anders können. Aber kämpfen Sie immer
wieder rein und ursprünglich um das Leben
dieser Kunst, Nähern Sie sich immer wieder.
Werben Sie um die Schönheit dieser Bilder,
Auf daß Schönheit und Befreiung aus Ihnen
strahle! Kurt Liebmann
ES
Orientalisches Liebesgedicht
E s macht die Nacht
E s leuchtet alle Sterne
E s kreist sein Blut
Und Allah
Läßt alles dies geschehen
E s schmerzt micht
Und
E s freut micht
Und holt das Tuch
Aus seinen Händen
Und wirft E s
Mir zu
Nun kommt der Schlaf
Bei mir
Die dritte Nacht
Rudolf Blümner
Städtebildchen
IV. Kopenhagen
I. Ueb er fahrt von Wasser zu Butter
Nördlich vom Osten brütet der deutsche Ge-
sandte über Kierkegaard, Kierkegaard soll
sich auch den deutschen Verhältnissen im
unsinnlichen Charakter angepaßt haben,
wenn er nach dem Weltkrieg, wie man
den Erdkrieg zu nennen pflegt, sich in
Deutschland satt in Dänemark befunden
haben würde. Lerne leiden, ohne das Amts-
gericht Berlin-Mitte zu bemühen. Der zustän-
dige Gerichtsvollzieher versiegelt die Eier,
die trotz eifrigem Brüten mit Dotter statt mit
Butter im Land der Verdenker und Verdichter
gegessen zu werden pflegen. Der deutsche
Gesandte schreibt für die Deutsche Rund-
schau und vergißt indessen, daß er in Kopen-
hagen ist. Er ißt natürlich nicht dort, son-
dern gedenkt voller Wehmut seines letzten
Aufenthalts im deutschen Speisewagen, be-
vor er das rechtsgerichtete Land links liegen
lassen mußte. Den Nachschmack der deut-
schen Oeligkeit muß ihm die dänische Vor-
speise nach deutscher Art geben, drei Oel-
sardinen mit Kartoffelsalat für eine seriöse
Goldmark, Der Kartoffelsalat ist von der
Mitropa nicht einmal in Rechnung gestellt.
Gleichsam Zugabe. Das deutsche Hackstück
mit Salzkartoffeln ist der Abschied von der
Heimat, die noch immer nicht weiß, was es
bedeuten soll. Sie lebt von den Märchen aus
alten Zeiten, sie kämmt sich das semmel-
blonde Haar, wo doch selbst italienische
Sprößlinge sich der deutschen Art trotz
bestem Willen nicht annähern können, Däne-
mark ist das Italien des Nordens, um mich
auch einmal einer gepflegten Sprache zu be-
dienen, Denn in Dänemark kann man sich
bedienen und sogar bedienen lassen, weil es
aus einem Herrschen und Beherrschen des
Menschen und des Menschlichen entsteht.
Zwischen Deutschland und Dänemark liegen
eine größere Anzahl Kubikmeter Wasser, die
man zwar überfliegen, aber nicht überbrücken
kann. Italienerinnen fürchten sich vor den
Eisbären, und die Deutschen nehmen mit
Stahlhelm und Nagelstiefeln den Kampf
gegen die Unbilden des tropischen Nordens
auf. Die Deutschen rüsten sich mit landes-
kundigen Bädekern und landesunkundigen
Gebräuchen aus, bereit, den Kampf gegen die
Mutter Natur aufzunehmen, die schrecklich
ist wie alle Mütter, und sich freuen, wie
ehemals das Christentum, nunmehr die Kul-
tur mit Thomas Mann und Konsorten den
Wilden übermitteln zu wollen, zu sollen und
zu müssen. Die Deutschen haben die Eisen-
bahn beim Ueberschreiten der Grenzen, das
heißt, beim Nichthineinfallen in das Meer,
nicht zu verlassen zwecks Vornahme zollamt-
licher Behandlung. Hingegen erhalten sie in-
dessen das Recht, für eine Belohnung von
zwanzig Goldmark unter Ausschaltung des
Rechtsweges ein bis zehn Gepäckdiebe zu er-
greifen, Die wilden Dänen werden ge-
beten, die Wagen nicht zu verlassen. Sie
tun es trotzdem nicht. Die Zwecksvornahme
zollamtlicher Behandlungen bietet soviel
Reize, daß sie nun gerade im Wagen bleiben.
Das überflogene, aber nicht überbrückte
Meer stottert mehr oder weniger aus Ehr-
furcht vor den Denkern und Dichtern, die
sogar Herrn Kierkegaard kennen, wonach man
sich nunmehr laut Verfügung des deutschen
Gesandten in Dänemark zu richten hat. Plötz-
lich taucht gleichsam das Festland auf, das
die Dichter Eiland zu nennen pflegen, eine
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