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Zeitschrift für christliche Kunst — 9.1896

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Oidtmann, Heinrich: Die alten Glasgemälde in der ehemaligen Burgkapelle, jetzigen Pfarrkirche zu Ehrenstein
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https://doi.org/10.11588/diglit.3831#0053

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1896. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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der Herausnahme wurden die Fenster an Ort
und Stelle photographisch aufgenommen, um
den derzeitigen Zustand derselben für das Ar-
chiv festzulegen. — Die grofsentheils fehlenden
Windruthen waren von Glasern zur Zeit durch
dünne Holzstäbchen ersetzt worden; die wenigen
noch vorhandenen Windeisen waren von recht-
eckigem Querschnitt, Deckschienen auf den
Sturmstangen fehlten gänzlich; die Felder wur-
den von einigen, durch die Oesen der oben-
drein noch verschieden breiten (4 bis 6 cm)
Quereisen gesteckte, gewöhnliche Hufnägel und
durch aufgeschmierten Mörtel in ihrer Lage
gehalten. Die Maafse der durch die Quereisen
gebildeten Abtheilungen waren untereinander
sehr verschieden; einzelne Felder pafsten nicht
in den gegebenen Raum; sie waren viel zu
klein; man hatte sich dadurch geholfen, dafs
man die ringsum offen bleibenden Lücken
zwischen Steinwerk oder Eisen und Glasfeld
durch Mörtel ausfüllte. Eine grofse Anzahl
weifser Glasstücke, welche mit einer dicken
Mörtellage aufgekittet, fehlende Stücke ersetzen
oder vielmehr lediglich den Luftzutritt verhin-
dern sollten, verunzierten die Fenster. Nur
vereinzelte Ersatzstücke waren regelrecht ein-
gebleit; diese Stellen zeichneten sich durch
breitere gezogene Bleiruthen,1) sowie durch
Verzinnung aus, welch letztere bei dem alten
Bleinetz der Fenster fehlt. Bei diesen sind
selbst die Knotenpunkte der Verbleiung beider-
seits statt mit Zinn mit Blei verlöthet. Die
Bleie sind etwa 5 mm breit sowie noch gegossen
und ausgehobelt. Das Fehlen der Verzinnung
des Bleinetzes könnte zu einer längeren Aus-
einandersetzung über den Werth des Verzinnens
verleiten. Hier sei nur kurz bemerkt dafs bei
Theophilus in seiner »Schedula diversarum
artium« von einem Verzinnen des ganzen Blei-
netzes keine Rede ist. Er spricht nur vom
Verlöthen der Stellen, an welchen die Bleie
zusammenstofsen. Und in der That fehlt an
den meisten alten Fenstern die Verzinnung des
ganzen Bleinetzes. Boissere'e schreibt aller-
dings, dafs die alten Domfenster auf beiden
Seiten verzinnt waren, vielleicht eine Restaura-
tionsarbeit späterer Zeit. So schreibt auch im

') Der Bleizug, ein kleines Walzwerk zum Ziehen
der Bleistränge, wurde nach einer Anmerkung in den
Staluten der Malerzeche zu Prag zu Anfang des
XVI. Jahrh. nicht aber, wie vielfach angenommen
wird, am Ende desselben erfunden.

Anfang des XVI. Jahrh. die Würzburger Glas-
maler, Glaser etc. St. Lukas-Bruderschaft bei-
derseitige Verzinnung vor. Das Verzinnen soll
das Bleinetz vor dem Oxydiren bewahren und
dasselbe zugleich verstärken. Gute kräftige
Verbleiung mit Ruthen von genügender Dicke,
sorgfältiges Verlöthen der Knotenpunkte,
gewissenhaftes Verkitten und festes Zustreichen
der Flügel der Bleie machen die Verzinnung
überflüssig, es sei denn, dafs man dieselbe des
„besseren Aussehens" wegen wünscht. Aus
letzterem Grunde bronzirt man vielfach die Bleie,
in der Stadtkirche und in der Schlofskapelle
zu Celle war das Bleinetz sogar vergoldet. Bei
Kirchenfenstern mag man ruhig auf die Verzin-
nung verzichten.

Einzelne Bleie in den Ehrensteiner Fenstern,
welche durch Bruchstellen gelegt waren, sind
nur 3mm breit; man hat jedenfalls die Flügel der
gewöhnlichen breiteren Bleie zu diesem Zweck
abgeschnitten; auf der Oberfläche sind die Bleie
flach, die Flügel sind dick, jedoch an den
Rändern manchmal stark angenagt. Nur bei
dem einzigen noch erhaltenen Felde des süd-
lichen vierten Chorfensters, an welchem übri-
gens einzelne Bruchstellen mit Mörtel zuge-
schmiert sind, und an einigen Reparaturen sehen
wir breites, gezogenes Blei, spätere Restaura-
tionsarbeit. Während einzelne Sprünge im
Glase nur verklebt sind, hat man andere strahlen-
förmig gesprungene Theile dadurch zusammen-
zuhalten gesucht, dafs man in der Mitte dieser
sternförmigen Risse dünne Stückchen Blei durch-
steckte und diese dann auf beiden Seiten durch
Auflöthen eines Bleiklümpchens gewissermafsen
mit einem dicken Kopf versah, eine ebenso
einfache wie unsolide Ausbesserung. Angesichts
solcher Unregelmäfsigkeiten braucht man sich
nicht sonderlich zu wundern, dafs damals schon
seitens der Innungen und Gilden Strafen auf
schlechte, unsaubere Arbeiten gesetzt wurden.
So bestimmt das Statut der Maler und ihrer
Zunftverwandten zu Krakau im Jahre 1490
u. a. folgendes: „Nymandt zal mit brote ader
mit wachse locher verkleben bey ij (2) phunt
wachs busse sunder man zal arbeitn mit czin,
und mit bley und sust als recht ist." Aufser
diesen schön „ausgebesserten" Sprüngen zeigen
die Fenster an einigen gröfseren Glasstücken
kleine Haarrisse, welche bei der Herausnahme
nothwendiger Weise gänzlich brechen mufsten.
An der Arbeit sowie auch am Material ist
 
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