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Grothe, Hugo [Oth.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 1.1910/​1911

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Haas, Hanns: Ein wenig bekannter buddhistischer Autor des alten China und sein Werk
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Kurth, Julius: Sharaku-Probleme: ein Kapitel zur Geschichte des japanischen Farbholzschnittes
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https://doi.org/10.11588/diglit.69602#0069

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Sharaku-Probleme.

damals von Gelehrten viel gelesen und fanden
großen Beifall. Kantaishi gab Antwort auf die
Frage nach dem Woher und Wohin des mensch-
lichen Daseins. Und die Leser nahmen als die
wahre Antwort auf diese Frage hin, was er als
solche darbot. Da es nun aber eben der Haupt-
gegner des Buddhismus war, der seine Ansicht
also ausgesprochen, richteten manche, wenn ihnen
gleich das rechte Verständnis der buddhistischen

Lehre abging, höhnende Angriffe gegen die von
der letzteren vertretene Anschauung. Dem
Buddhismus wurde von den Gebildeten hart
zugesetzt. Um nun zu zeigen, daß Kantaishis
Anschauung vom Ursprung des Menschen dem
großen Problem durchaus nicht auf den Grund geht,
machte sich der Verfasser [Shü-mitsu] an die Be-
handlung desselben Themas und gab also auch
seinerSchrift denTitelGenninron[=Yuen-zan-lun].“

Sharaku-Probleme.
Ein Kapitel zur Geschichte des japanischen Farbholzschnittes.
Von Julius Kurth-Berlin.

Mit 6 Abbildungen
>e Geringschätzung, mit der das neuge-
schaffene Japan auf die sittliche Versump-
MlsWq fiing der Tokugawa-Epoche herabblickte,
hat keins ihrer Erzeugnisse so hart und so un-
gerecht getroffen wie den Meisterholzschnitt.
Obwohl zur Zeit seiner höchsten Blüte im 18. Jahr-
hundert seine Kunst durchaus ernst genommen
und der zeitgenössischen Malerei, besonders der
Ukiyoye-Schule, gleichgeachtet wurde, verdächtigte
man in der neuen Ära seine ästhetischen Werte;
obwohl seine Meister großenteils aus den besten
Kreisen stammten, ja eine ganze Reihe dem Adel
und dem Offiziersstande angehörte, versuchte
man nachträglich ihre soziale Stellung zu der
Klasse von Bohemiens oder gar zum Range der
verachteten Schauspielerkaste herabzudrücken.
Daß er Menschliches und allzu Menschliches dar-
gestellt und tatsächlich seine jetzt so verhaßte
Zeit widergespiegelt hatte, konnte man ihm nicht
vergessen, und daß schon in seiner Hauptepoche
wiederholt Regierungsedikte gegen bestimmte
Gruppen von Holzschnitten herausgegeben wur-
den, war nur Wasser auf die Mühle seiner Ver-
ächter. Nicht seinem Heimatlande gebührt der
Ruhm, ihn als Kunstfaktor entdeckt zu haben,
sondern dem Westen, besonders den feinsinnigen
Arbeiten Edmond de Goncourts.
Es dürfte wohl auch dem fanatischsten Nach-
beter chinesischer Kunstidole nicht beifallen, den
enormen ethnographischen und völkerpsychologi-

auf 1 Tafel (XIV).
sehen Wert der Holzschnitte zu leugnen. Ein
illustriertes Geschichtswerk über die Tokugawa-
zeit ist ohne Reproduktionen derselben gar nicht
denkbar. Daß in ihnen den chinesischen Traditionen
gegenüber ein rein japanischer Nationalismus
den höchsten Triumph feierte, ist schon
intensiverer Kennerschaft vorbehalten. Immerhin
bleibt auffallend, daß die ältesten europäischen
Sammler weder durch das eine noch durch das
andere, sondern tatsächlich durch die Schön-
heit der Kunst gereizt worden sind, jene eigen-
artigen Blätter aufzuspeichern.
Den Japanern war das zunächst unverständ-
lich. Ihr nationales Empfinden blickte auch
in der Kunst auf Zeiten zurück, in denen der
Mikado noch nicht von den gewaltigen Reichs-
marschällen, den Shogunen, in den Dämmer-
grund mystischer Halbgöttlichkeit zurückge-
drängt und zur politischen Null gemacht worden
war. Erst Europa und Amerika haben ihren
Blick für den vernachlässigten Kunstzweig ge-
schärft, und urplötzlich schießen in Japan Bücher
und Zeitschriften aus der Erde, die ihm allein
gewidmet sind. Man könnte den Verdacht haben,
daß Geschäftsspekulation mit im Spiele sei, denn
die Preise der Holzschnitte sind in den letzten
fünfzehn Jahren ins Phantastische getrieben wor-
den. Das ist aber nicht der Fall, wie wir bald
zeigen werden. Schon das tüchtige fachmännische
Können jener Autoren, wenn es auch an deutsche

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