Kleine Mitteilungen.
Ausstellungspläne.
Weltausstellung in Konstantinopel. Wie die
türkischen Blätter melden, ist beschlossen worden, im Jahre
1913 in Konstantinopel eine internationale Aus-
stellung zu veranstalten. Als Platz ist dafür die Serail-
spitze in Aussicht genommen, der große, teils wüste und
mit Spuren alter Gebäude bedeckte, teils Pulver- und
Patronenschuppen tragende, teils auch parkartige Grund,
der das alte Serail umgibt. Hier liegt auch das Lehrer-
krankenhaus Gülhaneh, mehrere gebrechliche Holzkasernen
und der langgestreckte Bau der ehemaligen Medizinschule
Gülhaneh. Im allgemeinen stellt das Gelände einen Ab-
hang rings um das alte Serail dar, das große alte Kaiser-
schloß der Byzantiner. Auf diesem, an geschichtlichen
Erinnerungen so überreichen Boden, wo noch die Goten-
säule des Kaisers Claudius aufragt, wo die Sultane sich
in die Trümmer der byzantinischen Pracht einbauten und
heute die Schatzkammer, das Heeresmuseum in der Irenen-
Kirche und das Antikenmuseum liegen, sollen die luftigen
Bauten einer internationalen Weltausstellung entstehen.
Der Bosporus vereinigt sich hier mit dem Goldenen Horn
und dem Marmarameer; ein bunt bewegtes Bild zieht am
Auge des Beschauers vorüber. Heute atmet der ganze
Platz Verlassenheit und Verfall; kaum daß ein Wanderer
die staubigen ungeebneten Wege betritt. Am Rande, wo
die Wellen an den Fuß der alten Gemäuer schlagen, ist
der Eindruck des Verfalls am deutlichsten. Geborsten und
umhüllt von Schlingpflanzen wartet hier ein Chaos von
Mauerwerk und Gerümpel auf den Einsturz. Dahinter
rollt in einem Einschnitt der Zug der nach Adrianopel sich
bewegenden Eisenbahn vorüber. Falls die Verwaltung der
Stadt die günstige Gelegenheit benutzt, kann sie die völlige
Umgestaltung dieses schönen Erdenwinkels erreichen.
Ohne an geschichtlich wertvolle Baureste zu rühren, im
Gegenteil, unter sorgfältiger Schonung und Sicherung alles
Wertvollen, kann der Platz von Krankenhäusern, Kasernen,
Schulen, Pulverschuppen befreit werden, und mit leichter
Mühe wäre hier der schönstgelegene Park der Welt
hervorzuzaubern. Zypressen und Feigenbäume gibt es
schon im Überfluß, es handelt sich nur darum, Wege
zu schneiden, Ordnung zu schaffen und am Meeresufer
einen breiten Platz herzustellen, wo man die jetzt verdeckten
und nur durch Mauerscharten auftauchenden Herrlichkeiten
der Natur genießen kann. Diese großzügige Umgestaltung
müßte eine Weltausstellung der Stadt schaffen und nach
Schluß ihr überlassen, wie der Korrespondent der „Köl-
nischen Zeitung“ in einem Berichte vom 17. November 1910
betont. Die Jungtürken werden ohne Zweifel den Gedanken
einer Weltausstellung mit Energie durchführen und sich
so die Gelegenheit nicht entgehen lassen, die neue Ära in
der Türkei den aus allen Ländern herbeiströmenden
Fremden durch solche im europäischen Geiste gehaltene
Veranstaltung vor Augen zu führen.
Was bei dieser Weltausstellung nicht verabsäumt
werden dürfte, das wäre die Entfaltung eines Kunst
und Wissenschaft fördernden weitausschauenden
Programms. Wie viele Schätze des orientalischen
Kunstgewerbes liegen noch unbeachtet und unkatalogisiert
in den Schatzkammern und Vorratsräumen von Moscheen
und anderen öffentlichen Gebäuden oder befinden sich in
Privatbesitz, ohne daß die Eigentümer von ihrem Werte
eine rechte Vorstellung haben. Auch an wertvollen
Manuskripten, die über manche politisch und kulturell
wichtige Epoche des Türkenreiches Auskunft geben, dürften
die Bibliotheken der Regierung wie der Moscheen und
geistlichen Orden reich sein, die bei dieser Gelegenheit das
Licht der Öffentlichkeit erblicken und den Forschern zu-
gänglich gemacht werden sollten. Das Ottomanische
Museum und die Kaiserliche Jildisbibliothek besitzen eine
Fülle bisher genauerem Studium entzogener Gegenstände,
von denen einige auf der Münchener Ausstellung von
1910 gewürdigt werden konnten.
