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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 1.1910/​1911

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Nöldeke, Arnold: Zur Kenntnis der Keramik von Raqqa, Rhages und Sultanabad
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https://doi.org/10.11588/diglit.69602#0042

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Zur Kenntnis der Keramik von Raqqa, Rhages und
Sultanabad.
Von A. Nöldeke-Hannover.
Mit 10 Abbildungen auf 2 Tafeln (IX und X).

an hat sich gewöhnt, die Hauptgruppen
der früheren islamischen Keramik nach
denjenigen Orten zu benennen, von wo
zuerst der Antiquitätenhandel die Herkunft der
Gegenstände bezeichnete. Solche Namen sind
Raqqa am oberen Euphrat auf mesopotamischer
Seite, Rhages 10 km südöstlich von Teheran, und
Sultanabad in Centralpersien. Die fortschreitende
Forschung wird sicherlich die Anerkennung wei-
terer bestimmter Schulkreise erzwingen, da wo
bisher die unbestimmte Bezeichnung Syrien oder
Persien steht Bisher haben systematische Unter-
suchungen mit dem Spaten hinsichtlich der Keramik
nirgends stattgefunden, außer etwa in Raqqa
durch das Konstantinopler Museum (1906), deren
Ergebnisse wohl eben dieses Museum birgt
Obwohl in der Türkei wie in Persien Antiqui-
tätengesetze zur Verhinderung der Raubgrabungen
bestehen, durchwühlen dennoch die Agenten von
meist in Europa sitzenden Händlern fortgesetzt
die Ruinenfelder zum Schaden einer geordneten
Forschung, die von der Zukunft zu erhoffen
wäre.
Die Vorgeschichte dieser früheren mesopo-
tamischen und persischen Keramik ist uns leider
durchaus dunkel. Von der Töpferkunst der
Parther an, die bisher für uns durch Gefäße oder
Tonsarkophage verschiedener Formen mit zum
teil griechischem Einfluß und auch durch Fliesen
— alles nur von geringem Kunstwerte — ver-
treten ist, über die Sassanidenzeit hin bis etwa
zum 9. oder 10. Jahrhundert fehlen unserer Kennt-
nis die Zwischenglieder, welche die hier zu be-
trachtende Keramik mit der Vergangenheit ent-
wickelungsgeschichtlich verbinden. Dieser Lücke
von rund tausend Jahren gegenüber wirken die

drei bis vier folgenden Jahrhunderte, die uns bis-
her schon ein verhältnismäßig reichliches Material
geliefert haben, recht merkwürdig.
Eine gute Anschauung von der Keramik dieser
Zeit in Vorderasien, in besonderem von Raqqa,
Rhages und Sultanabad vermittelt die Ausstellung
mohammedanischer Kunst in München. An der
Hand der durch diese Ausstellung gebotenen
Materialien (vergl. die Katalog-Nummern 1075 bis
1098 und 1131—1233) sei im Folgenden eine
Charakteristik der Keramik jener drei Hauptorte
versucht.
Raqqaware pflegt einen bräunlich - grauen
Scherben von mäßig fein geschlemmtem Ton zu
haben. Überwiegend kommt eine dunkel grünlich-
blaue Glasur zur Anwendung, in die bei Bei-
spielen aus dem 11. und 12. Jahrhundert als
Dekor Linien oder blattähnliche Flächen in
Schwarz eingesenkt sein können. Im 12. und
13. Jahrhundert tritt eine Bemalung in dunkel-
bräunlichem Goldlüster auf. Plastische Ornamen-
tierung beginnt in einer flachen Technik mit ein-
gedrückten Linien, die dem syrischen sogenannten
Sgrafitto nahe zu stehen scheint. (Abb. 10.) Erst
im 12. und 13. Jahrhundert tritt das Ornament
(namentlich Schrift) aus der Fläche heraus und
wird nicht selten durch schwarze Linien „ge-
höht“. Der Einfluß sunnitischer Anschauungen
macht sich wie es scheint, darin geltend, daß
figürliche Ornamentmotive fast nicht vorkommen.
Vogeldarstellungen finden sich auf dem unter
Nr. 3 abgebildeten Stück in Unterglasurmalerei,
ferner weist die Kat.-Nr. 1073 einen Fries von sechs
fliegenden Enten und die ziemlich späte Vase
Nr. 1088 drei ebenso gemalte Doppeladler auf.
Unter den Formen, die Raqqa bildet, treten die


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