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Repertorium für Kunstwissenschaft — 4.1881

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Dehio, Georg: Zur Geschichte der Buchstabenreform in der Renaissance: Dürer, Pacioli, Lionardo
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https://doi.org/10.11588/diglit.62025#0347

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Zur Geschichte der Buchstabenreform in der Renaissance.
Dürer — Pacioli — Lionardo.
Es ist bekanntlich das Zeitalter der Renaissance, das uns — ein
Seitenstück im Kleinen zu so vielen grossen auf halbem Wege erlahmten
Reformbestrebungen und den daraus zurückbleibenden Spaltungen im
geistigen Leben — die fatale Doppelwährung im Bereiche der Schrift-
zeichen hinterlassen hat, die wir Deutschen, scheint es, sobald noch
nicht überwunden haben werden. Wie es unter den Zeichen der
Zeit kein solches ist, auf das wir stolz sein dürften, dass unser
viellesendes Geschlecht in dem alten Processe zwischen »deutscher«
und »lateinischer« Schrift gerade für die Schönheitsfrage am wenigsten
Theilnahme zeigt: so war es ganz echt aus der Gesinnung der
Renaissance gedacht, dass damals die erlesensten Geister, Vertreter
der Alterthumswissenschaft, der bildenden Kunst, der Mathematik, ihre
Bemühungen vereinigten als zu einer grossen und würdigen Aufgabe:
— die Gestalt der Buchstaben so zu reformiren, dass sie nach jeder
der genannten Richtungen für vollkommen gelten mussten. — Ein
bislang unbeachtet gebliebenes Denkmal dieser Bestrebungen fand
ich in einem Manuscripte der Münchener Elof- und Staatsbibliothek,
cod. lat. 451 4°.
Es ist gleich ein willkommener Umstand, dass wir die Persön-
lichkeit, wo nicht des Verfassers, so doch des Schreibers, feststellen
können. Herr Bibliothekssecretär Dr. Wilhelm Meyer erkannte in den
sauberen Schriftzügen die Hand eines in der Geschichte des deutschen
Humanismus und neuerlich auch in der kunstgeschichtlichen Forschung
öfters genannten Mannes, des Nürnberger Stadtphysikus Hartmann
Schedel1); nach Ablösung des später eingeklebten Schmutzblattes kam
auf der Innenseite des Deckels überdies sein Name zum Vorschein.
1) Äusser dem, was 0. Jahn, M. Thausing u. a. über ihn mitgetheilt haben,
vgl. W. Wattenbach in den »Forschungen zur Deutschen Geschichte« XI. 351—74.
 
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