Zur Zusammenbringung einer ethnographischen
Sammlung, welche die Völker der europäischen und
asiatischen Türkei in ihren Volkseigenheiten, Trachten,
ihrer Lebensweise, ihrer Hausindustrie zu veranschaulichen
hätte, würde die türkische Regierung Mittel und Wege in
der Hand haben, wie sie keinem europäischen Museum
oder Sammler leicht geboten sind. Da die Balkanhalb-
insel und Vorderasien in allen deutschen, ja europäischen
Völkerkundemuseen äußerst schwach vertreten ist, so hätte
eine solche ethnographische Abteilung der Konstantinopler
Weltausstellung unstreitig hohen wissenschaftlichen Wert.
Die Bestände könnten den Grundstock für ein Ethno-
graphisches Museum bilden. Nachdem Bukarest unter
der Leitung von Prof. Tzigara-Samurcas ein derartiges
Institut gegründet hat, das bereits beachtenswerte Leistungen
aufzuweisen hat, wird die Hauptstadt des Osmanenreiches
ein ähnliches Unternehmen früher oder später in Angriff
zu nehmen genötigt sein. Wie aus der kurzen Skizzierung
des Wünschenswerten hervorgeht, entwickeln sich zur
weiteren Erschließung von Geschichte, Literatur, Völker-
kunde, Architektur und Kleinkunst der Gebiete des Osmanen-
reiches bei einer Weltausstellung in Konstantinopel Aus-
sichten, die nicht sobald in ähnlich günstiger Weise sich
ergeben würden. Freilich, sollte ein solches weitaus-
blickendes Programm zur Ausführung kommen, so müßte
mit einer Organisation der vorbereitenden Arbeiten bald
begonnen werden. Grothe.
* , *
*
In Stockholm wird eine japanische Kunstaus-
stellung im Januar und Februar 1911 stattfinden, die von
dem Verein der Kunsthandwerker veranstaltet wird.
Wissenschaftliche Institute und Gesell-
schaften.
Die Deutsche Orient-Gesellschaft hat dieser Tage
die Ergebnisse ihrer auf dem vorgeschichtlichen Friedhöfe
bei Abusir-El-Melek (Mittelägypten) vorgenommenen Gra-
bungen verteilt, die Dr. G. Möller, Direktorial-Assistent an
106
Ausstellungspläne.
Weltausstellung in Konstantinopel. Wie die
türkischen Blätter melden, ist beschlossen worden, im Jahre
1913 in Konstantinopel eine internationale Aus-
stellung zu veranstalten. Als Platz ist dafür die Serail-
spitze in Aussicht genommen, der große, teils wüste und
mit Spuren alter Gebäude bedeckte, teils Pulver- und
Patronenschuppen tragende, teils auch parkartige Grund,
der das alte Serail umgibt. Hier liegt auch das Lehrer-
krankenhaus Gülhaneh, mehrere gebrechliche Holzkasernen
und der langgestreckte Bau der ehemaligen Medizinschule
Gülhaneh. Im allgemeinen stellt das Gelände einen Ab-
hang rings um das alte Serail dar, das große alte Kaiser-
schloß der Byzantiner. Auf diesem, an geschichtlichen
Erinnerungen so überreichen Boden, wo noch die Goten-
säule des Kaisers Claudius aufragt, wo die Sultane sich
in die Trümmer der byzantinischen Pracht einbauten und
heute die Schatzkammer, das Heeresmuseum in der Irenen-
Kirche und das Antikenmuseum liegen, sollen die luftigen
Bauten einer internationalen Weltausstellung entstehen.
Der Bosporus vereinigt sich hier mit dem Goldenen Horn
und dem Marmarameer; ein bunt bewegtes Bild zieht am
Auge des Beschauers vorüber. Heute atmet der ganze
Platz Verlassenheit und Verfall; kaum daß ein Wanderer
die staubigen ungeebneten Wege betritt. Am Rande, wo
die Wellen an den Fuß der alten Gemäuer schlagen, ist
der Eindruck des Verfalls am deutlichsten. Geborsten und
umhüllt von Schlingpflanzen wartet hier ein Chaos von
Mauerwerk und Gerümpel auf den Einsturz. Dahinter
rollt in einem Einschnitt der Zug der nach Adrianopel sich
bewegenden Eisenbahn vorüber. Falls die Verwaltung der
Stadt die günstige Gelegenheit benutzt, kann sie die völlige
Umgestaltung dieses schönen Erdenwinkels erreichen.
