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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 31.1921

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Heft 4
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Goetz, Oswald: Frankfurter Plastik-Austellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.26485#0163

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Abb. I: Madonna, westfälisch, um lZ00, Eichen-
holz, 10? LIU.


Frankfurter Plastik-Ausstellung.

im August eröffnete Ausstellung mittelalter-
^ licher Plastik aus Frankfurter Privatbesitz im Kunst-
^^^/verein zeitigt das Resultat einer bewußt starken
Sammeltätigkeit, deren äußerer Anlaß und dauernder
Wertmesser wohl die Plastiksammlung des Liebieghauses
war, zu deren tieferen Ursachen wir jedoch die geistigen
Strömungen im Kunstleben unserer Zeit rechnen müssen.
Die Antike hat heute etwas von ihrer scheinbar un-
erschütterlichen Stellung eingebüßt, und das antiqua-
rische Interesse hat sich einerseits auf die Äußerungen
fremder Kulturen, anderseits aus die Kunstwerke des
Mittelalters geworfen. Daß wir die Eroten imitieren,
ist im Grunde das Zeichen einer Geistesarmut und einer
femininen Dekadenz, denn da unsre Kultur mit der
Ägyptens und Ostasiens nichts gemeinsam hat, so können
die Erzeugnisse ihrer Kunst wohl im kleinen anregend und
auffrischend wirken, nicht aber wirklich den Mangel aus-

gleichen, dessen Ausdruck die Ziellosigkeit unsrer Kunst
ist. Doppelt sollten wir es deshalb begrüßen, wenn die
mittelalterliche Kunst in den Vordergrund des Interesses
rückt,sie, deren Verinnerlichung unsrer Sehnsucht adäquat
ist. Sollte wirklich etwas wie eine geistige Erneuerung
erstehen, so muß die Rückbeziehung auf das deutsche
Mittelalter weitaus fruchtbarer sich gestalten als die Be-
ziehung auf andere Kulturen, zumal jene unser geistiges
Eigentum ist, und die sichtbaren Fäden sich durch Barock
und Romantik bis in die moderne Kunst binziehen.
Der Katalog der Ausstellung enthält neben vorzüg-
lichem Bildmaterial eine kurze Einleitung über den
historischen Zusammenhang der ausgestellten Plastiken.
Sieht man von dieser wissenschaftlichen Grundlage ab,
so bleibt es dem Beschauer vollkommen überlassen, ästhe-
tisch oder historisch vorzugehen. Obgleich die Ausstellung
keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, auch nicht


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