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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 1.1910/​1911

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Lichtenberg, Reinhold von: Die antiken Baustile des Orients vom Standpunkte des Rassencharakters
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https://doi.org/10.11588/diglit.69602#0265

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Die antiken Baustile des Orients vom Standpunkte des
Rassencharakters.

Von Prof. Dr. R. Freiherrn v. Lichtenberg-Berlin.
Mit 6 Abbildungen im Text.

(S^Q^bwohl das Bedürfnis eine feste Wohn-
zu besitzen, wo man Schutz so-
wohl gegen die Witterung, als gegen
tierische oder menschliche Feinde findet, — ob-
wohl dieses Bedürfnis ein allen Menschen von
Anfang an gemeinsames ist, mögen sie sonst in
der Art der Lebensführung und allem Anderen
noch so grundverschieden sein, so hat sich die
Art des Wohnbaues doch nicht bei allen Völkern
gleich entwickelt, sondern sie hat überall so ganz
verschiedene Formen angenommen, daß selbst
der Laie, wenn er in fremde Länder kommt, die
Unterschiede zuerst und am stärksten empfindet.
Diese Unterschiede stammen aber nicht etwa
erst aus jüngster Zeit, aus den letzten Stufen der
architektonischen Entwickelung, sondern sind
bereits in den ersten Anfängen der Architektur
deutlich erkennbar und scharf ausgeprägt. Der
Ursachen für diese auffälligen Verschiedenheiten
gibt es mehrere. Sie beruhen einmal in der
psychologischen Veranlagung der einzelnen
Völker und der dadurch bedingten verschiedenen
Lebensweise, dann in dem Klima des betreffen-
den Landes und in dem Materiale, das von Natur
aus den Einwohnern zum Bauen geboten ist
und das in verschiedenen Ländern auch ein
recht verschiedenes ist. Alle diese Umstände
zusammen bewirkten, daß die Bauten der einzelnen
Völker und Länder so abwechslungsreich in die
Erscheinung treten, wobei ich auf die stilistische
Ausbildung des künstlerischen Schmuckes der
Architektur kein Gewicht lege; denn diese wechselt
auch bei demselben Volke im Laufe der Zeiten.
Der eigentliche Baugedanke blieb doch stets
der gleiche, wenn auch die äußere, rein künst-
lerische Ausgestaltung sich änderte. Das, worauf
es uns hier ankommt, ist der architektonische
Grundgedanke, wie er sich im Grundrisse und
in der Konstruktion kund gibt, und darin, in
wie weit die Konstruktion selbst zur Erzielung
ästhetischer Wirkung benützt wird.
Auszugehen haben wir zunächst vom Grund-

risse. In diesem spricht sich bereits deutlich
aus, ob die bauliche Anlage von einem Volke
stammt, das seit je sich von Ackerbau ernährte
und das eine fest ansässige Lebensweise führte,
oder von einem Volke, dessen Vorfahren, und
sei dies noch so lange her, als frei umher-
schweifende Nomaden lebten. Dieser Unterschied
der Lebensführung wurde nämlich von ein-
schneidendem Einflüsse auf die Lage des Haupt-
baues zum Hofe und der verschiedenen Teile
des Baues zu einander.
Die Wohnung eines nomadisierenden Volkes
muß rasch zu errichten und ebenso rasch wieder
abzubrechen sein. Darum erwählen und erwählten
Nomaden stets das Zelt als Behausung. Einige
leichte Stangen werden kreuzweise in die Erde
gesteckt, und die dadurch annähernd gekenn-
zeichnete Kegelform wird mit Lappen und Fellen
bedeckt. Fertig ist damit das Zelt, das bei
kurzem Aufenthalte zum Schutze gegen das
Wetter genügt, und ebenso rasch auch wieder
abgebrochen und in seinen einzelnen Teilen den
Lasttieren aufgebürdet werden kann.
In der allgemeinen Form dem Zelte ganz
ähnlich ist die Hütte. Auch sie zeigt in ihrer
einfachsten Gestalt die Kegelform, aber, da sie
zu längerem Aufenthalte dienen soll, besteht sie
aus ganz anderem Materiale. Des dauernden
Zweckes wegen verwendete man als Stützen
zum Teil stärkere Hölzer als die leichten Zelt-
stangen. Das Äußere wurde fest mit Reisiggeflecht
überzogen und sowohl zur Verstärkung, als um
Regen und Wind den Durchzug durch das Ge-
flecht zu verwehren, mit einer Lehmschicht bedeckt.
In den Zeltlagern verbietet es sich von selbst
im Innern des Zeltes Feuer zu machen, die
Speisen werden vor demselben unter freiem
Himmel gekocht. In den Resten steinzeitlicher
Hütten Europas und auch in Griechenland war da-
gegen die Feuerstelle in das Innere verlegt und
zwar auf zweierlei Art. Entweder es war in der
Mitte des Fußbodens eine Grube oder Mulde

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