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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 1.1910/​1911

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Münsterberg, Oskar: Die Darstellung von Europäern in der japanischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.69602#0288

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Die Darstellung von Europäern in der japanischen Kunst.
Von Oscar Münsterberg-Leipzig.
Mit 17 Abbildungen im Text und auf 3 Tafeln (XLI—XLIII).

Missionare, besonders die Jesuiten, des
(3UÄB16. Jahrhunderts waren zum Teil hervor-
ragende Künstler und Gelehrte. Schule
und Universität, Krankenhäuser und Wohltätig-
keitsanstalten, die heute von Staat und Kommune
geleitet werden, waren damals in den Händen
der geistlichen Orden. Zwar blieb die Verbrei-
tung des christlichen Glaubens die erste und
höchste Aufgabe, aber die Pflege von Körper
und Geist, die Aneignung von technischen und
geistigen Kenntnissen wurde ebenso energisch
betrieben. Der gewaltige Einfluß auf weniger
entwickelte Völker beruhte zum großen Teil
auf diesen nutzbringenden Kenntnissen und Be-
tätigungen.
Die grundlegenden Erfolge der Missionare
im fernen Japan wurden nicht nur durch die, den
Andersgläubigen in Sprache und Geist zunächst
unverständlichen Glaubenslehren erreicht, son-
dern durch die Heilung der Kranken und die
Lehre praktischer Wissenschaften: Dazu kam
der Schutz, den bewaffnete portugiesische Han-
delsschiffe mit ihren Kanonen boten, und vor
allem der materielle Gewinn, den der Über-
see-Handel mit den Europäern den einzelnen
Fürsten brachte. Diese sichtbaren Wirkungen
bewiesen die geistige Überlegenheit der aus
dem Süden kommenden fremden Barbaren

(Namban) und begründeten bei Fürst und Volk
ein auf Bewunderung basierendes Vertrauen.
Der Gewinn an Handel und die Lehren der
besseren Bewaffnung machte die Fremden zu
Freunden. In vielen Fürstentümern wurden
ihnen weitgehende Rechte gewährt.
1549 war der Jesuit Xavier auf eigene Faust in
Japan gelandet und hatte das Werk der christlichen
Taufe auf dem schwierigen aber so erfolgreichen
Kampffelde begonnen. Ihm folgten energische
und hochbegabte Ordensbrüder. Die selbstlose
Tätigkeit wurde von Hoch und Niedrig aner-
kannt, und die fremden Gestalten, in ihren trau-
rig schwarzen Mänteln (Tafel XLI), waren an
vielen Orten eine eigenartige aber gern gesehene

Erscheinung in dem so farbenfrohen Bilde japa-
nischen Straßenlebens. Später (1581) kamen
auch Dominikaner, Augustiner und Franziskaner
in das Inselreich. Die Mönche betonten mit
stolzem Bewußtsein ihre in Asien ungewohnte
Tracht, und 1593 lehnten die in politischer Mis-
sion als Vertreter des Königs von Spanien ein-
getroffenen Franziskaner ab, die angebotenen
Seidenkleider anzulegen. Sie erschienen nach
der Regel ihres Ordens mit nackten Füßen und
entblößtem Haupte in der groben Kutte mit
Strickgürtel (Taf. XLI, Abb. 4) vor Hideyoshi, der in
seiner ganzen Würde, umgeben von der mär-
chenhaften Farbenpracht des ostasiatischen Hof-
lebens, die Fremden empfing.
Eigenartige politische Verhältnisse waren der
Ausbreitung des Christentums auf dem Insel-
reich zunächst günstig. Der Kaiser hatte seine
Macht verloren, und tatsächlich herrschten 260
mehr oder minder selbständige Landesherren
— ähnlich wie im deutschen Mittelalter; Bru-
derkriege wüteten im ganzen Reiche; jeder Fürst
suchte mit neidischem Auge seinen eignen Vor-
teil zu wahren. Daher begrüßten einige kleinere
DaimioS im Süden, wo gute Naturhäfen die
Landung begünstigten, die Ankunft der handel-
treibenden portugiesischen Kaufleute mit Freu-
den. — Die weittragenden Feuerwaffen erschie-
nen zuerst als Zauberei, aber schnell wurden
sie als willkommene Hilfe im Kriege nachge-
macht, so daß 1556 schon fast alle Städte mit
Feuerwaffen versehen waren. Der Tausch der
Schiffsgüter gegen Edelmetalle und einheimische
Produkte brachte den kriegführenden und geld-
armen Daimios große Vorteile. Aber wo die
Europäer nicht hinkamen, entstand Neid und
Feindschaft.
Wie den Kaufleuten erging es auch den Je-
suiten. Als Landsleute der Portugiesen erhiel-
ten sie in vielen Fürstentümern die Erlaubnis
herumzuziehen, zu predigen und Kirchen zu
bauen (Taf. XLI, Abb. 1,3). 1563 wurde als erster
Fürst der Daimio von Omura auf Kyushu, im Süden

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