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Reiners, Heribert
Die Kunstdenkmäler Südbadens (Band 1): Das Münster Unserer Lieben Frau zu Konstanz — Konstanz: Thorbecke, 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.51169#0069

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Baugeschichte

1446 war dieser luftige reich geschmückte Treppenturm fertig. Nach Claus Schulthaiß
war damals die „absyt im Munster gegen stouff sampt dem schneken ußgemacht“, dabei
auch der romanische Giebel bis zur Höhe des Schnegg abgebrochen und bei der Wöl-
bung des Thomaschores neu aufgeführt. Nach der gleichen Quelle wurde 1451 das
Nordschiff „die absyt im munster gegen Ölberg und die fenster bis an ains ussgemacht“,
während nach Murer 1446 „die absitten gegen den stauffen im Münster angefangen und
1453 vollendet sampt den fenstern biß an eines“. Nach dem Wappen im westlichen
Schlußstein des Nordschiffes des damaligen Bauleiters, Domherr Ulrich Truchseß von
Diessenhoffen, der 1447 starb, wird dieses Joch vor 1450 erstellt sein. Der Unter-
schied im Stil und künstlerischen Wert der Schlußsteine dieses Schiffs läßt einen Wechsel
der Meister vermuten.
Kurz zuvor „kam ain sölicher erdbidem das sich der vorder turn an dem münster er-
schütt“ (Dächer) und den ganzen Bau gefährdete. Da aber weder an den Türmen noch
sonst Beschädigungen oder Instandsetzungen nachzuweisen sind, ging das Unheil an-
scheinend ohne Schaden zu tun vorüber. Mit ungewöhnlichem Eifer förderte man nun
den Bau und seine Ausstattung und war darauf bedacht, auch das Außenbild in etwa
abzuschließen. 1449 wurde „die stege vor dem helmhuss uff dem undern hof“ gemacht,
wohl zum Haupteingang, und man brachte außen und innen bildlichen Schmuck an, ließ
1450 die Vorhalle des Südportales, das spätestens damals vollendet war, mit Malereien
versehen. Und wie reich man damals das Innere ausschmückte, zeigen die Malereien der
Margaretenkapelle, während man im Langhaus dem großen Christophorusbild im
Südschiff im Nordschiff 1470 ein Gegenstück gab. Auch sonst hören wir aus jenen
Jahren von plastischem und malerischem Schmuck des Inneren und Äußeren, von
Gittern und andern Ausstattungsstücken.
Um die Mitte des 15. Jh. wurde auch die untere Sakristei gewölbt, nicht erst 1490 Untere Sakristei
(Gröber), da die Kapitelle die gleichen Formen haben wie die des Südschiffs und des
Schnegg. Auch die Skulpturen der Schlußsteine weisen auf eine frühere Zeit, spätestens
das dritte Viertel des 15. Jh.
Die Bauperiode der namentlich bekannten Werkmeister Unserer Lieben Frauen
beginnt mit Vincenz Ensinger. Vielleicht hängt mit seiner Berufung der Abbruch Vincenz Ensinger
der alten Münsterhütte um 1450 zusammen und die Erstellung einer neuen Steinhütte
auf dem oberen Münsterhof. Vincenz Ensinger hatte bis zu seiner Berufung nach Kon-
stanz teilweise mit seinem Vater Matthaeus den Münsterbau in Bern geleitet und war
dort Mitglied des Großen Rates, als der er 1453 genannt wird. Da aber in Bern im
gleichen Jahre als Münster-Werkmeister SteffanHurder erscheint, muß um jene Zeit
Ensingei’ nach Konstanz berufen worden sein, spätestens vor 1459. Denn im Frühjahr
dieses Jahres unterzeichnete er als Teilnehmer an der Steinmetzentagung in Regensburg
als „Vincencie von Costanz“. 1464 wird er im Fabrikbuch des Basler Münsters als
„Vincentius Ensinger, magister operis vulgariter Werkmeister in Constantia“ genannt
(ZGO VII, 384).
Seine fruchtbare Tätigkeit durch 3 Jahrzehnte begann Vincenz Ensinger vielleicht mit
dem Umbau und der Wölbung des östlichen Kreuzgangflügels und der Anbauten: „der
köstlich wenker (Weinkeller), die schul und die librery darob“, deren Bau am Jakobs-

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