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Repertorium für Kunstwissenschaft — 4.1881

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Retrospective Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.62025#0154

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Retrospective Ausstellungen.

Ausstellung kunstgewerblicher Alterthümer zu Düsseldorf.
Mit der Düsseldorfer Gewerbe- und Kunstausstellung von 1880 war auch
eine »Ausstellung kunstgewerblicher Alterthümer« verbunden.
Ein malerisch an einem breiten Teich des zoologischen Gartens aufge.
führtes eigenes, leider nicht ganz regendichtes Bauwerk mit zahlreichen Giebeln
und steilen, buntgemusterten Dächern umschloss die Schätze der Vergangen-
heit. Die Faqade zeigte zu beiden Seiten des Eingangs je zwei stattliche, voll-
busige und hochgeschürzte gemalte Damen in gemalten Nischen, von denen
jede etwas Anderes über sich auszusagen wusste. Die eine behauptete: »ich baue
das Gezimmer« (ebenso glaubhaft hätte gelautet: ich zimmere das Gebäu), die
andere: »ich schaff das Geräth«, die dritte: »ich bild das Gefäss«, die vierte
endlich: »ich web das Gewand«. Durch die Eingangshalle gelangte man in
einen nicht sehr weiten, aber hohen, achteckigen Raum, an dessen unten
offene Seiten verschiedene Ausbauten strahlenförmig sich ansetzten. Diese
Nebenräume hatten einen eigenen Zweck. Sie sollten nemlich Spiegelbilder
von fünf Gulturepochen — der romanischen, gothischen, Renaissance-, Barock-
und Rococozeit abgeben.
Die Räumlichkeit der romanischen Epoche war eine Nachbildung der
östlichen Hälfte der im rheinischen Uebergangsstil erbauten Deutschordenscapelle
von Ramersdorf (die jetzt auf den Kirchhof zu Bonn übertragen ist), die vier
andern Räumlichkeiten glichen sich so ziemlich in den Höhen- und Weiten-
verhältnissen. An die sechste und siebente Seite des Oktogons lehnten sich
zwei niederere Räume für das Prähistorische und Römische an, während die achte
gegen die ebenfalls niedere Eingangshalle sich öffnete. Der grosse Mittelraum
des Gentralbaus war für das Gros der Ausstellung mit seinen Glasschränken
verschiedener Art bestimmt.
Man kann es als keinen unglücklichen Gedanken bezeichnen, die Haupt-
kunstepochen unserer Vergangenheit in einheitlichen Gesammtbildern vorführen
zu wollen. Dass man für die romanische Epoche, aus welcher wir so wenig
Weltliches mehr besitzen, eine Kapelle wählte, wird man ebenso gut heissen
müssen, als die Wahl eines »Patricierwohnraums« für die Gothik, einer »Herren-
stube« für die Renaissance, eines fürstlichen Salons für die Barockzeit, eines
Empfangzimmers für die Rococozeit. Aber der Arrangeur denkt und der Aus-
steller lenkt. Die nöthigen Ausstattungsgegenstände liefen in sehr ungleichen
Mengen ein und so kam es, dass die Kapelle und Herrenstube etwas sehr voll-
gepfropft aussahen, während Gothik und Rococo ein wenig mager sich dar-
stellten. Der Barocksalon machte den glaubwürdigsten und harmonischesten
 
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