Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Grothe, Hugo [Oth.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 1.1910/​1911

DOI article:
Schubert von Soldern, Zdenko: Das Grab Timurs in Samarkand
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69602#0199

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Das Grab Timurs in Samarkand.

Von Zdenko v. Schubert-Soldern-Prag.
Mit 10 Abbildungen im Text und auf 2 Tafeln (XXIX—XXX).

wei asiatische Herrscher waren es, die im
Blute watend, die Welt zur Zeit des Mit-
telalters in Schrecken versetzten. Es waren
dies im 13. Jahrhundert der grausame Mongolen-
fürst Tschingis-Chan und im 14. Jahrhundert der
nicht minder blutgierige Timur. Beide waren echte
Asiaten und damit erklärt sich ihre Menschen-
schlächterei, im übrigen waren beide, insbeson-
dere aber Timur, ein weiser, oft sogar gütiger
Herrscher. Im Jahre 1220 kamen die wilden
Mongolenhorden unter der Führung Tschingis-
Chans nach Zentral-Asien, eroberten Buchara,
richteten hier ein schreckliches Blutbad an, in-
dem sie an 50000 Mann hinrichteten und die
Stadt dem Erdboden gleich machten. Dann kam
die Reihe an Samarkand, das in ähnlicher Weise
behandelt wurde. Darauf setzte Tschingis-Chan
seinen zweiten Sohn Tschagatai als Herrscher
des eroberten Gebietes ein, unter dessen weiser
Regierung eine Blütezeit für Zentral-Asien ein-
trat, die sich zum Teile noch über seine Nach-
folger erstreckte. Um diese Zeit geschah es, daß
von Norden her ein türkischer Stamm, die Us-
beken, einwanderte, der sich durch seine In-
telligenz bald einen großen Einfluß im Lande er-
warb. Als später unter den Nachfolgern Tschin-
gis-Chans das Land dem Verfalle entgegenging,
erhoben sich die Usbeken und rissen die Herr-
schaft zum Teile an sich. Der berühmte Timur
stammt aus einem Zweig des Geschlechtes der
Usbeken, er wurde 1333 in Kesch geboren und
gelangte 1370 zur Herrschaft. Timur hatte ein
lahmes Bein, weshalb er der lahme Timur oder
Timurlenk genannt wurde, ein Wort, das man
später in Tamerlan umgestaltete. Timur war ein
weiser Herrscher, der Kunst und Wissenschaft
eifrig unterstützte, und so entstand unter ihm
und seinen Nachfolgern eine zweite Blütezeit für
Zentral-Asien im allgemeinen und für Samarkand
im besonderen. (Krestowskii.)
„Unter den Samaniden war Samarkand die volk-
reichste Stadt Transoxaniens und durch Timur
wurde es die reichste, glänzendste und anziehendste
Residenz im Reiche der Timuriden und der nach-

folgenden Scheibaniden. Überfluß an Wasser,
gesundes Klima, üppige Vegetation, wunderbare
Bauten, vorzügliche Hochschulen, der Zusammen-
fluß von Gelehrten, Künstlern und geschickten
Handwerkern aus ganz Asien und der glänzende
Hof Timurs und seiner Nachfolger machten es
zum Paradies des Ostens, zur kostbarsten Perle
der östlichen, islamitischen Welt, zum Brenn-
punkt der ganzen Weltkugel, wie die bilderreichen
muselmännischen Schriftsteller sich ausdrücken.
Zur Ausführung seiner prachtvollen Bauwerke
verschrieb Timur die besten und talentvollsten
Meister aus allen Ländern seines weiten Reiches,
das sich von Irtisch zum Ganges und von der
Steppe Gobi bis zum Marmarameer erstreckte,
nach seiner Residenz. Kunststeinhauer aus Indien,
berühmte Baumeister und Mosaikbildner aus
Schiras, Töpfer aus Kaschan, Stukkateure und
Künstler aus Ispahan und Damaskus wurden mit
freigebiger Hand bei der Aufführung der monu-
mentalen Bauten verwendet, durch die der mäch-
tige Herrscher jeden seiner Kriegszüge verherr-
lichen ließ, und mußten jedes frohe oder traurige
Ereignis seines Familienlebens durch ein Denk-
mal verewigen. Diese Meister legten den Grund
zu einer ganzen Schule von Kunstbaumeistern
in Samarkand, von wo aus deren künstlerische
Ideen und Vorschriften sich nach allen Kultur-
ländern Mittelasiens verbreiteten. Noch zwei-
hundert Jahre nach dieser Blütezeit des Bauhand-
werkes, bis zur Regierung Abdulla-Chans, waren
diese Vorbilder lebendig und legten den Grund
zu architektonischen Bauten, die bis heutigen
Tages von dem Glanz und Geschmack jener
schöpferisch-künstlerischen Epoche Zeugnis ab-
legen. Selbst in der öden Steppe Kisil-Kum,
zwischen dem Amu-Darja und Sir-Darja, werden
monumentale Kirgisengräber angetroffen, die in
ihrem Bau den Stil der Meister der Timur’schen
Epoche erkennen lassen.
Neben den Baukünsten und Gewerben wurden
die anderen Gewerbe unter Timur in Samarkand
nicht vernachlässigt. Seidenweber aus Damaskus,
Baumwollenweber aus Aleppo, Tuchmacher aus


131
 
Annotationen