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Grothe, Hugo [Oth.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 1.1910/​1911

DOI article:
Gurlitt, Cornelius: Die Bauten Adrianopels, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.69602#0093

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Orientalisches Archiv
I. Jahrgang, avavavavavavavavavavavavavavav Heft 2.

Die Bauten Adrianopels.
Von Cornelius Gurlitt-Dresden.
II.
Mit 21 teils ganzseitigen Abbildungen im Text und auf 4 Tafeln (XVI—XIX).

Bgvjine nicht minder eigenartige Moschee ist
wj»die Uetsch Scherifli Dschami (1438 bis
|W 1440) (Abb. 5—6 und Tafel XVI, Abb. 1—4),
bei der das System der quadratischen Felder durch
den Einbau einer Kuppel von 251/« m Spannweite
über sechseckigem Grundriß durchbrochen wurde.
Es ergeben sich dadurch in der Längsachse des
Baues zwei schwere sechseckige Pfeiler, über deren
dem Kuppelzentrum zugekehrten Seiten sich je ein
mächtiges sphärisches Pendentiv aufbaut. Die
interessante Raumwirkung stört auch hier die Aus-
malung aus dem 18. Jahrhundert. Vor die Moschee
legt sich ein sehr schöner Hof, der ausdrücklich
als der älteste, von den Türken erbaute bezeichnet
wird. Es ist dies eine Anordnung, die später
immer weitere Ausbildung erfuhr. Auf Säulen,
von denen die stärkeren der Moscheenseite in
Trommeln, die schwächeren der anderen Seiten
in Monoliten, beides wohl antike Reste, ausgeführt
sind, ruhen über Stalaktitenkapitälen die Spitz-
bogen. Reizvoll ist das Haupttor und der
Brunnen.
Die Moschee hat vier Minare von denen die
beiden östlichen erst dem 18. Jahrhundert an-
gehören dürften. Sie haben jene Form, die sich
in Konstantinopel, wie mir scheint, unter dem
Einfluß der dortigen antiken Ehrensäulen ent-
wickelte. Interessanter sind die westlichen Mi-
nare. Das nördliche von ihnen ist spiral gewun-
den, ähnlich seldschukischen Bauten sowie dem
der Imaret Dschami in Philippopel; das südliche
Minare ist mit weißen und blauen, einfarbigen,
im Zickzack angeordneten Fayenceplatten belegt,

so daß rhombische Felder zwischen den sich
berührenden Zacken entstehen. Die Austritte
(Scherife) und die Spitzen sind ebenfalls wohl erst
im 18. Jahrhundert, etwa nach einem Erdbeben,
erneuert worden. Das südwestliche Minare hat,
als ein Zeichen der besonderen Heiligkeit dieser
Moschee, drei Austritte: daher der Name der
Moschee, die als ein kirchlicher Mittelpunkt des
türkischen Islams geplant war und heute noch
schwer zugänglich ist.
* *
*
Die typische Grundform türkischer Moscheen
des 14.—15. und des beginnenden 16. Jahrhunderts
entsteht aus dem Aneinanderreihen zweier ge-
wölbter Säle von etwa gleicher Größe und dem An-
fügen von zwei seitlichen Beträumen; davor einer
Halle, eines Narthex. Diese Form, die wohl auf
seldschukische und darüber hinaus auf inner-
kleinasiatisch-byzantinische Anregungen zurück-
geht, hat Wilde für Brussa an der Muradije (um
1470), an der Bajesidije (um 1400), an der Jechil
Dschami (um 1420), an der Moschee Murads II.
(1447) u. a. Bauten dargestellt. In Konstan-
tinopel habe ich in meiner „Baukunst Konstan-
tinopels“ (Berlin, Ernst Wasmuth) verwandte Bauten
für die ersten Jahrzehnte nach der Eroberung
nachgewiesen (Daud Pascha-, Atik Ali Pascha-,
Murad Pascha Dschami u. a.); in Philippopel ge-
hört die Imaret Dschami in diese Reihe einer
eigenartig türkischen Baugestaltung; in Isnik die
Nile Ferhaddin Imaret Dschami; in Adrianopel die
Moscheen, die mir — wenn ich recht verstand —

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