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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 1.1910/​1911

DOI Artikel:
Haas, Hanns: Ein wenig bekannter buddhistischer Autor des alten China und sein Werk
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https://doi.org/10.11588/diglit.69602#0062

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Ein wenig bekannter buddhistischer Autor des alten
China und sein Werk.
Von Hans Haas-Heidelberg.

fm 12. Band des „Archiv für Religionswissen-
schaft“ (Jahrg. 1909, S. 491—532) habe ich
vor Jahresfrist die Übersetzung einer bislang
von den Erforschern des Buddhismus unbeachtet
gebliebenen kanonischen Schrift veröffentlicht.
Auf sie und ihren Autor beziehen sich die nach-
stehenden Ausführungen, die dem dort darge-
botenen interessanten Texte als Einleitung dienen
sollen.
Der Text ist eine aus der Unmasse der Schrif-
ten, welche zusammen den heiligen Kanon der
buddhistischen Kirche in China und in Japan
bilden. Die Anlage dieses Schriftenkorpus (in
China sam tsang, in Japan sanzö genannt) darf
hier als bekannt vorausgesetzt werden1. Die in
Rede stehende Dissertatio gehört der IV. Ab-
teilung desselben an, den sog. Vermischten Schrif-
ten (chin. tsä tsang, jap. zözö = Sanskr. samyukta-
pitaka), der Schriftengruppe, welche die chinesi-
schen Buddhisten dem Tripitaka-Kanon hinzuge-
fügt, diesen durch einige Hunderte von Werken
indischer und chinesischer Autoren zu seinem
dermaligen Umfang erweiternd. In Nanjios Ca-
talogue ist sie als Nr. 1594 aufgeführt: Yuen-
zan-lun, „A treatise on the origin of man“ und er-
scheint als eines der Werke der Unterabteilung
Tshz’-thu-^u-shu, Works of „this country“, i. e.
China. Wir haben es also nicht mit einer
chinesischen Übersetzung eines ursprünglich in
Sanskrit geschriebenen Werkes eines indischen
Gelehrten, sondern mit einem genuin chine-
sischen Literaturprodukt zu tun, mit einer Ab-
handlung, die einen chinesischen Buddhisten
zum Verfasser hat.

1 S. Samuel Beal, The Buddhist Tripitaka, as it is
known in China and Japan. A Catalogue and Compen-
dious Report. 1876. — Bunyiu Nanjio, A Catalogue of
the Chinese Translation of the Buddhist Tripitaka. 1883. —
M. Anesaki, The Four Buddhist Againas in Chinese.
1908. — Vgl. auch H. Haas, Der heilige Kanon des
Buddhismus in Japan (Mitteil, der Deutschen Gesellsch. f.
Natur- u. Völkerkunde Ostasiens, Bd. X, Teil 1, S. 79—132).

Wer ist dieser Autor? und was wissen wir
von ihm?
Ich darf wohl sagen, er war uns bis jetzt eine
unbekannte Größe des Buddhismus. Es werden
derer nicht viele sein, denen auch nur sein Name,
der Name Tsungmi, bisher je zu Gehör gekom-
men ist. Jedenfalls habe ich mich umsonst be-
müht, in der einschlägigen europäischen Literatur
etwas über ihn zu finden. Erst als mir bekannt
wurde, daß die japanischen Buddhisten ihn unter
dem Namen Shü-mitsu (Sö-mitsu) kennen, er-
innerte ich mich, daß eines buddhistischen Lehrers
dieses Namens in Ryauon Fujishimas 1889 zu
Paris erschienenem Werkchen „Le Bouddhisme
Japonais. Doctrines et histoire des douze grandes
sectes Bouddhiques du Japon“ kurz Erwähnung
geschieht. In der Aufzählung der Patriarchen
der Kegon-Sekte steht da p. 62 zu lesen: „Le
septieme, Kei-hö-zen-ji (son nom de famille etait
Ka et son prenom Shü-mitsou) demeura dans le
monastere S6-dö, sur le montagne Shü-nan, et
propagea la doctrine.“ Auch Nanjio bietet in
seinem verdienstlichen Catalogue in Appendix III
(List of the Chinese Authors) nichts weiter als
die dürftige Notiz: „Tsuri-mi, the fifth patriarch
of the Hwä-yen or Avatamsakaschool. In A. D.
840 or 841 he died in his sixty-second year.“
Indessen verweist er auf zwei chinesische Werke,
aus denen Näheres über Tsungmi zu erholen
sei, nämlich auf Suri-sari-^whän, fase. 6, fol. 13a,
und Thun-Äi, fase. 42, fol. 6b. Beides sind Werke
des heutigen chinesischen Kanons, das erstere,
Nr. 1495 in Nanjios Catalogue, eine im Jahre 988
von Tsan-ning als Fortsetzung zweier ähnlicher
älterer Werke kompilierte Sammlung von Bio-
graphien von 533 bzw. 563 hervorragenden
Priestern; das zweite, Nr. 1661 bei Nanjio, eine von
dem Thien-tai-Priester /<’-phän 1269—1271 kompi-
lierte Geschichte des chinesischen Buddhismus.
Was sich diesen Quellen über unseren Autor
entnehmen läßt, ist in der Hauptsache das Fol-
gende.

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