Repertorium für Kunstwissenschaft (4.1881)

Urkundliche Beiträge zur Biographie des Bildhauers
Paolo di Mariano.
Von A. Bertolotti.
Gregorovius schrieb: »Am Ende des XIV. und am Anfänge des XV. Jahr-
hunderts bemerkten wir nur ein einziges römisches Talent von Auszeichnung,
Paolo Ptomano. Aber das Leben dieses Bildhauers und seiner angeblichen
Schüler Giancristoforo von Rom, Niccolo della Guardia und Pietro Paoli von
Todi ist dunkel« *).
Vasari war der erste, der über das Leben des Paolo Romano schrieb * 2),
da dies aber erst ein Jahrhundert nach dem Tode des Bildhauers geschah,
so sind die Nachrichten die er bringt sehr spärlich und diese wurden von
den Commentatoren des Aretiner’s auch weder vermehrt noch durch urkund-
liche Zeugnisse erhärtet. So blieb es durch Jahrhunderte, man klagte über
den Mangel an Nachrichten über das Leben dieses Künstlers, dachte aber
nicht daran, demselben durch geduldige archivalische Forschung abzuhelfen.
Erst vor wenigen Jahren vermochte E. Müntz mit Hilfe einiger Documente,
welche ich als Archivar des römischen Staatsarchivs ihm zur Verfügung stellte,
und durch seine daran geknüpften scharfsinnigen Schlussfolgerungen etwas mehr
Licht in das Leben dieses Künstlers zu bringen 3). In aherneuester Zeit nun
gelang es mir, einige für das Leben des Paolo Romano überaus wichtige Docu-
mente, und zwar das Testament und zwei Godicille des Künstlers aufzufinden.
Mit Hilfe dieser Documente, dann mehrerer Auszüge aus bisher unbe-
kannten Notariatsacten und Rechnungsbüchern des päpstlichen Haushaltes bin
ich endlich im Stande, die Lücken von Paolo’s Biographie bei Vasari auszufüllen,
zunächst den wahren Namen Paolo’s, dann das Jahr seines Todes, die Reihe

D S. Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter. 3. Aufl. VII.
S. 645.
2) Vasari (ed. Milanesi), Vite de piü eccellenti pittori, scultori e architetti.
Tom. II. pag. 647.
3) E. Müntz, Les arts a la Cours des Papes. Tom. I. II.