läßt du sich selbst erdrosseln. Ja, selbst er-
drosseln. Siehe, du senkst Gift in die Kreise
ihrer Seele, du wandelst ihre Stirn zu einem
Gefäß voll Unrat. Sie werden Literaten und
was sie schreiben, zeugt von ihrer Selbstzer-
störung.
Ich preise dich, großer Feuergott. Die du
schlägst, schlägst du ganz. Siehe, du schlägst
sie nicht nur mit Blindheit und mit dem Fluch,
Flachheiten zu schreiben. Du tränkst sie mit
Bösartigkeit und Hinterlist. Denn es ist eine
bösartige Unwahrheit, wenn Herr Dr. Adolf
Behne eine Statistik über die Zeitschriften
der jungen Generation in den europäischen
Ländern aufstellt und dabei nicht nur ver-
schweigt, daß die Künstler dieser jungen
europäischen Generation zum größten Teil
ihre Arbeiten im Sturm veröffentlichten und
veröffentlichen, sondern noch die Stirn hat,
zu schreiben: „Ein Organ des Kunstschaffens,
das mit gleicher Intensität wie die besten
dieser genannten Zeitschriften arbeitete, be-
sitzen wir in Deutschland leider nicht. Der
Sturm pflegt die Süßigkeit der Gartenlaube.
So Lothar Schreyer."
Eine Unwahrheit und gänzliche Verlorenheit
des künstlerischen Urteils. Wie hast du
Diesen gestraft, daß er ohne Scham sich an
der Kunst vergreift. Wie brandmarkst du ihn
nun mit dem Fluch der Lächerlichkeit. Ge-
nug! Nur einmal noch flammen ihm die Sturm-
rhythmen ins Blut. Einmal noch dröhnen ihm
die Sturmtrompeten ins Ohr. Den Puls der
jungen Generation der Erde. Hämmere ihm
Marschbefreiung, Zucht, Ordnung, Klarheit
der Sprache entgegen. Wahrheit! Einmal
noch. Dann laß ab.
Denn er erdrosselte sich selbst.
Kurt Liebmann
Magifche Synthefe
Der Neffe Adolf verhält sich zum AffenNedolf
wie der Ahne Bedolf zum Adolf Behne. Ge-
lingt es einem politisierenden Professor, diese
Gleichung mit drei Unbekannten so zu lösen,
daß dabei etwas Bekanntes nach links heraus-
springt, so hat die Intensität der Zukunft einen
alten Bekannten in die nullte Potenz erhoben.
Aus der wissenschaftlich beglaubigten Formel
Null hoch Null gleich Eins
beweist sich rein mathematisch, daß es den
vorlauten Funktionären des absoluten Di-
lettantismus nimmer gelingen wird, die irre-
geführten Völker der ver europäisierten
Zonen unter jene wünschenswerte und erfor-
derliche paneuropäische HUT zu bringen, so-
lange die internationale Geistigkeit auf
solche platten Behne gestellt ist. Die Völker
der Erde sollten geschlossen und gemeinsam
auf der Hut bleiben gegen die potenzierten
Nullen, denen eine pfiffige Einerschaft leider
noch immer erlaubt, sich hier und da und
dada gelegentlich mit der ungeistigen Feder
etwas Völkerentzweiendes zusammenzu-
kratzen, das wie radikaler Bolschewismus
aussehen möchte.
Eine Gegend, in der die Tintenhyänen ihren
Opfern mit der Lüge und der Fälschung vor-
angehen, ist zwar reif für die Vernichtung,
aber nicht reif für die Bruderschaft in der Er-
leuchtung, Da kann die Wohlfahrt nicht zum
Wohle fahren, wo den Genossen unserer
Schmach eingebläut und vorgelogen wird, der
Künstler sei ein Reaktionär, der ein Wölken-
kuckucksheim zu einer Hindenburg mit Not-
ausgang und Still-Leben bis zum Wecken aus-
zubauen trachtet. Die Behne und die anderen
Extremitäten der extremen Opposition gegen
die Evolution sind Volksverführer, mit denen
kein Revolutionär Erbarmen haben wird,
wenn sie in der Nähe der Rüste-Wüste eines
schönen Tages ihre eigenen Tralalaas bis zum
großen Kotzen laut und deutlich vorsingen
werden. Das walte Paneuropa.
Otto Nebel
Offener Brief an Herrn
Dr. Behne
Berlin, den 25. April 1925
Sehr geehrter Herr Doktor!
Sie zwingen mich ein zweites Mal, mich mit
Ihnen auseinanderzusetzen. Das erste Mal
sind Sie mir entwischt. Das war damals, als
Sie vor einem Laienpublikum in einem Vor-
trage soviel unbewußte Torheiten über Kunst
aussprachen, daß ich eingreifen mußte.
