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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 16.1925

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4. Heft
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Blümner, Rudolf: Aus unserer Korrespondenz: Sturm-Ausstellung in Dresden
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gänzlich willkürliche und sinnlose Zerstücke-
lung einer von uns mit Mühe, Ueberlegung
und Sorgfalt zusammengestellten und um-
fassenden Kollektion die Ausstellung von An-
fang an ruiniert hatten. Durch diese Zer-
stückelung war sie bereits vernichtet. Aber
damit haben Sie sich nicht begnügt. Sie haben
außerdem die Bilder in einer Weise zur Aus-
stellung gebracht, die jedem Kunstsinn und
jedem Kunstgeschmack ins Gesicht schlägt.
Ich habe bei meiner Anwesenheit in Ihren
Ausstellungsräumen den Ausdruck meiner
Empörung und Entrüstung über diese Art,
Bilder zu hängen, nicht zurückgehalten. Ich
muß Ihnen diese Wahrheit sagen, daß das,
was ich gesehen habe, selbst meine schlimm-
sten Befürchtungen überstiegen hat. Daß Sie
imstande wären, Bilder nach künstlerischen
Grundsätzen zu hängen, gegen die Sie von
vorn herein eingestandenermaßen das üb-
liche Vorurteil der Kunstfeinde hatten, da-
von war ich, ebenfalls von vornherein, über-
zeugt, Aber daß Sie es fertigbringen sollten,
die bilder in einem solchen tollen Durchein-
ander, wie ich es erblickt habe, an die Wände
zu hängen, das hatte ich doch nicht für
menschenmöglich gehalten. Wenn jemand
darüber gegrübelt hätte, wie er die Bilder
aufhängen könnte, um zu versuchen, sie ad
absurdum zu führen, er hätte es nicht anders
machen können. Die Zusammenstellung der
Bilder, wie Sie sie vorgenommen haben, war
wirklich ein grauenvoller Anblick. Ich habe
nicht zwei Bilder gefunden, die in richtigem
Maß und Sinn zueinander hängen, Selbst von
dem primitiven Grundsatz, daß man die
Graphik von den Gemälden trennt, scheinen
Sie nichts zu wissen, oder sie hatten die son-
derbare Idee, daß in der Zusammenstellung
einer feinlinigen Zeichnung mit einem bunten
Oelgemälde ein besonderer Reiz liege.
Welche Idee ferner, rechts und links von
einem Gemälde von Rudolf Bauer zwei Bilder
von Charchoune zu hängen, die zueinander
passen wie die Faust aufs Auge, Nicht ein
Bild hängt an einer richtigen Stelle, nicht eins
hängt so, daß es sich zum nächsten schickt.
Es ist ein Durcheinander und ein Mangel an
Geschmack, der heutzutage wahrhaftig sei-
nesgleichen suchen muß. Wir waren voll-
kommen im Recht, als wir so sehr darauf
drangen, das Hängen selbst zu besorgen. Und

wenn Sie behaupten wollen, daß die Bilder,
so wie ich sie angetroffen habe, gut gehängt
waren, um so schlimmer! Welches aber auch
die Gründe für diese Hängeweise, die mich
mit Wut und Entsetzen erfüllte, gewesen sein
mögen, so muß ich Ihnen den Vorwurf
machen, daß Sie durch Ihr eigenmächtiges
Verhalten die Ausstellung von vornherein
zerstört und uns sowie die Künstler des
Sturm auf das schwerste geschädigt, den
Künstlern auch eine erhebliche Beleidigung
haben zuteil werden lassen.
Dem Vorschlag einer Ihrer Angestellten, die
Ausstellung heute, Montag, zu entfernen,
habe ich wahrhaftig nicht widersprechen
können. Es ist besser, gar nicht auszustellen,
als die besten Bilder in solcher verhöhnenden
Weise zusammenzustellen. Ich erwarte von
Ihnen nicht die geringste Rechtfertigung, da
es gar keine Entschuldigung für Sie gibt. So-
wohl wir wie auch Herr Kesting haben Ihnen
unsere Hilfe angeboten, da wir von vorn-
herein an Ihrer Fähigkeit, Bilder zu hängen,
zweifelten. Ein anerkennenswerter Grund,
es abzulehnen, lag für Sie nicht vor, Sie
müssen also andere Gründe gehabt haben.
Es versteht sich von selbst, daß wir alle
unsere Künstler davon benachrichtigen, in
welcher Weise Sie sich erlaubt haben, sich
zum unberufenen Richter ihrer Arbeiten und
gleichzeitig zu ihrem Schädiger zu machen.
Ob wir juristisch ein Recht haben, die Aus-
stellung zurückzuziehen, will ich nicht unter-
suchen. Es ist auch wohl überflüssig, da es
vermutlich Ihrem Wunsche entspricht, von
einer Ausstellung befreit zu werden, die
Ihnen von Anfang an unbequem war.
Hochachtungsvoll
Dr, Rudolf Blümner

Inhalt:
William Wauer: Das entdeckte Gehirn . • , . 49
Otto Nebel: Linoleumschnitt.53
Fritz Entelmann: Hellrot.54
Otto Nebel: Linoleumschnitt.55
Otto Nebel: Razzia im Schemenviertel.56
G, den Decker: Linoleumschnitt. , 59
Herwarth Walden: Bildung und Kunst.61
Rudolf Blümner: Aus unserer Korrespondenz , . 63
Adolf Loos: Hotel zu Nizza (Beilage)
Adolf Loos: Architektonischer Grundriß (Beilage)

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