine Schrift wird alle zum Nach-
denken anregen und viele in ihrem Innersten be-
rühren. Otto Gr autoff
Der Kunstschatz. Die Geschichte der
Kunst in ihren Meisterwerken. Ein Buch
der Erhebung und des Genusses. Mit er-
läuterndem Text von Dr. A. Kisa, em.
Direktor des Museums in Aachen. 50 Lief
gr. Fol. zu 8 S. Text mit zahlreichen Illu-
strationen und 1 Vollbild. Berlin und
Stuttgart, W. Spemann. Je 40 Pfennig.
Mir liegen die 2 ersten Lieferungen vor, die von
Rafael handeln. Es ist mit Genugtuung zu be-

April-Heft.
grüssen, dass in die Zahl der Illustrationen auch
Handzeichnungen aufgenommen sind, die den Be-
schauer in ein viel intimeres Verhältnis zu den
Meistern setzen, als es bei Monumentalgemälden
möglich ist, zumal diese in stark verkleinertem
Massstabe reproduziert werden müssen. Die Ab-
bildung z. B. der „Disputa“ im Format 17X22 cm
gibt dem Geniessenden auch nicht das mindeste;
ich glaube, eine Reproduktion der Volpatostichc
wäre hier mehr am Platz gewesen.
Den gut gewählten Illustrationen hat Kisa
einen geschmackvollen Text an die Seite gestellt,
der, ernst und sachlich, lediglich begleiten will.
Freilich ist auch hier die Lösung der unendlich
schwierigen Aufgabe, einem ungeschulten Publikum
das Wesentliche eines Kunstwerks in knappen
Worten zu erschliessen, nicht völlig befriedigend.
Mitunter wird viel zu viel gesagt; es geht z. B.
den Laien garnichts an, dass die Tatsache, Rafael
habe sich Gehilfen nehmen müssen, aus einem
Briefe an Francesco Francia hervorgeht, und dass
der junge Meister ihm dafür sein Selbstbildnis als
Gegengeschenk versprach. An anderen Stellen
wird das Publikum ohne die nötigen Aufschlüsse
gelassen. Ich halte es durchaus nicht für selbst-
verständlich, dass die Leser des „Kunstschatz“ ge-
nügend über den Mythos von der Schindung des
Marsyas orientiert sind, um in der Darstellung
dieses Themas eine Allegorie der Dichtkunst er-
blicken zu können. Ob es freilich für den Ver-
fasser eines derartigen Textes überhaupt möglich
ist, unbehelligt zwischen Scylla und Charybdis
hindurchzusteuern, muss dahingestellt bleiben.
Curt Sachs

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.


BIBLIOGRAPHIE

Deutsche Kunst.
Aufsätze.
Kunstfreund 3. Ein neuentdecktes Dürerbild in Tirol?
(I. N.) [Christuskopf imDietenheim von 1514.] —
Ueber Kunsttätigkeit in Südtirol im Jahre 1904.
[Schluss.] (K. Atz.) — Ueber die Kunst mittel-
alterlicher Goldschmiede zu Brixen in Kirche
und Haus. [Schluss.] (I. Walchegger.)

Repertorium, Heft 1. Der Meister des Paradies-
gartens. (Carl Gebhardt.)
G. setzt den Meister des im städtischen Museum
in Frankfurt a. M. aufbewahrten Paradies-
gartens zwischen Hermann Wynrich und
Lucas Moser und weist ihm auch die Solo-
thurner Madonna in den Erdbeeren zu.
— Die deutsche Passionsbühne und die deutsche
Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts in ihren
 
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