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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 1.1905

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Viertes Heft (April 1905)
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https://doi.org/10.11588/diglit.50013#0112

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104

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

April-Heft.

Galerie, sondern leider in „S. Ansano in Dofana“.
— Nein, Herr Doktor, die Madonna von S. Ansano
befindet sich leider (!) nicht mehr in Dofana, sondern
bereits seit 1895 (!) in der Galerie zu Siena, wo Sie
also offenbar seit diesem Zeitraum nicht mehr
waren, denn sonst wäre hier ja wissentlich eine
unrichtige Behauptung aufgestellt, um den Autor
zu diskreditieren. — Derjenige Teil der Humilitas-
Allegorie, der von Ambruogio Lorenzetti herrührt,
befindet sich allerdings in Berlin, was Herr S. zu-
erst bestreitet, im Nachsatz aber zugibt. Merk-
würdig! Bei den Bildern in Antwerpen können
Martini und Memmi ebensogut gemeinschaftlich
gearbeitet haben, wie anerkanntermassen bei dem
Verkündigungsbild in Florenz.
Ad 8. „Was über Bartolo di Bredi gesagt
wurde, ist falsch“. Wie kurz und bündig! Nein,
es ist richtig! — „Heber Ugolino hat schon
Waagen Ausführliches mitgeteilt“. „Andrea und
Domenico di Bartolo sind nur in einer Notiz er-
wähnt“. Mag sein! So interessierten die wenig
originellen Künstler in der Arbeit über eine Gesamt-
periode nicht. — „Andrea Vanni wird S. 22 mit Rubens
verglichen.“ Ich sage dort nur, dass Lanzi den
Maler den Rubens seinerzeit nennt, weil er wie dieser
auch als Diplomat und Gesandter vielfach tätig war.
Auch aus diesem einfachen Citatwird von S. ein Strick
für den Autor gedreht! — Schliesslich tritt S. so-
gar voller Emphase mit Druckfehlern ans Tages-
licht! „Cozzarelli wird einmal (!) — wo sagt er
nicht — Coccarelli genannt. Winckelmann wird
S. 14 mit k geschrieben!“ Der Setzerlehrling hat
vor dem k anstatt m n (anstatt, drei nur zwei
Grundstriche) gesetzt, — und das „genügte zur
Zeit des S. in Leipzig, um dort durch den Doktor
zu fallen.“
Ad 8. S. höhnt über folgende Worte meiner
Arbeit: „Hierin, weil nur an der Hand der Marien-
darstellungen ein getreues Abbild der sienesischen
Malerei gegeben werden kann, möge der Grund
gefunden werden, warum in vorliegender Arbeit,
entgegen dem christlichen Empfinden, das Marien-
bild und nicht die Christus reproduzierenden
Kunstwerke an erster Stelle Besprechung erfuhren.“
In der kunstgeschichtlichen Behandlung dürfe die
Frage nach dem christlichen Empfinden nicht ent-
scheidend sein. Gerade dasselbe sagen meine
Worte doch auch! „Ob Mariendarstellungen dem
christlichen Empfinden ferner stehen als Christus-
köpfe möge die Germania entscheiden.“ 0 wie
fein! Oder soll ich sagen, o wie unvorsichtig von
Herrn S. sich bei dieser Gelegenheit über christ-
liches Empfinden zu mokieren! -

Ad 9. Herr Dr. S. will genau wissen, dass
der heilige Ambrosius auf Giorgio Martinis „Geburt
Christi“ der Beato Ambrogio Sanzedoni sei. Die
sogar auf der Abbildung ersichtliche Unterschrift
lautet aber doch S. — also Sanctus Ambrosius;
ein Beatus wird aber niemals als Sanctus bezeichnet
und erhält auch keinen Heiligenschein, wie das
doch hier der Fall ist. Bei dieser Gelegenheit
spricht S. von dem „dunkeln Talar“ des Ambro-
sius; nun ist er aber gar nicht in Talar gekleidet;
er trägt ein weisses Gewand mit dunklem
Heb erhäng.
Ad 10. „Bei einem strage nimmt der Verf.
an, tröste ein eben aufgespiesst.es Kind die Mutter“.
Ganz recht, wer Augen hat, kann sehen, wie das
Kind in dem Augenblik, in dem es den Todesstoss
erhält, mit einem Händchen seine Mutter streichelt.
Dass ich bei S. P. Q. R. die Worte, die gemeint
sind, beisetze, bei domini canes auf die Anspielung
auf das Dominikanergewand hinweise, wird mir
ebenfalls als schaudervolles Verbrechen angerechnet.
— Auf die Sonetten Petrarcas — betreffend das
Laurabild — habe ich doch oft genug hingewiesen!
S. beschwert sich, dass das nicht geschehen sei.
„Um nicht zu ermüden noch eins!“
Das letzte Kapitel über den Einfluss der siene-
sischen Trecentomalerei auf die übrigen italieni-
schen Kunstschulen fertigt S. in gewohnter Weise
mit einer kurzen, „vernichtenden“ Bemerkung ab.
Er nennt einen Haufen von Namen nichtsienesi-
scher Künstler und stellt es so hin, als ob ich be-
hauptet hätte, diese verdankten alles, was sie ge-
schaffen hätten, mit „Stumpf und Stiel“ den
Sienesen. Wie soll man das nennen? Mit wahrem
Wohlbehagen werden auch die Namen Michel-
angelo und Tizian z. B. in „diesem Zusammenhang“
genannt. Von Michelangelo, der die Sibyllen an
der Sixtinischen Kapellendecke malte, erwähnte ich,
dass er, als er im Dome zu Siena am Altar der
Piccolomini plastische Arbeiten ausführte, sicher
nicht interesselos an den Mosaik-Sibyllen im Fuss-
boden der Kathedrale vorübergegangen sei. Tizian
habe später die von Pietro Lorenzetti beliebten
„Mariä Himmelfahrtsdarstellungen“ zu einem Höch-
sten erhoben. Ich machte auf bei Sienesen und
Venezianern gleichartig beliebte Farbenzusammen-
stellungen aufmerksam. Berteaux, Crowe, Dobbert,
Perate und andere konnte ich doch bei vielen
Meistern als solche eitleren, die, hier oder dort,
schon ebenfalls sienesischen Einfluss konstatierten.
„Ich denke, diese Proben genügen!“
Walter Rothes

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