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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 1.1910/​1911

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Osthaus, Karl Ernst: Spanische Fliesenkeramik
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https://doi.org/10.11588/diglit.69602#0128

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Spanische Fliesenkeramik.
Von Osthaus-Hagen i. W.
Mit 8 Abbildungen auf einer 1 Tafel (XXII).

den Erzeugnissen der spanischen Keramik
Maus dem Mittelalter und der beginnenden
Renaissance besitzen wir eines der wichtigsten
Dokumente muhamedanischer Kultur. Härte und
Farbenbeständigkeit des Materials haben vielen
Feinden Trotz geboten, die sich am Kulturgute
der Mauren vergriffen haben. Noch strahlen die
Moschee von Cordoba, die Alhambra, der Alkazar
von Sevilla und viele Paläste und Klöster im
Glanze schillernder Glasuren, während das Meißel-
werk des Marmors verwittert und die Farben des
Stuckgetäfels verblichen sind. Freilich ist es vor-
zugsweise die Baukeramik, an die wir uns halten
müssen. Die Geräte sind allzusehr der Vergäng-
lichkeit anheim gefallen, und nur von der immer
geschätzten Lüsterware von Manisses bergen die
größeren Museen einen ansehnlicheren Schatz.
Geräte anderer Provenienz gehören zu den größten
Seltenheiten, woran die Lässigkeit der spanischen
Museen eine Hauptschuld tragen mag. Der ein-
zige Mann, der auf der iberischen Halbinsel ein
wirklich wissenschaftliches Verhältnis zu diesem
Zweige des Kunstgewerbes hat, Spaniens ehe-
maliger Finanzminister Osma, ist denn auch der
einzige, der als Sammler ein anschauliches Bild
von der maurischen Gerätewelt zu geben vermag.
Außerhalb Spaniens finden sich nur wenige Stücke
in den entlegensten Ländern verstreut. Aber auch
die reichlicher vorhandenen Azulejos haben nur
in wenigen und selten in vorzüglichen Beispielen
ihren Weg in die Museen gefunden. Die voll-
ständigste Sammlung befindet sich in New-York.
In Deutschland hat das Hagener Museum diesem
Gebiete besondere Aufmerksamkeit zugewandt
und eine an Vollständigkeit der Muster wie an
Zahl der größeren Tafeln gleich erhebliche Samm-
lung zusammengebracht. Die Objekte wurden in
den Jahren 1908 und 1909 unter Mitwirkung der
Herren Dr.Wendland und Walter Gropius in Spanien
gesammelt. Erwerbungen aus dem Madrider und
südspanischen Kunsthandel fanden durch Ab-
nahme von Wandbekleidungen in andalusischen
Klöstern, durch Ausgrabungen im Alkazar zu

Niebla und durch Ankauf der Sammlung Gestoso
in Sevilla eine erwünschte Ergänzung. Die Samm-
lung gibt ohne wesentliche Lücke einen Über-
blick über die verschiedenen Manufakturen wie
über die technische und ornamentale Entwicklung
der glasierten Fliese. Von Geräten sind außer
lüstrierten Schüsseln und Schalen aus Manisses
eine seltene Sevillaner Spitzamphora des 14. Jahr-
hunderts und außerdem Fragmente vorhanden, die
wenigstens die von der Baukeramik abweichende
Technik und Ornamentik der Tongeräte anschau-
lich zu machen vermögen.
Man wird unter den Fliesen hauptsächlich
drei Formaten begegnen, der quadratischen Wand-
fliese, der meist kleineren, ebenfalls quadratischen
Bodenfliese, die zur farbigen Belebung roten Terra-
kottaböden eingeordnet wurden, und der läng-
lichen Deckenfliese, die mit rohen Schmalrändern auf
den Balken der Decke auflag, um ihre Zwischen-
räume zu füllen. Eine ungewöhnliche Größe
zeigen die bemalten Terrakotta-Deckenfliesen aus
Valencia. Eine Untersuchung des Tonmaterials
ergibt Verschiedenheiten, die die Zuweisung an
einen der Fabrikationsorte erleichtern. Charakte-
ristisch ist die grau-gelbe Masse von Triana
(Vorstadt von Sevilla), gelbrot erscheint die von
Valencia, ziegelrot die von Granada und Toledo,
während die von Niebla eine braunrote Färbung
bei gröberer Mengung zeigt. Natürlich kann die
Bestimmung nur mit annähernder Sicherheit er-
folgen, weil die Farbe des Scherbens neben der
Natur des Materials auch durch den Grad der
Erhitzung beim Brande bedingt ist.
Unter diesen Töpferstädten steht Valencia mit
seiner Nachbarstadt Manisses in einem entschie-
denen Gegensätze zu Toledo, Triana und Niebla,
während über Granada verschiedene Entwicklungs-
wege dahingegangen sind. Von Malaga aus scheint
die Kobalt- und Lüstermalerei über Granada hin-
weg ins Königreich Valencia vorgedrungen zu
sein, während die übrigen Städte im Verein mit
Granada in der Anordnung farbiger Glasuren ihr
bestes geleistet haben. Die erstere Technik arbei-

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