Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste (16.1925)

Aber die Erde ist voller Kreise und Kräfte, ge-
nannt die himmlischen und die höllischen.
Die Höllischen
II.
Die „Vossische Zeitung“ nennt meine Gestal-
tungen „Verspäteten Expressionismus“, be-
lehrt mich, daß „Inbrunst aus dem Innern
kommt, niemals aus der Gewaltsamkeit der
Worte wächst.“ Weiß, daß „die lyrische
Dichtung, deren beste Vertreter sich zur Be-
trachtung und Verherrlichung ewiger Dinge:
Gott, Natur, Liebe zurückgefunden haben,
und die wieder alle Möglichkeiten sinnvoller
Sprache nützen, seit Jahren einen anderen
Weg geht.“ Ich aber schreibe Expressionis-
mus, „der vor sechs Jahren in einigen Kreisen
modern war.“
Was soll man dazu sagen.
Mit aller Inbrunst, die wahrlich auch ohne Be-
stätigung der Vossischen Zeitung für Staats-
und gelehrte Sachen aus dem Innern der Welt
wächst, soll es aber für die Zeiten gesagt
sein: Das, was hier „verspätet“ Gestalt
gewinnt, ist der Anfang eines KOSMOS,
der aus dem Blut gestaltet wird. Und ohne
vorherige ergebenste Anfrage bei den Herren
Vertretern der Dinge Gott & Co. Bei Gott!
Und der Expressionismus, den jeder fortge-
schrittene Tintenschwätzer als überwunden
begrinst, ist nicht zu überwinden. Er ist
nur unendlich auszuweiten. Für Generatio-
nen, Nicht aber von den Vertretern, die
sich zur Betrachtung und Verherrlichung zu-
rückgefunden haben. Sie haben heimgefun-
den. Wohl aber von denen, die Opfer sind
und schauen.
III.
„ . . . Was aber die Kunstkritik anlangt, so
untersucht sie, wie wir eben andeuteten,
den innern, idealen, oder ästhetischen
Werth des Kunstwerks, und heißt in sofern
ästhetische Kritik, oder sie beurteilt nur
die äußere körperliche und mechanische
Bearbeitung, die regelmäßige Anwendung
der Werkzeuge und Darstellungsmittel der
Kunst oder eines Gewerbes, und heißt in
sofern technische oder technologische Kri-
tik. So wie jede wahre Kritik endlich sich
von der unächten durch Freiheit und
Gründlichkeit zugleich unterscheidet, so
unterscheidet sich auch der Kritiker, Be-
urteiler, Kunstrichter von dem Kritikaster,

Krittler oder Afterkritiker, d. h. nicht dem-
jenigen, welcher das zu Beurtheilende
streng beurtheilt, sondern demjenigen,
welcher entweder Alles beurtheilt, oder
dessen Urtheil ohne objectiven Grund und
Notwendigkeit, mithin nur eine Meinung,
— sey sie auch noch so zuversichtlich aus-
gesprochen, — oder immer nur ein Tadel
ist, und zwar gewöhnlich aus Uebelwollen,
Neid etc. erzeugt, oder auf willkührliche
und conventionelle Gesetze, welche hier
nichts entscheiden, oder endlich nur
auf Kleinigkeiten und anscheinende Fehler
gründet . . . .“
Conversations-Lexicon oder encyclopädi-
sches Handwörterbuch für gebildete Stände.
Fünfter Band. J. bis L. Leipzig und Alten-
burg. F. A. Brockhaus 1815.
IV.
Kritikaster, Krittler oder Afterkritiker.
Kurt Liebmann

Traum
Von welchen Katastrophen
Sind die Flüsse getroffen?
Sind sie vom Osten nach Westen geflossen?
Nein — sie haben sich erschossen.
Rudolf Blimner

Inhalt:
Walter Krug: Aktive Handelsbilanz . 137
Otto Nebel: Seestück 140
Anton Schnack: Das Fort .... 143
Herwarth Walden : Der Hilfsregisseur 143
Hans Arp: weißt du schwärzt du . . 145
Herwarth Walden: Gespräche in

Berlin bei Nacht.140
Thomas Ring: Riesin Weltstärke .146
Otto Nebel: Blühkreis.148
Herwarth Walden: Steuerliches .148

Walter G. Oschilewski: Gedichte 151
Kurt Liebmann: Eingestampft . .151
Rudolf Blümner: Traum . . . .152
Pierre Flouquet: Linoleumschnitt 139-
Pierre Flouquet: Linoleumschnitt 141
Hans Arp: Holzschnitt.147
H a n s A r p : Holzschnitt. ...... .149-
B r a n c u s i: Weisse Negerin.j
B r a n c u s i: Torso eines jungen Menschen
B r a n c u s i: Der Vogel.
Victor Bourgeois: Rue du Cubisme
Oktober 1925

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