Bartholomäus Zeitblom und die Flügelgemälde
zu Grossgmain.
Von G. Dahlke.
Durch den Bilderschatz seiner Kirche und die malerische Lage in
der Nähe des sagenreichen Untersberges hat das Dorf Grossgmain bei
Reichenhall schon seit Jahrhunderten Pilger und Freunde des Schönen
angezogen. Zwar sind die Formen der romanischen Kirche von 1076
und des gothiscben Altarschmucks mehrfachen Aenderungen zum Opfer
gefallen und mit dem Glauben des Volks an den Ursprung der Madonnen-
statue aus Bischof Thiemo’s Werkstatt steht die Beschaffenheit dieses
Steingebildes in unlösbarem Widerspruch; aber werthvolle Bilderfrag-
mente an den Wänden fesseln durch eigenartigen Kunstcharakter und
Verschiedenheit des Inhalts fort und fort den Blick: neben den ernsten
Einzelgestalten des Salvator mundi und der Mater Dei, deren bleiche
Züge das Gepräge der Salzburger Schule tragen, erscheinen die Gruppen
der heiligen Familie und der Apostel als Spiegelbilder provinzieller
Eigenthümlichkeiten aufmerksamer Beachtung werth.
Vier Tafeln, jede von 1,50 M. Höhe zu 1 M. Breite, bilden die
Ueberreste des frühem Hochaltars und den Hauptschmuck der gegen-
wärtigen Kirche, obwohl sie durch Verwahrlosung, nachlässige Restau-
rirung und Wurmfrass arge Beschädigungen erlitten und die Malereien
der Aussenseite nahezu verloren haben. Auf den Temperagemälden
der Innenflächen ist durch Uebermalung mit Oel wohl hier und da die
Draperie, aber nicht die Zeichnung der Gesichter, nicht der Ausdruck
in den Köpfen verwischt, und die »Opferung im Tempel« mit der
Doppelinschrift der Gesetzestafeln und der Jahreszahl 1499 unter dem
lateinischen Texte gibt durch Anklänge an die schwäbische Schule der
Frage nach ihrem Ursprung um so grösseres Interesse, als weder
Monogramm noch Namenszug die Spur des Künstlers verräth.
IV 23
zu Grossgmain.
Von G. Dahlke.
Durch den Bilderschatz seiner Kirche und die malerische Lage in
der Nähe des sagenreichen Untersberges hat das Dorf Grossgmain bei
Reichenhall schon seit Jahrhunderten Pilger und Freunde des Schönen
angezogen. Zwar sind die Formen der romanischen Kirche von 1076
und des gothiscben Altarschmucks mehrfachen Aenderungen zum Opfer
gefallen und mit dem Glauben des Volks an den Ursprung der Madonnen-
statue aus Bischof Thiemo’s Werkstatt steht die Beschaffenheit dieses
Steingebildes in unlösbarem Widerspruch; aber werthvolle Bilderfrag-
mente an den Wänden fesseln durch eigenartigen Kunstcharakter und
Verschiedenheit des Inhalts fort und fort den Blick: neben den ernsten
Einzelgestalten des Salvator mundi und der Mater Dei, deren bleiche
Züge das Gepräge der Salzburger Schule tragen, erscheinen die Gruppen
der heiligen Familie und der Apostel als Spiegelbilder provinzieller
Eigenthümlichkeiten aufmerksamer Beachtung werth.
Vier Tafeln, jede von 1,50 M. Höhe zu 1 M. Breite, bilden die
Ueberreste des frühem Hochaltars und den Hauptschmuck der gegen-
wärtigen Kirche, obwohl sie durch Verwahrlosung, nachlässige Restau-
rirung und Wurmfrass arge Beschädigungen erlitten und die Malereien
der Aussenseite nahezu verloren haben. Auf den Temperagemälden
der Innenflächen ist durch Uebermalung mit Oel wohl hier und da die
Draperie, aber nicht die Zeichnung der Gesichter, nicht der Ausdruck
in den Köpfen verwischt, und die »Opferung im Tempel« mit der
Doppelinschrift der Gesetzestafeln und der Jahreszahl 1499 unter dem
lateinischen Texte gibt durch Anklänge an die schwäbische Schule der
Frage nach ihrem Ursprung um so grösseres Interesse, als weder
Monogramm noch Namenszug die Spur des Künstlers verräth.
IV 23