Ohne an geschichtlich wertvolle Baureste zu rühren, im
Gegenteil, unter sorgfältiger Schonung und Sicherung alles
Wertvollen, kann der Platz von Krankenhäusern, Kasernen,
Schulen, Pulverschuppen befreit werden, und mit leichter
Mühe wäre hier der schönstgelegene Park der Welt
hervorzuzaubern. Zypressen und Feigenbäume gibt es
schon im Überfluß, es handelt sich nur darum, Wege
zu schneiden, Ordnung zu schaffen und am Meeresufer
einen breiten Platz herzustellen, wo man die jetzt verdeckten
und nur durch Mauerscharten auftauchenden Herrlichkeiten
der Natur genießen kann. Diese großzügige Umgestaltung
müßte eine Weltausstellung der Stadt schaffen und nach
Schluß ihr überlassen, wie der Korrespondent der „Köl-
nischen Zeitung“ in einem Berichte vom 17. November 1910
betont. Die Jungtürken werden ohne Zweifel den Gedanken
einer Weltausstellung mit Energie durchführen und sich
so die Gelegenheit nicht entgehen lassen, die neue Ära in
der Türkei den aus allen Ländern herbeiströmenden
Fremden durch solche im europäischen Geiste gehaltene
Veranstaltung vor Augen zu führen.
Was bei dieser Weltausstellung nicht verabsäumt
werden dürfte, das wäre die Entfaltung eines Kunst
und Wissenschaft fördernden weitausschauenden
Programms. Wie viele Schätze des orientalischen
Kunstgewerbes liegen noch unbeachtet und unkatalogisiert
in den Schatzkammern und Vorratsräumen von Moscheen
und anderen öffentlichen Gebäuden oder befinden sich in
Privatbesitz, ohne daß die Eigentümer von ihrem Werte
eine rechte Vorstellung haben. Auch an wertvollen
Manuskripten, die über manche politisch und kulturell
wichtige Epoche des Türkenreiches Auskunft geben, dürften
die Bibliotheken der Regierung wie der Moscheen und
geistlichen Orden reich sein, die bei dieser Gelegenheit das
Licht der Öffentlichkeit erblicken und den Forschern zu-
gänglich gemacht werden sollten. Das Ottomanische
Museum und die Kaiserliche Jildisbibliothek besitzen eine
Fülle bisher genauerem Studium entzogener Gegenstände,
von denen einige auf der Münchener Ausstellung von
1910 gewürdigt werden konnten.
Zur Zusammenbringung einer ethnographischen
Sammlung, welche die Völker der europäischen und
asiatischen Türkei in ihren Volkseigenheiten, Trachten,
ihrer Lebensweise, ihrer Hausindustrie zu veranschaulichen
hätte, würde die türkische Regierung Mittel und Wege in
der Hand haben, wie sie keinem europäischen Museum
oder Sammler leicht geboten sind. Da die Balkanhalb-
insel und Vorderasien in allen deutschen, ja europäischen
Völkerkundemuseen äußerst schwach vertreten ist, so hätte
eine solche ethnographische Abteilung der Konstantinopler
Weltausstellung unstreitig hohen wissenschaftlichen Wert.
Die Bestände könnten den Grundstock für ein Ethno-
graphisches Museum bilden. Nachdem Bukarest unter
der Leitung von Prof. Tzigara-Samurcas ein derartiges
Institut gegründet hat, das bereits beachtenswerte Leistungen
aufzuweisen hat, wird die Hauptstadt des Osmanenreiches
ein ähnliches Unternehmen früher oder später in Angriff
zu nehmen genötigt sein. Wie aus der kurzen Skizzierung
des Wünschenswerten hervorgeht, entwickeln sich zur
weiteren Erschließung von Geschichte, Literatur, Völker-
kunde, Architektur und Kleinkunst der Gebiete des Osmanen-
reiches bei einer Weltausstellung in Konstantinopel Aus-
sichten, die nicht sobald in ähnlich günstiger Weise sich
ergeben würden. Freilich, sollte ein solches weitaus-
blickendes Programm zur Ausführung kommen, so müßte
mit einer Organisation der vorbereitenden Arbeiten bald
begonnen werden. Grothe.
* , *
*
In Stockholm wird eine japanische Kunstaus-
stellung im Januar und Februar 1911 stattfinden, die von
dem Verein der Kunsthandwerker veranstaltet wird.
Wissenschaftliche Institute und Gesell-
schaften.
Die Deutsche Orient-Gesellschaft hat dieser Tage
die Ergebnisse ihrer auf dem vorgeschichtlichen Friedhöfe
bei Abusir-El-Melek (Mittelägypten) vorgenommenen Gra-
bungen verteilt, die Dr. G. Möller, Direktorial-Assistent an
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