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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 16.1925

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10. Heft
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Arp, Hans: Weisst du schwarzt du
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Walden, Herwarth: Gespräche in Berlin bei Nacht
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Ring, Thomas: Riesin Weltstärke
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https://doi.org/10.11588/diglit.47215#0200

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und setzt jedem vogel futter vor
ein fingerhut der päpstin johannin
und ihres zerblickten krickleins
das ist die große mogolei
das mündliche gerät nimmt nicht notiz von
dem verplapp
vermummte muhmenwörter stehen ihm Spalier
es bändigt ein es bändigt zwölf
es händigt zwei es händigt vier
mit den großen daumen und kleinen zehen
mit herabgelassenen rolläden
wie der brei um die heißen katzen
streicht es seine linie so so
streicht er seinen strich lala
er wendigt aus es wendigt in
mit einem rechten äuge links
und einem linken äuge rechts
und steht der knochenkokotte nur in den
pausen zur Verfügung
so gibt ein wort das andere
schiebt das riegelfleisch zurück
schnallt den bimsteinorden ab
grüßt mit dem frohnhut das Stelldichein
und trägt den tod im ranzen fort
es bändigt ein es bändigt zwölf
es händigt zwei es händigt vier
mit sordiniertem stimmband
und stündlich einer stunde ellenbein und
schienenbogen an der schnür
ist die monduhr abgelaufen
so rollt der elbende ballast heraus
kommandiert rührt euch
und löscht den lichterast
Hans Arp

Gespräche in Berlin bei Nacht
Herzen verwelken auf trockenem Asphalt.
Sie müssen nicht glauben, daß ich mit jedem
\ mitgehe. Meine Tante ist vom Uradel. Sie
können sich erkundigen, ich werde Ihnen die
Adresse geben.
Meine Frau hat gleich gesagt, daß die Ostsee
teuer ist. Sie muß zehn Mark für den Tag
zahlen und ein halbes Pfund Aufschnitt dazu

kaufen. Dafür sind aber in Zingst nur
schwarzweißrote Badeanzüge gestattet. Es
macht sich, es macht sich. Bald haben wir die
guten Zeiten wieder.
Ich bin eine alte Frau, junger Herr, und habe
mein ganzes Leben lang den Berliner Lokal-
anzeiger verkauft. Recht muß Recht bleiben.
Lesen Sie mal heute das Geständnis vom Poli-
zeipräsidenten. Die Sozis haben uns armes
Volk ruiniert. Aber wir werden es ihnen
schon geben, wenn wir wieder am Ruder sind.
Sehen Sie, wenn Stinnes nur Devisen gekauft
hätte, wäre ihm das nicht passiert. Man soll
nichts unternehmen, man soll nur unternehmen
lassen.
Und ich sage Ihnen, Herr Kollege, ich sage
nur: ceterum censeo: man soll nicht auf die
Gefängnisärzte schimpfen. Wovon sollen die
Kollegen leben, wenn sie nur Dienst tun? Und
der Professor Lewin hätte sich etwas kolle-
gialer verhalten sollen.
Thomas Mann hat den langen Atem. Man
kommt wenigstens auf seine Kosten. Diese
Kurzschreiberei müßte als Wucher bestraft
werden. Schließlich ist doch unsereins nicht
dazu da, für die Herren Dichter zu denken.
Man hat in diesen Zeiten andere Sorgen.
Es waren ganz überflüssige Kosten, die
Schilder für die Budapester Straße zu erneu-
ern. Das weiß doch nun nachgerade jedes
Kind, daß sie Friedrich Ebert-Straße heißt.
Der Impressionismus soll wieder modern sein.
Ich habe meinen Liebermann doch zu früh
verkauft. Kunst ist ein faules Geschäft.
Herwarth Walden

i


Riesin Weltstärke
Es war eine Reckin, die spielte geprallte Kraft
auf den Golfplätzen ihrer Meerbusen. Das
Heldenmaß ihrer Schrittlängen war so über-
menschlich, daß sie die männlichsten Klub-
sesselschultern an die Wand drückte. Wenn
sie ging, sprang vom herrischen Profil ihrer
Nase ein blitzender Blick rasch über die Un-
tergrundgeleise ihres Schoßes und im Bogen
nach hinten die Fahnenstange hinauf, um von
der Spitze die Hausflagge eines Kaiserschlos-
ses in die Gegend zu hissen. Dies „Wir“ des
Blickhäuptlings klappte jeden Mann zum

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