Bartholomäus Zeitblom und die Flügelgemälde zu Grossgmain.
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klang mit Hassler — die Temperamalereien auf der Rückseite des
Schreins dem Pinsel Zeitbloms zuerkennen möchte, indess nach Baurs
Erläuterungen die Darstellungen auf der Hinterseite einem spätem
Zeitraum angehören, die Passionsscenen der Aussenflügel von einem
Schüler Barthels stammen, die Evangelisten- und Heiligenfiguren an der
Predella als Arbeit Jakob Ackers gelten4). Allein wenn die hagern
Formen und dünnen Glieder verschiedener Figuren von befangener
Haltung in Wirklichkeit die Hülfeleistung von Schülerhänden bezeugen,
hat doch der Meister selber Typus und Ausdruck vieler Köpfe ausge-
prägt, in Draperie und Gruppirung Spuren seiner Arbeit zurückgelassen.
Fast unbeachtet ist die Tafel einer astronomischen Uhr im Dormitorium
des Klosters geblieben, deren beschädigte Bemalung als Seitenverzierung
des Thierkreises in den untern Ecken die Figuren von zwei Astronomen
mit Sextant und Erdkugel, in den obern ein Paar Brustbilder zeigt,
deren linkes mit dem Spruchband Jesaias 38,8. für das Selbstportrait
Barthel Zeitbloms ausgegeben wird.
Auf die Kunstübung des Meisters in Blaubeuren, wo seine Thätig-
keit durch den Tod des Abtes Fahri vielleicht vor der Vollendung des
Hochaltars eine Unterbrechung erlitt, folgte die Herstellung eines Altars
für die Pfarrkirche zu Eschach in der Grafschaft Limpurg, der jetzt
im Staatsmuseuni Raum gefunden hat, und aus den Jahren 1495 oder
1496 — nach Schnaase 1490—95 — stammt. Für die ungleiche Aus-
führung der Staffelfiguren — mangelhafte Gestaltung der Glieder bei
gelungener Durchbildung der Köpfe —, welche auf die Mitwirkung von
Gesellen schliessen lässt, entschädigt die einheitliche Gomposition der
Flügelbilder, deren lebensgrosse Gestalten Johannes des Täufers und
Evangelisten vor einem goldenen Teppich, mit den Scenen der Ver-
kündigung und Heimsuchung in architektonischer Umrahmung, Innig-
keit und Reinheit der Empfindung, Gefühl für die Körperformen und
die Natur des Gewandstoffs offenbaren —, entschädigt die rückseitige
Staffelbemalung —- im Berliner Museum — : das würdig aufgefasste,
edel durchgeführte Schweisstuch der Veronica.
»Eine Perle altdeutscher Kunst« nennt Professor Haakh das be-
glaubigte, durch die Veröffentlichung des Ulmer Alterthumsvereins
bekannte Altarwerk vom Heerberg, das unbestritten als Zierde des
vaterländischen Museums gilt. Auf den äussern Flügelseiten die Ver-
kündigung, innen die Geburt Jesu und Darstellung im Tempel, an der
4) »Das Kloster zu Blaubeuren« von Carl Baur, Verlag der Mangold’schen
Buchhandlung 1877: — ein sorgfältig bearbeiteter, zuverlässiger, durch Holzschnitte,
Pläne und Bilderinschriften erläuterter Führer durch die Alterthümer der Stadt-
und Klosterkirche.
IV 24
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klang mit Hassler — die Temperamalereien auf der Rückseite des
Schreins dem Pinsel Zeitbloms zuerkennen möchte, indess nach Baurs
Erläuterungen die Darstellungen auf der Hinterseite einem spätem
Zeitraum angehören, die Passionsscenen der Aussenflügel von einem
Schüler Barthels stammen, die Evangelisten- und Heiligenfiguren an der
Predella als Arbeit Jakob Ackers gelten4). Allein wenn die hagern
Formen und dünnen Glieder verschiedener Figuren von befangener
Haltung in Wirklichkeit die Hülfeleistung von Schülerhänden bezeugen,
hat doch der Meister selber Typus und Ausdruck vieler Köpfe ausge-
prägt, in Draperie und Gruppirung Spuren seiner Arbeit zurückgelassen.
Fast unbeachtet ist die Tafel einer astronomischen Uhr im Dormitorium
des Klosters geblieben, deren beschädigte Bemalung als Seitenverzierung
des Thierkreises in den untern Ecken die Figuren von zwei Astronomen
mit Sextant und Erdkugel, in den obern ein Paar Brustbilder zeigt,
deren linkes mit dem Spruchband Jesaias 38,8. für das Selbstportrait
Barthel Zeitbloms ausgegeben wird.
Auf die Kunstübung des Meisters in Blaubeuren, wo seine Thätig-
keit durch den Tod des Abtes Fahri vielleicht vor der Vollendung des
Hochaltars eine Unterbrechung erlitt, folgte die Herstellung eines Altars
für die Pfarrkirche zu Eschach in der Grafschaft Limpurg, der jetzt
im Staatsmuseuni Raum gefunden hat, und aus den Jahren 1495 oder
1496 — nach Schnaase 1490—95 — stammt. Für die ungleiche Aus-
führung der Staffelfiguren — mangelhafte Gestaltung der Glieder bei
gelungener Durchbildung der Köpfe —, welche auf die Mitwirkung von
Gesellen schliessen lässt, entschädigt die einheitliche Gomposition der
Flügelbilder, deren lebensgrosse Gestalten Johannes des Täufers und
Evangelisten vor einem goldenen Teppich, mit den Scenen der Ver-
kündigung und Heimsuchung in architektonischer Umrahmung, Innig-
keit und Reinheit der Empfindung, Gefühl für die Körperformen und
die Natur des Gewandstoffs offenbaren —, entschädigt die rückseitige
Staffelbemalung —- im Berliner Museum — : das würdig aufgefasste,
edel durchgeführte Schweisstuch der Veronica.
»Eine Perle altdeutscher Kunst« nennt Professor Haakh das be-
glaubigte, durch die Veröffentlichung des Ulmer Alterthumsvereins
bekannte Altarwerk vom Heerberg, das unbestritten als Zierde des
vaterländischen Museums gilt. Auf den äussern Flügelseiten die Ver-
kündigung, innen die Geburt Jesu und Darstellung im Tempel, an der
4) »Das Kloster zu Blaubeuren« von Carl Baur, Verlag der Mangold’schen
Buchhandlung 1877: — ein sorgfältig bearbeiteter, zuverlässiger, durch Holzschnitte,
Pläne und Bilderinschriften erläuterter Führer durch die Alterthümer der Stadt-
und Klosterkirche.
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