Mitten während meiner kurzen Gegenrede
erhoben Sie sich plötzlich und bemerkten,
daß Sie das Ende der Debatte nicht abwarten
könnten, weil Sie „fortmüßten". Nach einigen
Minuten verließen Sie dann auch das er-
staunte Publikum und erklärten nochmals im
72
drosseln. Siehe, du senkst Gift in die Kreise
ihrer Seele, du wandelst ihre Stirn zu einem
Gefäß voll Unrat. Sie werden Literaten und
was sie schreiben, zeugt von ihrer Selbstzer-
störung.
Ich preise dich, großer Feuergott. Die du
schlägst, schlägst du ganz. Siehe, du schlägst
sie nicht nur mit Blindheit und mit dem Fluch,
Flachheiten zu schreiben. Du tränkst sie mit
Bösartigkeit und Hinterlist. Denn es ist eine
bösartige Unwahrheit, wenn Herr Dr. Adolf
Behne eine Statistik über die Zeitschriften
der jungen Generation in den europäischen
Ländern aufstellt und dabei nicht nur ver-
schweigt, daß die Künstler dieser jungen
europäischen Generation zum größten Teil
ihre Arbeiten im Sturm veröffentlichten und
veröffentlichen, sondern noch die Stirn hat,
zu schreiben: „Ein Organ des Kunstschaffens,
das mit gleicher Intensität wie die besten
dieser genannten Zeitschriften arbeitete, be-
sitzen wir in Deutschland leider nicht. Der
Sturm pflegt die Süßigkeit der Gartenlaube.
So Lothar Schreyer."
Eine Unwahrheit und gänzliche Verlorenheit
des künstlerischen Urteils. Wie hast du
Diesen gestraft, daß er ohne Scham sich an
der Kunst vergreift. Wie brandmarkst du ihn
nun mit dem Fluch der Lächerlichkeit. Ge-
nug! Nur einmal noch flammen ihm die Sturm-
rhythmen ins Blut. Einmal noch dröhnen ihm
die Sturmtrompeten ins Ohr. Den Puls der
jungen Generation der Erde. Hämmere ihm
Marschbefreiung, Zucht, Ordnung, Klarheit
der Sprache entgegen. Wahrheit! Einmal
noch. Dann laß ab.
Denn er erdrosselte sich selbst.
Kurt Liebmann
Magifche Synthefe
Der Neffe Adolf verhält sich zum AffenNedolf
wie der Ahne Bedolf zum Adolf Behne. Ge-
lingt es einem politisierenden Professor, diese
Gleichung mit drei Unbekannten so zu lösen,
daß dabei etwas Bekanntes nach links heraus-
springt, so hat die Intensität der Zukunft einen
alten Bekannten in die nullte Potenz erhoben.
Aus der wissenschaftlich beglaubigten Formel
Null hoch Null gleich Eins
beweist sich rein mathematisch, daß es den
vorlauten Funktionären des absoluten Di-
lettantismus nimmer gelingen wird, die irre-
geführten Völker der ver europäisierten
Zonen unter jene wünschenswerte und erfor-
derliche paneuropäische HUT zu bringen, so-
lange die internationale Geistigkeit auf
solche platten Behne gestellt ist. Die Völker
der Erde sollten geschlossen und gemeinsam
auf der Hut bleiben gegen die potenzierten
Nullen, denen eine pfiffige Einerschaft leider
noch immer erlaubt, sich hier und da und
dada gelegentlich mit der ungeistigen Feder
etwas Völkerentzweiendes zusammenzu-
kratzen, das wie radikaler Bolschewismus
aussehen möchte.
Eine Gegend, in der die Tintenhyänen ihren
Opfern mit der Lüge und der Fälschung vor-
angehen, ist zwar reif für die Vernichtung,
aber nicht reif für die Bruderschaft in der Er-
leuchtung, Da kann die Wohlfahrt nicht zum
Wohle fahren, wo den Genossen unserer
Schmach eingebläut und vorgelogen wird, der
Künstler sei ein Reaktionär, der ein Wölken-
kuckucksheim zu einer Hindenburg mit Not-
ausgang und Still-Leben bis zum Wecken aus-
zubauen trachtet. Die Behne und die anderen
Extremitäten der extremen Opposition gegen
die Evolution sind Volksverführer, mit denen
kein Revolutionär Erbarmen haben wird,
wenn sie in der Nähe der Rüste-Wüste eines
schönen Tages ihre eigenen Tralalaas bis zum
großen Kotzen laut und deutlich vorsingen
werden. Das walte Paneuropa.
Otto Nebel
Offener Brief an Herrn
Dr. Behne
Berlin, den 25. April 1925
Sehr geehrter Herr Doktor!
Sie zwingen mich ein zweites Mal, mich mit
Ihnen auseinanderzusetzen. Das erste Mal
sind Sie mir entwischt. Das war damals, als
Sie vor einem Laienpublikum in einem Vor-
trage soviel unbewußte Torheiten über Kunst
aussprachen, daß ich eingreifen mußte.
Mitten während meiner kurzen Gegenrede
erhoben Sie sich plötzlich und bemerkten,
daß Sie das Ende der Debatte nicht abwarten
könnten, weil Sie „fortmüßten". Nach einigen
Minuten verließen Sie dann auch das er-
staunte Publikum und erklärten nochmals im
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