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Repertorium für Kunstwissenschaft — 25.1902

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Bruck, Robert: Der Tractat des Meisters Antonio von Pisa über die Glasmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.61695#0257

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Der Tractat des Meisters Antonio von Pisa über die Glasmalerei. 243

„Um das Glas zu schneiden“, wird an erster Stelle das auch von
Theophil angewandte Mittel „Schmirgel und heisses Eisen“, das sogenannte
Riefel- oder Kröseleisen, das auch später Kunkel bei seinen Rubinglas-
arbeiten noch benutzte, vorgeschrieben. Dann aber empfiehlt Antonio da
Pisa als Schneidemittel den Diamant, den schwarzen Hyacinth, den Krystall,
den Beryll und das Magneteisen und zuletzt nochmals den Schmirgel, und
wenn Alles fehlen sollte, den Feuerstein. Ich habe in meiner Arbeit
über die elsässische Glasmalerei Seite 10 darauf hingewiesen, dass, ent-
gegen den bisherigen Ansichten, der Diamant, als Glasschneidemittel,
bereits vor dem XVI. Jahrhundert bekannt und in Gebrauch gewesen sein
musste, wofür wir nun in den Vorschriften des Tractates den urkundlichen
Beweis besitzen.
Unter den Mitteln zum Färben des Glases finden wir erwähnt, dass
Deutschland in einem Steine „Chafarone“(?) genannt, das beste Blau
lieferte. Wie sehr aber der Glasmacher von dem Feuer, das zu regeln
er nie ganz in seiner Gewalt hatte, abhängig war, zeigt die Mahnung zur
Vorsicht bei Herstellung von weissem Glas, bei dessen Zubereitung ein
Stein „aragavense“ (?) genannt, der aus Catalonia kam, hinzugesetzt wer-
den musste. Bei etwas zu starkem Feuer verwandelte sich leicht das
Weiss in eine Fleisch- oder Lackfarbe, worauf auch schon Theophil in
seinem Buche ausdrücklich aufmerksam macht. Auch die Vorschrift, um
grüne Farbe durch Aufmalen von Silbergelb auf blaues Glas zu erhalten,
ist erwähnt, und ferner, dass das rothe Ueberfangglas aus Deutschland
komme und es, wie der Tractat sagt, in Italien nicht bekannt sei, wie
man dieses herstelle.
Die von Antonio da Pisa beschriebene Aetztechnik beim Ueberfang-
glas ist mit der bei der Radirung des Kupferstiches üblichen sehr über-
einstimmend; das dabei nöthige Scheidewasser bezog man von den Gold-
schmieden.
In seinen allgemeinen Lehren über seine Kunst aber giebt der alte
Meister u. A. das wichtige Hauptgesetz der Zünfte, durch die sich die
Handwerker im Laufe der Zeit ihr Vertrauen und ihr Ansehen in den
Städten erwarben: „Wenn man Ehre von der Kunst haben will und die
Kunst gut ausführen will, muss man ansässig bleiben“; und wie stolz er
auf seine Kunstausübung ist, drücken die Worte aus: „Und veracht dich
nicht über die Kunst des Glases, welche dich gut ernährt, guten Profit
bringt und Nutzen und Ehre.“ —

Bei der im Folgenden gegebenen Uebersetzung des Tractates bin
ich bestrebt gewesen, mich möglichst genau an den Wortlaut und die
freilich sehr ungewandte Ausdrucksweise des trefflichen alten Meisters
zu halten. So auch bei den termini technici, die ich einige Male, da, wo
es an entsprechenden in der deutschen Terminologie fehlt, in ihrer ita-
lienischen Fassung wiedergeben musste.
 
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