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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 1.1910/​1911

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Schulz, Walter Philipp: Die islamische Malerei, [2]
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Arne, T. J.: Monumentale Menschendarstellungen in der mohammedanischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.69602#0140

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Monumentale Menschendarstellungen in der mohammedanischen Kunst.

buddhistischen Zeit anfing, sich zu hoher Kunst
zu entwickeln. Die Miniaturmalerei lebt noch
schlecht und recht fort in ihrer alten Technik;
in der Porträtierkunst auf Elfenbein bietet sie
manches Gute.
Wenn der islamischen Malerei bisher in Europa
ein ungerechtes Vorurteil entgegengebracht wurde,
so lag dies zuerst an dem Zweifel ihrer Existenz
überhaupt mit der irrtümlichen Annahme, sie
wäre vom Koran verboten, dann aber an der
Seltenheit ihrer Kunstwerke, die wie schon zur

Zeit ihrer Entstehung in den Händen einzelner
ihrer Kostbarkeit und Vergänglichkeit wegen stets
der Öffentlichkeit entzogen waren. Wohl kein
anderes Gebiet der mohammedanischen Kunst hat
in dem Maße wie die Malerei unter der gewöhn-
lichen Basarware des modernen, degenerierten
Orients leiden müssen, an ihrem Werte wurde
sie gemessen. Zu ihrem Studium aber soll man
Goethes Spruch in freier Übertragung beherzigen:
„Das Verständnis kann man nicht am Mittelgut
bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten.“

Monumentale Menschendarstellungen in der
mohammedanischen Kunst.

Von T. J. Arne-Stockholm.
Mit 7 Abbildungen im Text und auf 1 Tafel (XXIII).

fc^V^ekanntlich kommen Darstellungen von
Menschengestalten in der mittelalterlichen
B^WB mohammedanischen Kunst oftmals vor.
Man findet sie in gemalten Miniaturen, an Bronzen,
Silberarbeiten, Keramik und Elfenbein, an Holz-
schnitzereien, emaillierten Gläsern und Münzen.
Selten sind dagegen freistehende Skulpturen oder
in Stein skulptierte Relieffiguren. Die For-
schungen der letzten Jahre haben indessen er-
geben, daß es im 12. und 13. Jahrhundert eine
wirkliche skulpturale Schule gab, die ihre Wirk-
samkeit in den Städten der Türkenfürsten in
Kleinasien, Syrien und Mesopotamien ausübte1.
Zu den Erzeugnissen dieser Schule gehören
unzweifelhaft einige Figuren, die ich im Sommer
1907 während einer Reise, die mich zu der Stadt
Biredjik am Euphrat (Tafel XXIII, Abb. 3) führte,
die Gelegenheit zu sehen hatte. Leider habe ich da-
mals, hauptsächlich mit prähistorischen Forschun-
gen beschäftigt, mich dem Studium der islamiti-
schen Denkmäler nicht so widmen können, wie

1 Vgl. S. Sarre: Ein orientalisches Metallbecken
des XIII. Jahrhunderts im königlichen Museum
für Völkerkunde zu Berlin (Jahrbuch d. Kgl. preuß.
Kunstsammlungen), Berlin 1904; G. Migeon: Les arts
musulmans, Paris 1907; F. Martin: A history of orien-
tal carpets, Wien 1907.

es wünschenswert gewesen wäre. Trotz der Un-
vollständigkeit meiner Angaben, scheint es mir
doch bei dem Mangel an Material wichtig, daß
auch dieser Beitrag zum Verständnis mohammeda-
nischer Kunst veröffentlicht wird.
Was dem Reisenden zuerst in die Augen fällt,
wenn er sich über den Fluß übersetzen läßt, ist das
alte Schloß von Biredjik (Tafel XXIII, Abb. 1 u. 2).
Es liegt direkt am Euphrat, etwas unterhalb des
Platzes, wo der Strom eben aus einem engen Fels-
tale hervortretend, sich gegen Süden erweitert. Ein
Weg und eine Telegraphenleitung laufen längs
des Euphrats am Fuße der Festung. Diese liegt
auf einer steilen Anhöhe, einem Kreidefelsen,
dessen Seiten ursprünglich ganz mit behauenen
Steinen bekleidet waren. Zum Teil sind sie noch
vorhanden. Das Schloß ist sicher uralt, aber die
jetzigen Mauern dürften sämtlich aus dem Mittel-
alter stammen. Die Burg könnte wohl eine nähere
Untersuchung verdienen. Ritter (Die Erdkunde,
Teil X, Drittes Buch, S. 943 ff.) und Rey (Les
colonies franques de Syrie, Paris 1883) geben
einige Daten zur Geschichte des Schlosses und
sehr kurze Beschreibungen desselben. Am meisten
hat wohl der Hauptmann und spätere General-
feldmarschall H. von Moltke unsere Kenntnisse
über die Festung in Biredjik bereichert. In

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