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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905

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Achtes Heft (August 1905)
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Rauch, Christian: [Rezension von: A. Peltzer, Albrecht Dürer und Friedrich II. von der Pfalz]
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Weese, Artur: [Rezension von: Heinrich G. Lempertz, Johann Peter Alexander Wagner (1730-1809)]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0182

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174

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

August-Heft.

eine Schwäche sehen, die auf Gesellenhand raten
lässt. Das letztere erscheint mir verfehlt; die zu-
nächst eigentümlich berührende offene Malweise
der Aermelpartien kann sehr wohl auf mangelnde
Ausführung oder nebensächliche Behandlung zu-
rückgehen. Eher möchten mir die Halspartie und
der Pelz verdächtig erscheinen. Jedoch das sind
Nebendinge. Und bei der Betonung solcher
scheint mir immer vergessen zu werden, dass
Dürers Werdegang sich keineswegs auf glatter
Bahn vollzog. Wie stark er schwankte, dafür ist
Wölfflins Zweifel am Dresdener Altar klassischer
Beweis. Ich glaube, dass uns in dieser Hinsicht
die Zukunft manche Ueberraschung bringen wird.
Mir ist mit Peltzer — gegenüber Friedländer;
Voll hätte wenigstens auch zitiert werden dürfen
•— der Geist, der in dem Kopfe lebt und die
Porti’ätbehandlung ganz dürerisch. Nur glaube
ich, dass Peltzer das Bild etwas zu spät setzt.
Nicht den Tuchers, dem Madrider Selbstporträt
und dem Oswolt Krel, sondern dem Selbstbildnis
aus der Sammlung Felix (jetzt bei Goldschmidt in
Paris) und dem Dresdener Altar scheint es mir
näher zu stehen; jedenfalls ist es älter, als der
Berliner Friedrich der Weise. —
Für die spätere Zeit werden die Beziehungen
Dürers zu dem Pfalzgrafen von Peltzer endgültig
festgelegt und anschaulich dargestellt. Friedrich
war eine romantische, wanderlustige, neurasthenisch
schwankende Natur — wie so viele „Kunstfürsten“.
1519 war er in Spanien und England, im Dienste
des Hauses Habsburg, zu dem er sich sein Leben
lang hielt. Es ist wahrscheinlich, dass Dürer be-
absichtigt hat, sich 1519 seinem Gefolge auf dieser
Heise anzuschliessen. Wenigstens lässt sich die
kürzlich durch Reicke-Nürnberg veröffentlichte
Bemerkung aus einem Briefe des Bamberger
Kanonikus Lorenz Beheim, Dürer beabsichtigte
nach England und Spanien zu reisen, gut so be-
ziehen. Seine Absicht, Karl V. um Erneuerung
seiner Leibrente zu bitten, konnte er dann im
folgenden Jahre in den Niederlanden billiger und
bequemer verwirklichen.
Im Tagebuch der Niederländischen Reise
nennt Dürer den Pfalzgrafen „seinen Herrn“.
Sicherlich beziehen sich auch die anderen Er-
wähnungen eines Herzogs Friedrich auf diesen,
nicht den sächsischen Kurfürsten. So die zwei-
malige Erwähnung eines Porträts, des zweiten
Porträts, das Dürer von Friedrich II. gemacht
hat. Leider ist es uns nicht erhalten.
Erhalten ist uns aber aus der Folgezeit die
Vorzeichnung Dürers zu einem Gedächtnistaler,
den Friedrich 1523 auf seine Ernennung zum
Reichsstatthalter schlagen liess (im Britischen

Museum. Lippmann 293). Schon die Reproduktion
des Talers und seines Vorbildes lässt keinen
Zweifel — also das dritte Porträt. Und vom
vierten Porträt Friedrichs von der Pfalz von
Dürer endlich gibt Sandrart in des II. Haupt-
Teils zweitem Teil seiner Teutschen Akademie
S. 74 Kunde: „Unter anderen befindet sich allda
(in Heidelberg) des Churfürsten Friedrich des II.
Conterfät in ein Brustbild Lebensgrösse von
Albrecht Dürer in Nürnberg 1522 mit grossen
Fleiss in Oelfarbe, welches in Vollkommenheit alle
andere Conterfäte von dieses Meisters Hand über-
trifft.“ Auch von diesem Werke hat sich noch
keine Spur gefunden. Das Inventar von 1685,
das übrigens noch ein Porträt Friedrichs von Jan
Gossaert, sowie Werke von Cranach, Pencz,
Barbari anführt, nennt dieses Dürerbild nicht, wo-
fern es nicht unter den vielen ungenauen Angaben
zu suchen ist.
1544 Kurfürst geworden, führte Friedrich auf
dem Heidelberger Schlosse die Renaissance ein.
Und auch hier scheint eine Spur auf Dürer zu
weisen: Die Anlage des sogenannten Glocken-
turmes, der genau so errichtet ist, wie es Dürer
1527 in seinem „Unterricht zur Befestigung der
Stadt, Schloss und Flecken“ vorschrieb.
Christian Rauch
Heinrich G. Lempertz. Johann Peter
Alexander Wagner (1730—1809). Köln 1904.
Verlag M. Dumont, Köln. 133 S. Gr. 8».
Preis M. 2.—.
Der Würzburger Bildhauer Wagner hat an der
fürstbischöflichen Residenz Balthasar Neumanns im
Park von Veitshöchheim, am Nikolausberg, imKloster
Ebrach und im Kiliansdom von Würzburg viel
plastische Arbeit, Statuarisches, Dekoratives und
mancherlei „Schneidwaar“ hinterlassen. Die Grafen
Schönborn waren meist seine Auftraggeber. Ein
echtes, unverfälschtes Kind des Rokoko von pro-
vinzialem Beigeschmack. Früher als andere erlag er
akademischen Bedenken und wurde ein bequemer
Klassizist. Sein Biograph folgt ihm mit gewissen-
hafter Aufmerksamkeit durch alle Phasen seiner
Laufbahn hindurch, selbst bei kleinen Lieferungen
für entlegene Dorfkirchen. Akten und Quellen
sind sorgsam befragt und ausgenutzt worden. Die
Schilderung verweilt bei gut vorbereiteten und be-
haglich vorgetragenen Analysen aesthetischen
Charakters. Eine hübsche Arbeit, die einem
fleissigen Meister nicht grade ersten Ranges eine
artige Huldigung bringt.
Artur Weese.
 
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