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Reiners, Heribert
Die Kunstdenkmäler Südbadens (Band 1): Das Münster Unserer Lieben Frau zu Konstanz — Konstanz: Thorbecke, 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.51169#0047

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Baugeschichte

Aber wenn nun mit dieser Aufdeckung eines teilweisen Abbruchs und einer Erwei-
terung Spuren von Lamberts Bautätigkeit gefunden sind, so wäre damit auch erwiesen,
daß die dargelegte Erweiterung der Krypta vor ihm geschah. Das hatte schon Reisser
angenommen und damit die bisherige stets wiederholte Zuschreibung der großen Er-
weiterung an B. Lambert abgelehnt. Doch ist seine Begründung, daß das „ampliavit“
des Chronisten zu bescheiden sei, um einen Bau zu bezeichnen, der grundrißmäßig den
ganzen Ostbau und einen großen Teil des Langhauses der heutigen Kirche umfaßt
haben müßte, nicht stichhaltig, da die mittelalterlichen Quellen bei Baunachrichten oft
ungewöhnlich kurz sind.
Reisser, der die dargelegten Ergebnisse meiner Bauuntersuchung am Stollengang, die
ich erst nach seinem Tode vornahm, nicht kannte, will die Erweiterung der Krypta
B. Konrad zuschreiben. Aber das ist unwahrscheinlich. Zwar hatte dieser die Zahl der
Kanoniker vermehrt, was ein Anlaß hätte sein können zur Erweiterung der Kathedrale.
Zudem war er der baulustigste aller Konstanzer Bischöfe, baute er doch in Konstanz
allein 3 Kirchen, dabei neben der Kathedrale die Mauritiuskapelle als eigene Stifts-
kirche. Auch war er ein Verehrer und Sammler der Reliquien, was der ungewöhnlich
großen Gestaltung und Anordnung des Heiligengrabes in der Krypta entsprechen
würde. Zwar schreiben schon Quellen des 15. Jh. ihm den großen Neubau der Kathe-
drale zu mit dem dreischiffigen Langhaus. Gleichwohl kommt B. Konrad für die dar-
gelegte große Erweiterung wohl nicht in Frage. Sonst hätte eine der beiden teilweise
sehr eingehenden Viten neben den andern Kirchen sicher den Umbau, der das Bild
der Kathedrale vollständig veränderte und der daher mehr als Konrads andere Kirchen-
bauten hervorgetreten wäre, wenigstens mit einem Worte erwähnt. Auch spricht die
von B. Konrad errichtete Mauritiusrotunde durch ihre in Material und Technik vom
Ostbau des Münsters bei der Außenmauer der Krypta völlig abweichende Mauerung
dagegen.
Von den Vorgängern des B. Lambert kommt vielleicht am ehesten für diese weitgehende Salomon III.
Umgestaltung der kunstbegeisterte B. Salomon III. in Frage, ein Freund König Kon-
rads L, der 890—919 den Stab des Konstanzer Kirchenfürsten neben dem Abtstab von
St. Gallen führte. Er war ebenso bedeutend als Staatsmann und Reichskanzler wie
als Kirchenfürst, der das Münster reich ausstattete mit einem wertvollen Hochaltar
und Lesepult, kostbarem Kruzifix und neben anderem einen goldenen Schrein für
die Reliquien des hl. Pelagius herstellen ließ, der damals neben der Gottesmutter
zum Patron der Kirche erhoben wurde, die seit jener Zeit als ecclesia s. Mariae et
Pelagii aufgeführt wird. Es würde durchaus der Bedeutung dieses Bischofs entsprechen,
dem man auch die Ummauerung der Bischofsburg zuschreibt und der außer auf die
Sicherung der Siedlung nicht weniger auf Glanz und Reichtum seiner Kathedrale be-
dacht war, daß er der Kirche auch im Äußern das entsprechend würdige Gewand
gegeben hätte. Wenn die St. Galier Quellen, die sonst teilweise ins Einzelne gehen, bei
ihren Berichten über B. Salomon nichts über seine Bautätigkeit in Konstanz berichten,
so könnte sich dies vielleicht daraus erklären, daß ihr ausschließliches Interesse nur
der Abtei galt.

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